Sängerin Stefanie Heinzmann sprach im Interview mit EMOTION über ihr neues Album "All we need is Love", Selbstliebe und ihre Auszeit.
Stefanie Heinzmann: Comeback mit neuem Album
Ich treffe Stefanie Heinzmann an einem ungemütlichen Tag Ende Februar, als sie in Hamburg ist, um ihr neues Album zu promoten. Interviewlocation ist ein ziemlich cooles Tonstudio/Co-Working Space in Hamburg-Altona. Stefanie ist super lieb und herzlich, sodass ich sofort das Gefühl habe, wir wären seit Ewigkeiten befreundet. Ich vergesse zwischendurch fast, dass ich ein Interview führen soll.
EMOTION: Im letzten Herbst kam dein Song "Build a House" heraus, eine Elektronummer, die sehr anders ist, als das was du vorher gemacht hast.
Stefanie Heinzmann: So etwas stand eigentlich nicht auf meiner To-Do-Liste. Aber ich bin sehr offen und neugierig, wenn es um Musik geht. Der Song war ein Jahr zuvor in London entstanden und noch nicht fertig. Zusammen mit meinem Management und der Plattenfirma kamen wir darauf, dass es ein einfach ein geborener Elektrosong ist. Franz von "Alle Farben" fand den Song super und war dabei. Eineinhalb Monate später war die Single raus.
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Dein neues Abum "All we need is Love" erschien am 22. März 2019. Hat dich die Liebe zu diesem Album inspiriert?
In den letzten Jahren ist bei mir vieles passiert. Ich habe eine Auszeit genommen und vieles neu geordnet. Vor drei Jahren hatte ich eine Songwriting-Session mit Jake Isaac, einem Künstler aus London. Mit ihm habe ich darüber gesprochen, dass wir auf diesem Planeten viel mehr Liebe brauchen, weil das die Kraft ist, die uns Menschen so unfassbar treibt und zu wahnsinnigen Sachen motivieren kann. Als wir den Song „All we need is Love“ geschrieben haben, habe ich gespürt: Das ist die Richtung, in die ich mit diesem Album gehen will.
Selbstakzeptanz ist bei dem Song "Mother's Heart" ein großes Thema. Wie stehst du dazu?
Es ist wichtig, einen Weg zu finden, sich selbst zu akzeptieren und wertzuschätzen. Dadurch wird es auch leichter, seine Umgebung wertzuschätzen und zu lieben. Allerdings ist das sehr viel Arbeit. Man muss sich viel mit sich selbst auseinandersetzen, und das fällt den meisten schwer.
Du hast dich in den letzten Jahren viel damit beschäftigt?
Ich habe viel gelesen, z.B. buddhistische Bücher, in denen es darum geht, zu sich zu finden und Mitgefühl zu entwickeln, nicht nur für außen, sondern auch für sich selbst. Trotzdem ist es auch für mich immer noch ein Struggle: Wie oft sitze ich heulend irgendwo rum und denke mir, dass ich alles zu persönlich nehme und mich viel zu schlecht abgrenze. Aber ich will die Arbeit daran einfach nicht aufgeben. Am Tag, an dem ich sterbe, will ich glücklich sein. Und da das jederzeit passieren kann, will ich das jetzt sein.
Am Tag, an dem ich sterbe, will ich glücklich sein.
Stefanie Heinzmann, SängerinTweet
Wie hast du es geschafft, heute sagen zu können, du bist glücklich und akzeptierst dich?
Mir hat sehr geholfen, mit vielen Leuten darüber zu sprechen. Man fühlt sich gerne allein damit, aber das ist man nicht. Ich spreche mittlerweile mit vielen Menschen darüber, nicht nur mit jungen Frauen, sondern auch mit 50-jährigen Männern, oder Kindern, und es geht allen gleich. Alle kämpfen mit Unsicherheiten und Ängsten und die Angst ist immer der schlechteste Berater. Man muss einen Weg finden, darüber hinweg zu kommen und sich immer wieder zu sagen: Ich bin genau da, wo ich bin und das ist gut so.
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Fühlst du dich heute besser als vor 10 Jahren?
