Dass Angestellte immer öfter "Quiet Quitting" betreiben, also im Job nicht mehr die Extra-Meile gehen, sondern nur das machen, was in ihrer Jobbeschreibung steht, ist bekannt. Aber auch Arbeitgeber:innen kultivieren teils offenbar gerade ein neues Phänomen – und betreiben "Quiet Firing", stilles Kündigen.
Quiet Firing – was ist das?
Von Quiet Firing spricht man, wenn Chef:innen Angestellte durch subtile Schikane dazu bringen wollen, ihre Kündigung einzureichen. Etwa, indem sie ausgegrenzt werden oder indem ihnen unter- oder überfordernde Aufgaben übertragen werden. Betroffen sind besonders jene, denen im Falle einer Kündigung eine Abfindungssumme zusteht. Dass die ausgezahlt werden muss, soll eben dadurch, dass Arbeitnehmer:innen subtil dazu gedrängt werden, selbst zu kündigen, verhindert werden.
Dazu, wie häufig das Phänomen im Arbeitsleben vorkommt, gibt es noch keine wissenschaftlichen Studien. Eine Umfrage auf dem Karrierenetzwerk-LinkedIn unter fast 20.000 User:innen ergab aber, dass 48 Prozent der Befragten Quiet Firing schon mal an ihrem Arbeitsplatz beobachtet hatten, mehr als ein Drittel gab an, es selbst schon einmal erlebt zu haben.
Lies auch:
- "Rage Applying": Der Jobtrend, der Arbeitgeber gerade zittern lässt
- Beim Vorstellungsgespräch in Erinnerung bleiben: Die besten Tipps
- Boreout: Was Unterforderung im Job anrichtet – eine Betroffene berichtet
- "Career Cushioning": So kann man sich durch einen Plan B in der Karriere absichern
- Strategische Inkompetenz: Die Ausrede "Du kannst das viel besser" zieht ab jetzt nicht mehr
- Richtig kündigen: Wie gelingt ein Abgang mit Stil? Der ultimative Exit-Knigge
Das Komplexe an dem Phänomen: Oft bleibt die Schikane so nuanciert, dass man sie nicht direkt nachweisen kann, sodass der oder die betroffene Angestellte sich nicht an die Personalabteilung wenden kann und das Gefühl hat, nichts gegen die Situation ausrichten zu können – außer zu kündigen.
Fünf mögliche Anzeichen von Quiet Firing
Trotzdem gibt es einige Anhaltspunkte, an denen man festmachen kann, dass am eigenen Arbeitsplatz womöglich Quiet Firing betrieben wird.
- gar kein oder kein konstruktives Feedback vom Chef bzw. der Chefin
- keine Aussichten auf Gehaltserhöhungen oder Beförderungen über einen längeren Zeitraum
- Ausgrenzung am Arbeitsplatz: etwa, indem man nicht mehr zu Meetings eingeladen wird, bei denen man eigentlich dabei sein sollte
- entweder werden einem unter- oder überfordernde Aufgaben gestellt, aber nicht die, für die man geeignet wäre
- Das Management oder die Vorgesetzten vermeiden persönlichen Kontakt
Was kann man gegen Quiet Firing tun?
Die Karriereberaterin Ragnhild Struss empfiehlt, zuallererst das Gespräch mit dem oder der Vorgesetzten zu suchen. "Im besten Fall lassen sich so Missverständnisse aus der Welt schaffen und es stellt sich heraus, dass die eigene Sorge unbegründet war". Hat man auch nach einem klärenden Gespräch das Gefühl, weiter aufs Abstellgleis gestellt zu werden, sollte man konkreter im Handeln werden – etwa, indem man darum bittet, gemeinsam mit Vorgesetzten am Problem zu arbeiten oder selbst Lösungsvorschläge für die künftige Zusammenarbeit anbietet. Hilft auch das nichts, ist es eventuell an der Zeit, höhere Führungsebenen oder die Personalabteilung einzuschalten. Struss rät dazu, das jedoch vorher anzukündigen.
Wichtig ist aber auch Selbstreflexion. Wer das Gefühl hat, vom Management in Richtung Kündigung gedrängt zu werden, sollte sich also auch fragen, ob die eigene berufliche Leistung stimmt. Nur wenn das der Fall ist, kann man von bewusster Schikane seitens Vorgesetzter und somit von Quiet Firing sprechen.
Mehr Themen: