Woher weiß ich, was ich will?

Woher weiß ich, was ich mit meinem Leben anstellen will?

Diese Selbstverwirklichung ist irgendwie zum wichtigsten "To Do" unserer Zeit geworden. Scrollt man durch Instagram, dann hat man schnell den Eindruck, alle hätten sie schon gefunden: ihre Berufung. "Tu das was du liebst und du musst nie wieder arbeiten" wird uns da von Menschen aufgetragen, die ihr Leben scheinbar in kompletter Erfüllung leben und schon immer wussten, was sie wollen. Blenden wir die Tatsache aus, dass wir dort nie die ganze Wahrheit oder Geschichte zu sehen bekommen, klingt das Konzept "Selbstverwirklichung" ja schon irgendwie verlockend: Jeden Tag nur das zu machen, was man wirklich will. Nur was tun wir, wenn wir einfach nicht wissen, was wir wirklich im Leben wollen?

Zu viele Optionen überfordern uns Menschen

Vorab: Das ist vollkommen in Ordnung. Auch wenn's schön wär: Selbstverwirklichung auf Knopfdruck gibt es leider nicht. Zudem leben wir in einer Zeit scheinbar endloser Optionen, und da ist es ganz normal, sich von den ganzen Möglichkeiten überwältigt zu fühlen – in der Psychologie gibt es sogar einen Namen für diesen Effekt: "Choice overload". Zu viele Optionen können sogar dazu führen, dass man gar keine Entscheidungen mehr treffen will (Decision Fatigue).Doch nur weil andere Menschen vielleicht schon ihren Weg gefunden haben, musst du dich davon nicht unter Druck setzen lassen oder dir Vorwürfe machen – jede:r hat sein/ihr eigenes Tempo und egal wie alt du gerade bist oder wo du gerade stehst: Es ist nie zu spät, sich damit auseinanderzusetzen, was man wirklich will. Wenn du gerade das Gefühl hast, du kommst einfach nicht auf „deinen Pfad“ oder dir denkst: "Ich weiß nicht genau, was ich beruflich machen will!", dann können die folgenden Impulse dir dabei helfen, deine eigenen Ziele zu definieren. Tipp: Unser Test verrät dir auch, wieviel Klarheit du noch brauchst. 

"Ich weiß nicht was ich will": Welche inneren Konflikte blockieren dich?

Die Bestseller-Autorin und Coachin Barbara Sher schreibt in ihrem Buch "Ich könnte alles tun, wenn ich nur wüsste, was ich will", dass die meisten Menschen eigentlich schon tief in sich drin wissen, was sie wollen. Das Problem: dieses instinktive Wissen wird von inneren Konflikten blockiert. Wir selbst halten uns also davon ab, unsere Ziele und Wünsche bewusst zu machen. Vielleicht kennst du solche Selbstvorwürfe wie "Ich kann nichts so richtig", "Ich bin zu faul/zu dumm und kann deswegen nicht mehr aus meinem Leben machen" – dabei handelt es sich genau um eben solche innere Konflikte. Um wirklich herauszufinden, was wir wollen, ist es laut Sher wichtig, dass wir diese Konflikte zunächst identifizieren, dann ihre Ursachen klären und uns schließlich aus diesen Konflikten befreien.

Geld ist nicht unbedingt alles: Befreie dich von Erwartungen

Dabei hilft es, sich auch vor allem zu fragen: Welche Erwartungen von außen versuche ich zu erfüllen, die mich davon abhalten, meine inneren Wünsche zuzulassen? Häufig sind es Ansichten unserer Eltern, die wir für uns verinnerlicht haben (z.B.: "Es ist wichtig, so schnell wie möglich ins Arbeitsleben zu starten", "Geh bei deiner Jobwahl keinen Risiken ein", "Geld ist das wichtigste"), und die uns daran hindern, unsere eigentlichen verborgenen Wünsche ans Licht zu bringen.

Für welche Werte willst du wirklich stehen?

Wir sollten also unbedingt unsere eigenen Werte kennen, um im Leben wirklich das machen zu können, was wir wollen. Doch es kann gar nicht so leicht sein, sich seinen eigenen Werten bewusst zu werden, wenn man jahrelang nach den Idealen anderer Menschen gelebt hat. Hier ein paar Fragen, die du dir stellen kannst, um deinen Werten näher zu kommen: 

• Was ist mir wichtig im Leben?
• Welchen Mehrwert möchte ich für andere bieten?
• Womit will ich meine Zeit verbringen?
• In welchen Momenten in meinem Leben fühle ich mich glücklich?

Vielleicht fällt es dir auch noch schwer, deine Werte wirklich in Worten greifbar zu machen. Mögliche Werte können zum Beispiel Humor, Ehrlichkeit, Familie, Freiheit, Spaß, Harmonie, Veränderung oder Wachstum sein – um nur ein paar zu nennen. Am besten schreibst du dir deine wichtigsten Werte auf und stellst dir dann die Frage: Wie und wo kann ich diese am besten ausleben? So schaffst du dir Klarheit darüber, was dir zum Beispiel im Beruf oder auch in einer Beziehung wichtig ist. 

