Die Corona-Pandemie und die aktuelle Nachrichtenlage führen zu mehr Stress, Angststörungen und Depressionen in der Gesellschaft. Neben einer klassischen Therapie können Betroffenen auch andere präventive und therapeutische Angebote helfen. Einige davon sind digital als App verfügbar und werden sogar von der Krankenkasse bezahlt.
25 Prozent mehr Angststörungen und Depressionen
Immer mehr Menschen haben Probleme mit ihrer mentalen Gesundheit. Laut WHO hat allein das erste Corona-Jahr weltweit zu 25 Prozent mehr Angststörungen und Depressionen geführt. Auch die aktuelle Nachrichtenlage schürt Ängste und kann kann Stress verstärken.
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Therapieplätze sind schwer zu bekommen
Schon vor der Pandemie war die Suche nach einem Therapieplatz nicht einfach. Während der Corona-Zeit ist die Zahl der Anfragen für eine psychotherapeutische Behandlung in Deutschland laut rbb um 40 Prozent gestiegen. Ein großer Teil der Hilfesuchenden wartet bereits länger als ein halbes Jahr auf einen Platz.
Diese digitalen Angebote können helfen
Wer auf einen Therapieplatz wartet, keine Therapie machen oder sich präventiv um die eigene mentale Gesundheit kümmern möchte, der oder dem können auch digitale Angebote helfen. Was viele nicht wissen: Krankenkassen zahlen neben der klassischen Therapie auch andere präventive und therapeutische Angebote – viele davon digital per App. Siri Frericks, Psychologin bei 7Mind und Mental-Health-Expertin, sagt: "Knapp die Hälfte der Krankenversicherten weiß gar nicht, dass sie ein Budget zur Verfügung haben."
Diese vier erstattungsfähigen Angebote können helfen, die mentale Gesundheit zu verbessern:
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Kampf gegen die Angst: Angststörungen sind noch vor den Depressionen die häufigsten psychischen Erkrankungen überhaupt. Allein in Europa leiden rund 60 Millionen Menschen daran. Invirto ist eine digitale Psychotherapie gegen Angststörungen und wird von allen gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt.
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Online-Therapie bei Depression: Etwa jede vierte Frau und jeder achte Mann ist im Laufe ihres oder seines Lebens von einer Depression betroffen. Oftmals müssen Erkrankte bis zu sechs Monate auf eine Behandlung warten. Der Online-Kurs von Selfapy ist kostenfrei auf Rezept erhältlich und bietet flexible Unterstützung bei Depression. Die Wirksamkeit ist von der Charité Berlin klinisch geprüft.
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Weg aus der Abhängigkeit: 6,7 Millionen der 18- bis 64-jährigen Deutschen konsumieren Alkohol in gesundheitlich riskanter Form. Etwa 1,6 Millionen Menschen dieser Altersgruppe gelten als alkoholabhängig. Die Online-Hilfe für einen bewussten Umgang mit Alkohol vorvida kann von Ärzt:innen und Psychotherapeut:innen verordnet werden.
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Stressfrei durch Meditation: Knapp zwei von drei Menschen in Deutschland fühlen sich mindestens manchmal gestresst (mehr als ein Viertel sogar häufig). Lerne durch den Kurs "Achtsamkeitsbasiertes Stressmanagement" in der App 7Mind einen gesunden Umgang mit Stress. Der Kurs dient der Prävention und ist von den Krankenkassen voll erstattungsfähig.
Raus aus dem Hamsterrad
Neben den aktuellen Geschehnissen sind viele Menschen auch grundsätzlich von ihrem Alltag gestresst. Die Gesellschaft vermittelt uns häufig, dass unser Wert von unserer Leistungsfähigkeit abhängt.
Leistungsfähigkeit stärkt für viele Menschen das eigene Selbstwertgefühl und formt das Selbstbild.
Siri Frericks, Psychologin und Mental Health ExpertinTweet
Eine Befragung von 2016 zeigt: Frauen sind am häufigsten durch ihre hohen Ansprüche an sich selbst gestresst (48%), Männer am häufigsten durch die Arbeit (54%). "Erfolg im Job, als Elternteil oder Familienmitglied gleichzeitig mit der Pflege eigener Kontakte und Hobbys zu verknüpfen, ist für viele Menschen ein Ideal", sagt Frericks. "Es kann dadurch erstrebenswerter wirken, diese Ziele bestmöglich zu verfolgen, anstatt zugunsten der (mentalen) Gesundheit einen Gang zurückzuschalten." Wird einem dann irgendwann klar, dass das alles zu viel wird und man dem Stress nicht mehr gewachsen ist, könne dies Gefühle wie Scham oder Schuld auslösen. "Vor allem dann, wenn Betroffene den Eindruck hätten, gescheitert zu sein." Auch die Stigmatisierung psychischer Erkrankungen hat daran laut Frericks einen wesentlichen Anteil.
So kann Prävention klappen
Viele Menschen kümmern sich erst um ihre (mentale) Gesundheit, wenn es schon akute Anzeichen gibt, dass etwas nicht stimmt. Dabei wäre es häufig viel besser, wenn wir im Alltag auf uns achten – schon bevor Symptome auftreten. Dabei ist es wichtig, die Stresssignale des eigenen Körpers zu kennen und sie wahrzunehmen. Frericks erklärt: "Achtsamkeitsübungen und -meditationen schulen die eigene Aufmerksamkeit. Dabei richten wir beispielsweise den Fokus im Body Scan auf den Körper und haben so die Möglichkeit, Spannungen oder Unruhe im Körper wahrzunehmen, die uns sonst womöglich nicht bewusst geworden wären. Ähnliches gilt für Achtsamkeitsmeditationen, die sich auf die Gedanken und Emotionen richten. Wenn ich mir regelmäßig Zeit dafür nehme, achtsam zu beobachten, welche Gedanken mich beschäftigen und welche Gefühle damit verbunden sind, lerne ich mich selbst näher kennen und kann mich dadurch auch besser um mich selbst kümmern." Die Psychologin empfiehlt, sich jeden Tag mindestens für ein paar Minuten mit sich selbst und dem eigenen Wohlbefinden zu beschäftigen. Und nicht erst damit zu beginnen, wenn wir schon unter bestimmten Symptomen leiden. Die oben aufgeführte App 7Mind kann bei dieser Art der Prävention unterstützen.
Wenn akute Symptome auftreten
Wer bei sich bestimmte Warnsignale, wie zum Beispiel Schlaflosigkeit, nahezu pausenloses Grübeln, starke Ängste oder depressive Stimmungen beobachtet, sollte am besten die Hausärztin oder den Hausarzt oder eine:n Therapeut:in kontaktieren. Diese können auch bei der Auswahl einer der oben aufgeführten digitalen Therapieprogramme unterstützen.
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