Weniger Arbeitszeit bedeutet nicht automatisch, dass Angestellte weniger Stress haben, zeigt eine neue Studie. Viele Teilzeitbeschäftigte fühlen sich demnach sogar stärker belastet als Vollzeitkräfte. Betroffen sind vor allem Frauen.
In Deutschland arbeiten 28 Prozent der Beschäftigten in Teilzeit, die meisten davon sind Frauen. Fast die Hälfte (47,5 Prozent) der weiblichen Angestellten und ein Zehntel der männlichen arbeiten laut aktuellen Angaben in Teilzeit. Mit dieser Quote liegt Deutschland an vierter Stelle im EU-Vergleich.
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Und die gängige Annahme zu Teilzeit lautet: Weniger Arbeit – ergo weniger Stress. Dass diese Rechnung nicht ganz aufgeht, zeigt jetzt eine neue Studie des regionalen Jobportals meinestadt.de, über die "Der Spiegel" erstmals berichtet hat.
Demnach ist sogar das Gegenteil der Fall: Teilzeitbeschäftigte fühlen sich insgesamt sogar belasteter als Angestellte, die in Vollzeit arbeiten. Nach ihrem Gesundheitszustand gefragt gaben 54 Prozent der Vollzeitbeschäftigten an, dass dieser "gut" oder "sehr gut sei". Bei jenen Befragten, die in Teilzeit arbeiteten, war dieser Anteil geringer. 44,6 Prozent von ihnen schätzen ihren gesundheitlichen Zustand als "gut" oder "sehr gut" ein. Ein Fünftel gab währenddessen an, ihr Zustand sei "weniger gut" oder sogar "schlecht". Bei den Vollzeitkräften war dieser Anteil um rund fünf Prozent niedriger.
Auch familiäre Verpflichtungen spielen vermutlich eine Rolle
Die ausschlaggebenden Gründe sind laut der Studie psychische Belastung, Termindruck, Zeitmangel und Überstunden. Aktuell wird in besonders vielen Betrieben mehr und länger gearbeitet. Denn der Fachkräftemangel hat laut neuesten Zahlen ein Rekordhoch erreicht. Bundesweit sind laut einer Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) rund 2 Millionen Stellen unbesetzt. Viele Betriebe stellt das vor große Herausforderungen, 53 Prozent der Unternehmen sind nach Angaben des DIHK von Personalengpässen betroffen.
Und auch Care-Arbeit könnte eine Rolle in der Stressspirale, in der viele Teilzeit-Arbeitende sich offenbar befinden, spielen. Mehr als zwei Drittel aller erwerbstätigen Mütter in Deutschland arbeiten laut Statistischem Bundesamt in Teilzeit, bei den Vätern sind es lediglich 7,6 Prozent. Vor allem Mütter mit jüngeren Kindern arbeiten in Deutschland oft in Teilzeit, fast doppelt so häufig wie im EU-Schnitt. 69,3 Prozent der erwerbstätigen Frauen mit mindestens einem Kind unter 12 Jahren arbeiteten 2020 in Teilzeit. Im EU-Durchschnitt waren es hingegen rund 34 Prozent. Damit liegt Deutschland auf Platz zwei im Vergleich, nur in den Niederlanden gibt es höhere Teilzeitquoten unter Müttern. Obwohl Väter in Deutschland ihre Arbeitszeit im Vergleich zu Müttern seltener reduzieren, liegen auch sie über dem EU-Schnitt – allerdings ist auch die Diskrepanz kleiner. Während 7,6 Prozent der Väter in Deutschland in Teilzeit arbeiten, sind es im EU-Schnitt 5,6 Prozent.
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