Die Auswirkungen des Klimawandels lassen sich bereits spüren durch extreme Wetterphänomene. Doch auch wenn die meisten von uns einsehen, dass wir unseren Lifestyle ändern müssten – nur die wenigsten schaffen es tatsächlich. Unserer Autorin drängt sich die Frage auf: Ist uns die Klimakrise vielleicht doch einfach egal?
Im Pariser Klimaabkommen von 2015 hatten sich fast 200 Staaten zu dem Ziel bekannt, die Erderwärmung bis zum Jahr 2100 auf 1,5 Grad zu begrenzen. Einer neuen Studie der Uni Hamburg zufolge ist dieses Ziel jedoch jetzt schon kaum mehr zu erreichen. Der Grund: soziale und politische Faktoren. Die Entscheider:innen tun also zu wenig und wir, die Normalos, auch.
Wen wunderts? Mich eigentlich nicht. Wie die meisten von uns finde ich, dass wir unbedingt mehr dafür tun müssen, das Klima zu schützen und eine lebenswerte Erde für kommende Generationen zu hinterlassen. Laut Umweltbundesamt ist Umwelt- und Klimaschutz für 65 Prozent der Deutschen ein sehr wichtiges Thema, auch und gerade während der Coronapandemie.
Es hapert an der Umsetzung
Doch wenn es darum geht, sich auch entsprechend zu verhalten, sieht die Sache wieder etwas anders aus. Es geht zwar langsam voran, zum Beispiel steigt die Zahl derer, die auf Ökostrom setzen und immer mehr Menschen leisten Kompensationszahlungen für Flugreisen, so erfährt man beim Umweltbundesamt. Im Bewusstsein, so legen die Studienergebnisse nahe, ist die Dringlichkeit, sich umweltfreundlicher zu verhalten, durchaus angekommen. Aber insgesamt sind wir doch ein recht träger Haufen, wenn es darum geht, unseren Lebensstil nachhaltig zu verändern.
Warum ist das so? Wir wissen doch alle, dass es höchste Zeit ist. Dass es sogar eigentlich schon fast zu spät ist. Und trotzdem kaufe ich das günstige Fast-Fashion-Shirt. Und nehme den Kaffee doch wieder im Einwegbecher. Fahre manchmal Auto, mache Flugreisen, kaufe Lebensmittel mit zu viel Verpackung oder welche, die um die halbe Welt gereist sind. Toll fühle ich mich dabei nicht, ich versuche auch immer wieder, auf gewisse Dinge zu verzichten oder neue Gewohnheiten zu etablieren – doch meistens halte ich nicht lange durch. "Mind-Behaviour-Gap" oder auch "kognitive Dissonanz" nennt man dieses Phänomen, wenn Überzeugung (Klimaschutz ist wichtig) und Verhalten (Weitermachen wie bisher) nicht übereinstimmen.
Was kann ein einzelner Mensch schon ausrichten?
Ein Grund dafür ist sicherlich: Ich bin zu bequem. Das alles ist möglich und es macht Spaß, also mache ich es auch. Und dazu kommt das Gefühl, dass einzelne Handlungen ohnehin keinen Unterschied zu machen scheinen. Alle anderen machen das doch auch! Die Erderwärmung wird nicht dadurch aufgehalten, dass ich mir diesen einen Flug oder diesen einen Pulli spare. Und so denkt jede:r von uns.
Das Doofe daran ist, dass es stimmt. Weder kann eine Person allein die Klimakrise abwenden, noch kann es die Zivilgesellschaft allein mit ihren Konsumentscheidungen. Es ist darum nicht fair, genau dieses zu verlangen, indem man die Menschen dazu anhält, endlich nachhaltiger zu konsumieren ("Konsum" und "nachhaltig" – in sich bereits widersprüchlich). Diese Verantwortung können wir nicht alleine tragen.
Die Politik ist gefragt
Vielmehr sind es doch jene, die an den Schalthebeln der Macht sitzen, die sich verantwortlich zeigen müssten. Entscheider:innen in Politik und Wirtschaft sollten viel mehr im Fokus der Debatte stehen, stattdessen diskutieren wir über Flugscham und darüber, ob man Avocados essen darf. Wenn wir es ohne mehr Regulation und Verbote nicht hinkriegen, brauchen wir eigentlich genau diese. Politiker:innen wollen aber nicht als Spaßbremsen dastehen – und womöglich ihre Wiederwahl aufs Spiel setzen – und versuchen darum, Verbote und Regulation möglichst zu umschiffen. Das gilt selbst für die Grünen, die nun als Klimapartei an der Regierung beteiligt sind, obwohl diese sich am ehesten trauen, auszusprechen, dass gewisse Einschränkungen nötig sind, um die Klimaziele zu erreichen.
Währenddessen kann man sich in der freien Wirtschaft immer damit rausreden, nur die Nachfrage des Marktes zu bedienen. Die Konsument:innen wollen es eben, darum wird es auch angeboten. Statt Beschränkungen zu erwägen, träumen Liberale lieber von der großen technologischen Power-Innovation, die die Klimakrise einfach in Luft auflösen wird, ohne, dass auch nur ein einziger Mensch auf irgendetwas verzichten muss. Diese Supermaschine könnte langsam mal an den Start kommen, wir wären so weit.
Geht da noch mehr als große Worte?
Wahrscheinlich passiert beim Klimaschutz deshalb so wenig, weil jede:r eine Ausrede hat und die Verantwortung jemand anderem zuschiebt. Wenn aber niemand bereit ist, mehr als ein Lippenbekenntnis zu leisten, dann passiert eben nichts. Ist uns das Klima am Ende also doch egal? Wir können es uns in den westlichen Industrienationen schließlich (noch) leisten, die Klimakrise zu ignorieren, da sie unseren Alltag bisher nicht merklich beeinflusst. Es wird bisher eben etwas wärmer.
Im Alltag kann ich die Klimakrise jedenfalls noch easy verdrängen - und so geht es vermutlich vielen. Das ist verständlich, aber auf Dauer wird das unsere Lage immer weiter verschlechtern. Schon jetzt kommen uns die Folgen der Erderwärmung manchmal gefährlich nahe, etwa bei der Flutkatastrophe im Ahrtal im Sommer 2021 oder bei den Waldbränden im Berliner Grunewald im letzten Sommer. Solche Phänomene werden immer mehr werden, wenn sich die Erde erwärmt. Es kann leider sein, dass wir das wahre Ausmaß der Krise erst dann wirklich begreifen werden, wenn wir die Auswirkungen nicht länger ignorieren können, weil sie plötzlich doch spürbar werden.
Ich weiß nicht, ob es so weit kommen muss. Hoffentlich nicht. Es ist unbefriedigend, aber letztlich kommt es eben doch auf alle an. Auf uns Bürger:innen ebenso wie auf Politik und Wirtschaft. Und falls es dir auch zu wenig ist, in Zynismus zu zerfließen und du jetzt voll motiviert bist, einen Beitrag zu leisten, kommen hier fünf Dinge, die jede:r für das Klima tun kann und die laut Greenpeace wirklich etwas bringen:
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Zu einem Ökostromanbieter wechseln
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Öffentliche Verkehrsmittel nutzen (kein Auto haben)
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Wenig fliegen (Kurzstreckenflüge vermeiden)
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Vegetarische/vegane Ernährung (oder immerhin wenig Fleisch essen)
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Lebensmittel regional, saisonal und bio kaufen
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