Studium in der Tasche – und jetzt? Die Quarterlife Crisis weckt Selbstzweifel und Unsicherheiten einer ganzen Generation. So überwindest du die Sinnkrise.
Quarterlife Crisis: Sinnkrise nach dem Studium
Jahrzehntelang wussten wir meistens ziemlich genau, worauf wir als Nächstes hinarbeiten: Einen guten Schulabschluss, einen spannenden Studien- oder Ausbildungsplatz, und dann einen, im besten Fall erfüllenden und gut bezahlten, Job.
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Doch was, wenn wir trotz guten Abschlusses keinen Job bekommen, wenn wir die falsche Fachrichtung gewählt haben und in eine Sackgasse steuern? Ist meine Partnerin oder mein Partner tatsächlich die große Liebe, und wieso sind eigentlich alle anderen schon so viel weiter als ich? Kommen dir diese Fragen bekannt vor? Dann steckst du vielleicht mitten drin in der Quarterlife Crisis.
Quarterlife Crisis: Mehr als ein Luxusproblem!
Heutzutage stehen uns in jeglicher Hinsicht extrem viele Möglichkeiten offen und vielen wird schon als Kind vermittelt, dass alles möglich ist, wenn wir uns nur genug anstrengen. Aber was ist denn "genug"? Und was wollen wir denn eigentlich erreichen?
Der Druck, ständig Entscheidungen zu treffen, und zwar bitte die richtigen, lässt uns unser bisheriges Leben und unsere Zukunftsperspektiven überdenken. Plötzlich zweifeln wir alles an und hinterfragen uns und unsere bisherigen Entscheidungen.
Was im ersten Moment nach harmlosen Luxusproblemen privilegierter junger Menschen klingt, hat sich schon längst zum Thema einer ganzen Generation entwickelt und kann bei Betroffenen eine echte Sinnkrise hervorrufen.
Der erste Schritt, mit einer Quarterlife-Crisis fertig zu werden, besteht darin, zu erkennen, dass es sie gibt.
Alexandra Robbins & Abby Wilner, Autorinnen von „Quarterlife Crisis: Die Sinnkrise der Mittzwanziger"Tweet
Wer ist von der Quarterlife Crisis betroffen?
Besonders häufig trifft die Quarterlife Crisis junge Erwachsene zwischen 20 und 30 Jahren mit höherem Bildungshintergrund. Oft stolpern sie über die Schwelle vom Studium oder der Ausbildung in den ersten, „richtigen“ Job.
Thema Karriere als häufigste Ursache der Krise
Laut einer Studie von LinkedIn ist die Sorge darum, einen passenden und erfüllenden Job zu finden, der Hauptgrund für die Quarterlife Crisis. Gefolgt vom Vergleich mit Freunden und Bekannten, die vermeintlich erfolgreicher sind als man selbst.
Soziale Medien heizen diesen Vergleich noch weiter an. Denn dort werden uns ja bekanntlich die Sahnehäubchen aus den Leben unseres Netzwerkes präsentiert, gegen die uns unser eigener Alltag ziemlich lahm erscheinen kann.
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Wie lange dauert die Quarterlife Crisis?
Die Krise der Mittzwanziger ist weit verbreitet. In der erwähnten LinkedIn Umfrage gaben 75 Prozent der 25- bis 33-Jährigen an, eine Quarterlife Crisis erlebt zu haben. Durchschnittlich im Alter von 27 Jahren. Dabei dauert die Quarterlife Crisis maximal ein Jahr an.
Viele Betroffene fühlen sich in der Krise isoliert und allein. Nicht selten wird der Job gekündigt oder die Beziehung beendet, um neue Erfahrungen zu sammeln.
Typische Anzeichen für die Quarterlife Crisis
Wie genau sich die Krise äußert, ist unterschiedlich. Häufig tritt das Gefühl auf, nicht gut genug zu sein, hinterherzuhinken oder „etwas verpasst“ zu haben.
Der britische Forscher und Psychologe Dr. Oliver Robinson von der Universität Greenwich beschreibt die Merkmale einer Quarterlife Crisis sehr ähnlich zu denen der altbekannten Midlife Crisis. Sie äußert sich durch Unsicherheit, Depression, Enttäuschung und Einsamkeit.
