Dass Mode viel mit Gefühl zu tun hat, wissen wir ja alle. Aber an diesen Stücken hängt das Herz unserer Kolleginnen besonders: Denn es sind Erbstücke mit Geschichte, die was von der Liebe zu Mama und Oma erzählen.
Sibel, 28, Werkstudentin Grafik
"Diesen Lederblouson liebe ich abgöttisch. Den hat mir meine Mama vermacht, die zum Glück noch quietschfidel ist. Sie hat den Blouson selbst mit Anfang 20 im Hamburger Schanzenviertel gekauft und ihn an mich weitergegeben, als ich im gleichen Alter war. Er ist das erste, was ich aus dem Schrank hole, wenn es endlich Frühling wird, und er begleitet mich auf jede Reise, wie jetzt beim Familienbesuch in der Türkei."
Paulina, 23, Werkstudentin Grafik
"Seitdem ich vom Süden Deutschlands nach Hamburg gezogen bin, sehe ich meine Oma nicht mehr so oft. Das macht mich manchmal traurig. Als ich sie letzten Sommer am Bodensee besuchte, schenkte sie mir diese goldene Kette, die sie selbst als junge Frau getragen hat. Der Anhänger ist eine Hand, die eine kleine Perle zwischen Zeigefinger und Daumen hält. Als sie mir die Kette gab, hat sie dazu gesagt: 'Die Hand soll dich immer beschützen.' Die Kette ist so etwas wie mein Glücksbringer geworden, und ich trage sie besonders dann, wenn ich meine Oma vermisse."
Bettina, 52, Fashion und Beauty Director
"Für meine Mutter gilt: Qualität vor Quantität. In meinem Kleiderschrank als Kind hing im Winter: eine Cordhose, eine Jeans, zwei Pullover – das war's. Schon früh hat sie mir eingetrichtert, Sachen richtig zu pflegen, zu lüften und zu reinigen. Bis heute ist ihr Motto: lieber weniger, dafür besser. Ein paar von ihren Teilen aus den späten 80ern, frühen 90ern sind inzwischen bei mir: ein oversize Mantel von Jil Sander, eine Anzughose von Escada und diese cremefarbene Seidenbluse von Lorenzini, die ich sehr liebe. Ich erinnere mich auch an Kaschmirpullover, die heute mega wären, was ich nur leider vor 15 Jahren nicht erkannt habe, sodass sie damals im Secondhand gelandet sind. Heute hebe ich einige Highlights auf – und hoffe, dass meine Patenkinder das später schätzen werden."
Friederike, 40, Editor in Chief
"Viele Kleidungsstücke werden mit der Zeit schlechter, geraten aus der Form, werden löchrig oder bleichen aus. Aber T-Shirts werden immer besser. Weil all diese Makel sie auf magische Weise noch schöner machen. Dieses hat meine Mutter mit Mitte 20 getragen. Und der weich gewordene Baumwollstoff schmiegt sich heute sanft an. Meine Mutter hat nur wenige Klamotten von früher aufbewahrt. Das lange Sternenkleid hat eine meiner Schwestern geerbt, die Plateauschuhe aus Mamas Teenagerzeit haben wir bei Kostümfesten zugrunde gerichtet, während unsere Töchterfüße irgendwann aus ihnen rauswuchsen. Ihre 80s-Jeans habe ich mit 15 (ohne zu fragen!) abgeschnitten. Das war's – insofern halte ich heute das Shirt in Ehren und trage es nur, wenn ich den Eindruck habe, ich bräuchte ein bisschen Mama-Energie, um durch den Tag zu kommen. Oder für diese Geschichte."
Selina, 27, Junior-Redakteurin Print & Digital
"Wenn ich daran zurückdenke, wie viele Ringe ich schon bei Partys auf der Damentoilette vergessen habe, weil ich sie fürs Händewaschen ausgezogen hatte, schüttelt es mich. Deswegen trage ich dieses Schmuckstück, das ich von meiner kürzlich verstorbenen Oma geerbt habe, nur zu ganz besonderen Anlässen. Der Ring ist mir unglaublich wichtig, denn für mich ist er die letzte direkte Verbindung zu 'meinem Ömchen'. Aber um hier nicht zu sentimental zu enden: Zum Glück haben alle Frauen in unserer Familie die gleichen, nicht gerade schmalen Finger und so passt der Ring wie angegossen!"
Sarah, 29, Volontärin
"Schon als Kind habe ich dieses Kleid geliebt: das Hochzeitskleid meiner Oma. Es war in unsere Verkleidungskiste gewandert und alle meine Freundinnen trugen es abwechselnd. Als ich Jahrzehnte später selbst heiratete, wusste ich sofort, dass ich es in diesem Kleid tun würde. Ich ließ es von midi auf mini kürzen, ansonsten brauchte es keine Anpassungen. Mein Körper scheint die gleichen Maße zu haben, wie der meiner Oma – in meinem Alter. Meine Ehe ist inzwischen geschieden, aber das Kleid liebe ich noch immer. Und so habe ich beschlossen, es auch einfach weiter auszuführen: Mit Trenchcoat oder Jeansjacke ist es einer meiner liebsten Frühlingsbegleiter."
Silvi, 57, Senior Editor
"Meine Oma muss Anfang 90 gewesen sein, als ich sie mal wieder in diesem Rock sah. Ihre große Schwester hat den in den 60er-Jahren für sie genäht. Als ich spontan sagte: 'Den kannst du mir später mal vermachen' – stand meine Oma auf, zog den Reißverschluss auf und ließ den Rock von den Hüften gleiten: 'Wenn du den magst, nimm ihn direkt mit.' Meine Oma hat immer gern mit 'der warmen Hand' gegeben. Seitdem machen mir die Punkte gute Laune. Noch schöner ist: dass ich dann mit dem Rock ein Stück von meiner Oma bei mir trage."
Rebecca, 46, Assistentin der Geschäftsführung
"So lange ich denken kann, handarbeitet meine Mutter auf dem Sofa, wenn abends der Fernseher läuft. Genau wie schon ihre Mutter. Es wird gehäkelt, gestickt oder gestrickt. Diesen Pullover hat sich meine Mutter in den 80ern gestrickt. Vor einiger Zeit hab ich ihn mir aus ihrem Schrank stibitzt. Er ist immer noch – oder besser gesagt – wieder absolut im Trend. Die Wolle ist im Lauf der Zeit noch schöner und flauschiger geworden. Ich kann das beurteilen, auch mich erwischt man seit einigen Jahren selten ohne Stricknadeln in der Hand. Tatsächlich träume und plane ich sogar mein eigenes, kleines Stricklabel. Es wurde also nicht nur der Pullover vererbt, sondern auch das Geschick für Strick – danke Mama, danke Oma!"
Dieser Artikel erschien zuerst in der EMOTION 05/23.
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