Ich mag mich jetzt, mit 30, viel lieber als mit 20. Dahin will ich nicht mehr zurück. Alles, was ich mir in den letzten Jahren erarbeitet habe, das möchte ich nicht aufgeben. Das alles hat mich genau dahin gebracht, wo ich jetzt bin. Die letzten Jahre bedeuteten für mich vor allem: älter zu werden und immer mehr zu lernen und zu mir zu kommen.
Du stehst als Sängerin in der Öffentlichkeit. Willst du deine Erkenntnisse auch nach außen tragen?
Ich habe ein Bewusstsein dafür, dass ich viele Menschen treffe und denen etwas mit auf den Weg geben kann. Wir vergleichen uns immer mit Leuten, die an einem anderen Punkt im Leben stehen als wir. Solche Vergleiche sind vollkommen unsinnig. Ich will den Leuten mitgeben, dass sie genau die richtigen falschen Entscheidungen getroffen haben. Da, wo sie jetzt sind, ist genau richtig.
Du hast dir in den letzten Jahren eine Auszeit genommen. Was ist eigentlich genau passiert?
Wir waren viel unterwegs, haben gespielt, und als ich vor drei Jahren anfangen wollte, an einem neuen Album zu arbeiten, habe ich gemerkt, wie unfassbar müde ich bin und dann ging nicht mehr viel, z.B. mich für Songwriting-Sessions zu öffnen. Ich habe danach in meinem Leben sehr viel geändert. Ich hab mein Management und das Label gewechselt und mir super viele Gedanken gemacht, mein Leben hinterfragt. Was will ich? Was ist mein Wunsch?
Ich habe gelesen, du hast überlegt, die Musik an den Nagel zu hängen und Hebamme oder Schreinerin zu werden?
Ich liebe Holz. Mein Beruf ist null haptisch, ich erschaffe ja keinen Gegenstand und deswegen finde ich Schreinern so schön. Wie toll muss es sein, den ganzen Tag mit den Händen zu arbeiten und am Ende hast du da einen Tisch stehen. Und Hebamme finde ich einfach einen wahnsinnig starken Beruf, man hat eine krasse Verantwortung. Der beruf ist echt hart, aber wahnsinnig facettenreich. Mit vielen Menschen zu tun zu haben und dann dieses Wunder vom Leben zu erleben, das finde ich wahnsinnig beeindruckend.
Stefanie Heinzmann, 30, kommt aus der Schweiz. 2008 gewann sie eine Casting-Show von Stefan Raab und wurde einem größeren Publikum bekannt. "All we need is Love", erschienen am 22. März, ist ihr fünftes Album.
Wie hast du den Weg zurück zur Musik gefunden?
Nach der Auszeit hatte ich eine Probe mit meiner Band. Als die Band anfing zu spielen, merkte ich plötzlich: Ach, deshalb mache ich das ja. Ich liebe Singen und Musik. In jedem Job hast du Momente, wo du denkst: Das nervt alles. Aber man vergisst so schnell, weshalb man den Job eigentlich macht. Weshalb man es liebt. Diese Erkenntnis war sehr wichtig für mich - auch in dem Hinblick, an ein neues Album heranzugehen.
Man vergisst so schnell, weshalb man den Job eigentlich macht.
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Du hast in den letzten Jahren deinen Look verändert. Hatte das auch mit deiner Krise zu tun?
Wenn man die Haare färbt, dann ist das direkt ein neuer Look, da musst du sonst gar nichts machen. Gerade auf meine Haare lege ich nicht so viel Wert, das war einfach ein Experiment, und jetzt finde ich es ganz lustig. Aber wie lang das so bleibt oder was als nächstes kommt, kann ich nicht sagen. Mal schauen. Ich bin da sehr spontan.
Was werden deine Highlights im Jahr 2019 sein?
Wir haben jetzt Promotour und gehen nahtlos in den Festivalsommer über. Ich freue mich riesig auf die Festivals, ganz egal, ob wir bei gutem Wetter oder bei Regen spielen. Im November spielen wir eine Tour, in einem Monat 22 Termine. Es wird die längste Tour, auch da freue ich mich schon richtig drauf. Festivals haben immer so etwas Leichtes. Die Tour ist etwas sehr Persönliches, etwas Eigenes.