Ping! Schon erscheint die nächste Push-Nachricht auf dem Display. Gefolgt von dem Reflex, sofort zum Handy zu greifen und zu Antworten. Doch müssen wir ständig erreichbar sein und immer sofort zurückschreiben?
Ständige Erreichbarkeit ist ein Symptom unserer Zeit. Immer gut vernetzt, mit dem Handy in der Tasche und der Smartwatch am Handgelenk, erreicht uns jede Nachricht in Sekundenschnelle. Ob der Freundin mit Liebeskummer während der Arbeitszeit oder der Kollegin nach Feierabend: Schnelles Antworten ist Teil der “Antwort-Knigge” und gilt als ein Zeichen von Höflichkeit.
Viele von uns führen mehrer digitale Konversationen zur selben Zeit und Mulitkommunikation ist gar nicht so leicht für unser Gehirn. Im Gegensatz zum Multitasking jonglieren wir keine Aufgaben, sondern Menschen. Es fühlt sich so an, als ob wir beisammen sitzen und 4 Menschen gleichzeitig um unsere Aufmerksamkeit bitten. Die Freundin, die emotionale Unterstützung braucht, die Mutter, die “einfach nur mal quatschen” möchte, die Kundin, die auf unsere Rückmeldung wartet und die Handwerkerin, die einen Termin vereinbaren möchte. Und dann ist da ja noch das echte Leben, das auch nicht stehen bleibt.
Was können wir tun, um der Nachrichtenflut Herr beziehungsweise Frau zu werden?
Das Zauberwort heißt: Erwartungsmanagement. Es hilft, klar zu kommunizieren, wann wir erreichbar sind und wie oft wir beispielsweise in unser E-Mail Postfach schauen. So kann sich unser Umfeld darauf einstellen.
Die Möglichkeit, immer erreichbar zu sein, ist mit keiner Verpflichtung verbunden. Das Schöne an Signal, Threema, Whatsapp und Co. ist die Zeitautonomie. Anders als beim Telefonieren oder einem Gespräch in Persona können wir uns frei einteilen, wann wir antworten. Bei E-Mails, Messengerdiensten und der good old SMS verläuft die Kommunikation asynchron, fast wie bei einer Brieffreundschaft. Doch dadurch, dass die Nachricht die andere Person sofort erreicht, entsteht bei vielen die Erwartungshaltung einer schnellen Antwort. Während Gespräche natürlich verlaufen, hat jeder Mensch einen andere Schreib- und Antwortstil. Und das ist völlig in Ordnung. Wichtig ist nur, dass wir es nicht auf uns beziehen oder gar persönlich zu nehmen, sollten wir nicht sofort eine Antwort erhalten.
Wie steht es um die ständige Erreichbarkeit bei der Arbeit?
Im beruflichen Umfeld können uns auch die Angst vor dem Verlust des Arbeitsplatzes oder Existenzängste dazu bringen, ständig erreichbar zu sein. Gerade Selbstständige und Freiberufler:innen haben oft die Sorge, einen wichtigen Auftrag zu verpassen, wenn sie nicht schnell genug antworten. Auch Führungskräfte stehen meist unter dem Druck, permanent ansprechbar sein zu müssen. Zudem kann unser Umfeld einen großen Einfluss auf unsere Erreichbarkeit haben. Bekommen wir nach Feierabend oder am Wochenende noch Nachrichten von unseren Kolleg:innen, so kann dies in uns das Gefühl hervorrufen, dies sei normal und gefordert. Gerade Außendienstmitarbeiter:innen und Menschen, die im Vertrieb arbeiten, stehen unter dem Druck, dass eine gute Kundenbetreuung meist mit guter Erreichbarkeit einhergeht. Dem Gegenüber steht unser Bedürfnis nach Entspannung und Freizeit. Doch warum heißt es eigentlich Work-Life-Balance? Ist die Arbeit nicht ein Teil des Lebens? Jein. Na klar, im besten Fall üben wir unseren Traumberuf aus, aber selbst dann gibt es stressige Zeiten. Und für unsere mentale wie physische Gesundheit sind Pausen unabdingbar, damit wir langfristig leistungsfähig sind.
Das Positive der ständige Erreichbarkeit:
Im Optimalfall flexiblere Arbeitszeiten. Jeder Mensch hat einen anderen Biorhythmus und während der eine vormittags Höchstleistungen vollbringt, hat der andere am Abend seine produktive Phase. Auch gibt es uns die Möglichkeit, ortsunabhängig zu arbeiten. Treten Probleme oder Fragen auf, so können die meist schnell und unkompliziert durch einen Anruf gelöst werden.
Gesundheitliche Folgen:
Wenn die Grenze zwischen Arbeit und Freizeit verschwimmt, kann das Auswirkungen auf unseren Körper haben. Ständige Erreichbarkeit ist für unseren Körper eine mentale wie auch physische Dauerbelastung und kann zu Krankheiten wie Bluthochdruck, Diabetes und Infektionskrankheiten führen. Durch die anhaltende Anspannung können Rückenschmerzen, ein Tinitus oder Magen-Darm-Beschwerden auftreten. Auch Schlafstörungen, Erschöpfungszustände und "Burn-out" kann eine Folge sein.
Was kann ich tun, damit sich die ständige Erreichbarkeit nicht in Form von Stress manifestiert?
|
Jeder kann für sich bestimmen, wann er antwortet. Doch das Phänomen und die Erwartung der ständigen Erreichbarkeit ist ein gesellschaftliches und muss gemeinsam verändert werden.
Mehr Themen: