Wenn der Kinderwunsch nicht auf Gegenseitigkeit beruht, kann es traurige Konsequenzen für die Partnerschaft geben. Was also tun bei einem einseitigen Kinderwunsch?
Nicht jede:r möchte eigene Kinder bekommen
Dass nicht jede:r den Wunsch nach eigenem Nachwuchs hat, ist ganz normal – schließlich ist die Entscheidung, ein Baby zu bekommen oder nicht, eine höchstpersönliche und die sollte jede:r für sich treffen können. Wenn man aber in einer Beziehung ist und nur eine:r der Partner:innen den Wunsch nach einem Kind verspürt, entsteht einer der größten Konflikte, die es in einer Partnerschaft gibt. Schließlich ist das ein Thema, bei dem man keine Kompromisse eingehen kann, entweder man bekommt ein Baby oder man entscheidet sich dagegen. Menschen, die keinen Kinderwunsch (mehr) verspüren, haben verschiedenste Gründe dafür, zum Beispiel:
- Konflikt mit der Karriere(planung)
- gesundheitliche Bedenken
- Sie trauen sich die Verantwortung nicht zu oder wollen sie schlicht nicht
- Befürchtung, dass sich die Beziehung zu sehr verändern wird
- finanzielle Gründe
Oder: Sie wollen schlichtweg keine Kinder (mehr). Für so eine Entscheidung braucht es keine vernünftige Begründung, keine Rechtfertigung. Jede:r von uns sollte die Freiheit haben, sein bzw. ihr Leben so zu gestalten, wie er oder sie es möchte. Lebt man allerdings in einer Partnerschaft, in der beide unterschiedliche Ansichten zum Thema Familienplanung haben, gibt es Redebedarf.
Ein einseitiger Kinderwunsch kann die Beziehung stark belasten
Denn ein einseitiger Kinderwunsch hat zwangsläufig Auswirkungen auf die Beziehung. Wenn beide gemeinsam die Beziehung retten wollen und eine Trennung ablehnen, sollte man ein ehrliches Gespräch über den einseitigen Kinderwunsch führen. Am wichtigsten ist dabei, sich gegenseitig nichts aufzuzwingen, sondern lediglich die eigenen Bedürfnisse zu kommunizieren und auch zu versuchen, sich in den oder die andere:n hineinzuversetzen. Macht euch bewusst, dass beide Lebensentwürfe – mit oder ohne Kindern – völlig legitim sind und ihr beide ein Anrecht darauf habt, euer Leben so zu gestalten, wie ihr es möchtet.
Trotz respektvoller Gespräche auf Augenhöhe bleibt die Frage: Ist das das Ende der Liebe? Wie man mit dieser Belastung umgehen kann und ob Trennung eine sinnvolle Lösung ist, verrät Psychologin Berit Brockhausen an einem Fallbeispiel.
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Einseitiger Kinderwunsch – was tun, wenn ein Partner nicht will?
EMOTION-Psychologin Berit Brockhausen antwortet auf die komplizierten Fragen des Lebens - diesmal zum Thema "Einseitiger Kinderwunsch - wie sollen Partner damit umgehen?"
Ursula, 38: Mein Schwager möchte unbedingt ein zweites Kind. Meine Schwester, 40, möchte das nicht, auch aus gesundheitlichen Gründen. Er setzt sie unter Druck. Wie kann ich sie unterstützen?
Berit Brockhausen: Sie können Ihre Schwester unterstützen, indem Sie im Gespräch mit ihr einen Schritt weiter gehen. Dahin, wo es wehtut und unbehaglich wird. Ihr Schwager wünscht sich ein zweites Kind. Ihre Schwester will keins. Ganz gleich, wer von beiden sich durchsetzen wird, es wird den anderen unglücklich machen. Und berechtigte Zweifel daran wecken, ob man es noch gut miteinander meint. Ihr Schwager wünscht sich etwas, was Ihre Schwester ihm nicht erfüllen kann oder will. Sie hat ihre Entscheidung getroffen. Wenn er das akzeptiert, wird auch er Beschlüsse fassen müssen: Kann er damit leben? Wird er seine Traumfamilie mit jemand anderem gründen? Und kann Ihre Schwester mit einem Mann leben, der ihr übelnimmt, dass sie seinen Lebenstraum zerstört hat? Wie wird sie mit ihm umgehen, wenn er sich entscheidet, ihr zuliebe darauf zu verzichten? Sie können Ihrer Schwester helfen, sich diese Fragen zu stellen. Sie können sie ermutigen, ein Gespräch darüber mit Ihrem Schwager zu führen. Sie werden ihr nicht helfen, wenn Sie sich als moralische Verstärkungstruppe gegen ihn und seine Erpressungsversuche anbieten. Allerdings ist Letzteres viel einfacher (und auch lustvoller), als sich der Ratlosigkeit und Traurigkeit zu stellen, die es mit sich bringt, wenn der Konflikt wirklich angegangen wird.
Berit Brockhausen ist eine der führenden Psychologinnen Deutschlands, Expertin für Beziehungen und Buchautorin.
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