Gedankenexperiment: Wie finde ich heraus, was ich beruflich machen möchte? 

Um den richtigen Job zu finden und zu ermitteln, was du beruflich machen möchtest, schlägt Barbara Sher auch  dieses Gedankenspiel vor: 

• Schritt 1: Überleg dir, was der schlimmste Job wäre, den du dir nur vorstellen kannst. Wie sieht dieser Beruf aus? Was machst du dort? Mit wem arbeitest du? Wie fühlt sich das an?
• Schritt 2: Danach kehrst du alle diese Punkte ins Gegenteil um, um deinem Traumjob näher zu kommen. Angenommen, in deinem Horrorjob sitzt du 8 Stunden am Tag in einem lauten Großraumbüro. Dann weißt du, dass du bei deinem Traumjob lieber in einem eigenen Büro arbeiten möchtest, in dem du dich besser konzentrieren kannst. 
• Schritt 3: Gehe bei diesem Gedankenspiel bis in alle Details und gleiche dann am Ende realistisch alle Einzelheiten deines Traumjobs mit ab: Resonieren die einzelnen Vorstellungen mit dir oder musst du noch an der einen oder anderen Stelle etwas anpassen? Am Ende solltest du deinem Traumjob so nah wie möglich gekommen sein. 

Dann kommt der spannende Teil: Anstatt deine Erkenntnisse zur Seite zu legen und dir zu denken "ich kümmere mich später drum", tust du jetzt für den Zeitraum von einer Stunde alles, um diesem Traumjob näher zu kommen. Du hast herausgefunden, dass du noch einmal studieren möchtest? Suche im Internet nach dem passenden Studiengang und bewirb dich am besten noch direkt. Du willst Künstlerin werden? Dann greif zum Telefon oder schreib eine Nachricht an deine Role Models und frag, wie sie es geschafft haben. Je mehr du dich gedanklich mit dem Traumjob auseinandersetzt, desto greifbarer und realistischer wird die Vorstellung. Häufig tendieren wir dazu, uns mit Gedanken wie "ach, das wird doch eh nichts" oder "dafür ist es jetzt schon zu spät" wieder von unseren Wünschen zu entfernen –  wenn wir uns aber so schnell wie möglich damit aktiv auseinandersetzen, können diese inneren Widerstände gar nicht erst aufploppen. Träume aufzuschieben bringt uns nicht weiter. 

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Take action! Handeln lässt uns herausfinden, was wir im Leben wollen

Aktiv zu werden und ins Handeln zu kommen ist also die einzige Möglichkeit, um herauszufinden, was man will. Wer nur auf dem Sofa sitzt und auf eine Erleuchtung hofft, bleibt dort auch sitzen. Wir müssen also rausgehen und soviel ausprobieren wie möglich, um auch herausfinden zu können, was wir NICHT wollen. Tausche dich mit Menschen aus, nimm an Projekten teil und nimm alle Möglichkeiten an, die dir das Leben bietet. Die Schriftstellerin und Coachin Laura Malina Seiler sagt dazu in ihrem Podcast: "Wenn man in dem Mindset von 'Ich weiß einfach nicht, was ich will' ist, ist die Konsequenz meistens, dass man nichts tut. Und das ist das Schlimmste, was passieren kann, denn es frustriert uns noch mehr".

Dadurch, dass du ins Machen kommst, findest du auch heraus: Okay, das war es nicht. Das ist doch das Beste, was du herausfinden kannst!

Laura Malina SeilerTweet

Eine erste Handlung kann laut Seiler zum Beispiel das Anlegen eines "Alternativenrads" sein: Dabei malst du in die Mitte eine Blatt Papiers einen Kreis, von dem sonnenartig 30 Strahlen ausgehen. Auf jeden Strahl schreibst du eine Sache, die du liebst und tun möchtest, wie etwa "Ich möchte mich in Umweltprojekten engagieren", "Ich möchte mehr Zeit mit Freund:innen verbringen" oder "Ich möchte Klavier lernen". Dann kannst du die einzelnen Punkte priorisieren und loslegen. Nur durch das Handeln können wir unseren Herzenswünschen näher kommen und merken, was wir wollen.

Dieses Psychologie-Phänomen kann dir helfen

In der positiven Psychologie wird immer wieder vom "Flow"-Zustand gesprochen. Auch dieser kann uns dabei helfen, herauszufinden, was wir wollen. Wir befinden uns im "Flow", wenn wir voll und ganz in einer Tätigkeit versinken, die Zeit um uns herum vergessen und dabei tiefes Glück empfinden. Das kann ein wichtiger Indikator dafür sein, was uns tief in uns drin eigentlich richtig erfüllt. Bestimmt kennst du dieses Gefühl! Versuche einmal, dich an Momente in deinem Leben (diese können auch in der Kindheit erlebt worden sein) zu erinnern, in denen du in einem solchen Zustand warst. Oft sagt uns unser Bauchgefühl schon, was der richtige Weg für uns ist!

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