Folgende Gedanken und Anzeichen sind typisch für eine Quarterlife Crisis:
- Das Gefühl, „nicht genug zu sein“, da man keinen, den eigenen akademischen und intellektuellen Fähigkeiten entsprechenden, Job findet
- Orientierungslosigkeit bezüglich des beruflichen Werdegangs
- Der Eindruck, im Vergleich zu Freunden und Bekannten im gleichen Alter „zu langsam“ zu sein
- Unsicherheit, Perspektivlosigkeit und Unbehagen in Bezug auf die eigene Zukunft (auch zum Thema Familienplanung)
- Unzufriedenheit mit den eigenen Leistungen, bisherige Erfolge werden infrage gestellt und die aktuelle Situation als unzureichend eingeschätzt
- Identitätskrise und Unsicherheiten bezüglich der eigenen Persönlichkeit
- Frust und Konflikte in Beziehungen (z.B. Trennungen) und der Arbeitswelt
- Die Frage, ob „die Jugend jetzt vorbei ist“ und man den richtigen Weg eingeschlagen hat
Was tun bei einer Sinnkrise? 5 Tipps
Nun ist die Frage: Was tun, wenn man mitten drin steckt in der Quarterlife Crisis? Erst einmal Ruhe bewahren. Du bist nicht allein mit deinen Sorgen und Gedanken und – es wird vorüber gehen.
80 Prozent der Betroffenen blicken positiv auf die Quarterlife Crisis und die dringend notwendige Veränderung in ihrem Leben zurück.
Dr. Oliver Robinson, PsychologeTweet
Tipp 1: Akzeptanz
Um die Krise zu überwinden, müssen wir akzeptieren, dass es sie gibt. Es ist okay, Dinge zu hinterfragen, und es ist auch okay, dass es einem damit nicht immer gut geht. Wichtig ist jetzt nur: Nicht den Kopf in den Sand stecken, sondern nach vorne schauen.
Tipp 2: Probleme erkennen und Ziele definieren
Mit welchen Bereichen deines Lebens bist du nicht glücklich, was stimmt dich nachdenklich? Wenn du weißt, wo der Schuh drückt, kannst du Probleme gezielt angehen. Springe dabei gedanklich nicht direkt ins Rentenalter, sondern überlege ganz konkret, wo du gerne in fünf Jahren wärst und was du jetzt dafür tun kannst, um diesen Weg einzuschlagen.
Tipp 3: Ansprüche herunterschrauben
Du hast das Gefühl, nicht richtig zu funktionieren, und machst dich deswegen selbst herunter? Schluss damit. Du bekommst nicht auf Anhieb den Job, den du dir wünschst? Macht nichts. Es muss nicht alles nach Plan verlaufen und du musst nicht immer funktionieren. Kleine Umwege bringen dich manchmal an Orte, die du sonst nie gesehen hättest und gehören genauso zum Leben wie die großen Ziele. Mache dir einmal bewusst, was du schon alles geschafft hast und lerne, deine Stärken zu schätzen. Egal an welchem Punkt andere stehen – auch sie haben ihr Päckchen zu tragen und du gehst deinen eigenen Weg.
Tipp 4: Darüber sprechen
Die Quarterlife Crisis ist die Krise einer ganzen Generation. Das können wir ja zumindest soweit ausnutzen, dass wir uns darüber austauschen und Gedanken und Ängste teilen. Auch Mentoren und Coaches beschäftigen sich mit dem Phänomen und können helfen, Unsicherheiten zu überwinden und die private oder berufliche Entwicklung zu unterstützen.
Tipp 5: Positiv bleiben
Dr. Oliver Robinson fand in einer Studie heraus, dass 80 Prozent der Betroffenen positiv auf die Quarterlife Crisis und die dringend notwendige Veränderung in ihrem Leben zurückblicken. Außerdem denkt Robinson, dass Menschen, die eine Quarterlife Crisis erlebt haben, weniger anfällig für die Midlife Crisis sind. Wenn das keine guten Nachrichten sind!
Wichtige Informationen:
Wenn du von Depressionen betroffen bist, solltest du dir gerade in der aktuellen Situation schnell Hilfe suchen. Hilfreiche Adressen und Tipps:
- Hausärzte, Fachärzte und psychiatrische Kliniken sind geöffnet und können qualifizierte Beratung geben.
- Selbsttest für Depression, Tipps und Adressen bietet die Deutsche Depressionshilfe.
- Die Telefonseelsorge unter 0800/111 0 111 oder 0800/111 0 222 ist jederzeit erreichbar.
- Das Online-Forum zum Erfahrungsaustausch diskussionsforum-depression.de wird fachlich moderiert
- Deutschlandweites Info-Telefon Depression 0800 33 44 5 33 (kostenfrei)
- Selbsthilfegruppen in der Nähe unter www.nakos.de
- E-Mail-Beratung für junge Menschen: u25-deutschland.de oder www.jugendnotmail.de
- Lange Wartezeiten auf Therapieplätze können durch eine Online-Therapie überbrückt werden. Es gibt inzwischen diverse Anbieter, wie zum Beispiel Deprexis.
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