Buchtipps im Frühjahr 2020: Das sind unsere Must-Reads

28.04.2020

Emotion Redaktion

Buchtipps: Unsere Leselieblinge dürfen in euren Regalen nicht fehlen. Diese Bücher sind unsere Must-Reads im Frühjahr 2020.

Buchtipps im Frühjahr 2020: Das sind unsere Must-Reads

Im Frühjahr 2020 wurde die Leipziger Buchmesse abgesagt - ein Grund mehr für uns, auf neue Bücher hinzuweisen, die uns in den letzten Monaten begeistert haben. Es gab so viele großartige Neuerscheinungen von Autorinnen, Bücher, die wir nicht mehr aus der Hand legen konnten. Lasst euch von unseren Literatur-Tipps inspirieren!

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Eine Frau, ein Hund und ganz viel Literatur

Weil ein guter Freund Selbstmord begeht, kommt die namenlose Ich-Erzählerin, eine New-Yorkerin mittleren Alters, zu einem Hund: Apollo, eine riesenhafte, aber sanfte Harlekindogge zieht ein, obwohl in ihrem Apartment in Manhattan Haustiere verboten sind und sie nie einen Hund wollte. Apollo trauert stark um sein totes Herrchen. Die Erzählerin, die Schriftstellerin und Literatur-Dozentin ist, legt alles daran, Apollo zu helfen. Ja, es geht um einen Hund, aber der steht gar nicht so sehr im Mittelpunkt der Erzählung. Es geht um die Geschichte einer Frau, es geht um Verlust und Freundschaft. Es geht um Literatur und ums Schreiben, um Romane, um berühmte Schriftsteller. Die Geschichte ist leicht erzählt, hat aber dennoch Gewicht, das sich in den vielen klugen Gedanken manifestiert, die in meinem Kopf bleiben. Eine Feel-Good-Story auf hohem Niveau, großartig zu lesen. Imke Weiter

Der Freund, Sigrid Nunez, Aufbau, 20 Euro

Bild: Aufbau

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2 / 10

Gefangen zwischen den Fronten

Dass die Liebe einen unaufhaltsamen Sog entfaltet – wer hofft nicht darauf. Und ist nicht genau das auch der Anspruch an Kunst, zumindest, wenn sie groß, wahr, lebensverändernd sein soll? In ihrem Debüt bringt Katya Apekina beides zusammen und lässt daraus einen wilden Strudel werden, der die Schwestern Edie, 16, und Mae, 14, zu verschlingen droht – und mich mitgerissen hat. Die beiden kommen 1997 aus einem Nest am Rande von New Orleans nach New York, zu ihrem Vater, einem erfolgreichen Schriftsteller, den sie zuletzt als Kinder gesehen haben. Ihre Mutter, selbst begabte Dichterin, ist nur als Muse ihres Ex durch seine Bücher bekannt geworden. Jetzt hat sie versucht, sich das Leben zu nehmen. Leichthändig verwebt Apekina Perspektiven und Zeitebenen von den 60er-Jahren bis heute, lässt selbst Nebenfiguren lebendig werden, lotet aus, welche Grenzen Kunst und Liebe überschreiten dürfen – und mit welcher Kraft sie zerstören und heilen. Silvia Feist, auf Instagram: @FEISTE.BUECHER

Je tiefer das Wasser, Katya Apekina, Suhrkamp, 24 Euro

Bild: Suhrkamp

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3 / 10

Sexualität und Selbstbestimmung

Als ich las: „Von 0 auf Platz 1 der New York Times-Bestsellerliste: das Buch der Stunde – weibliche Sexualität zwischen Lust und Macht“, habe ich ein anderes Buch erwartet. Denn die Macht liegt nicht bei den drei realen Frauen, die Lisa Taddeo über acht Jahre mit einem so einfühlsamen wie unbestechlichen Blick begleitet hat. Das Glück – und fast das ganze Sein der drei – leitet sich von den Männern in ihrem Leben ab. Daran ändert auch nichts, dass Lina und Sloane fantastischen Sex erleben, der genauso ist, wie sie ihn sich wünschen, denn für Lina bedeutet der auch, Geliebte auf Abruf zu sein, und für Sloane, dass ihr Mann Liebhaber für sie auswählt. Maggie verliert sich lange selbst darüber, dass sie sich mit 17 in ihren Lehrer verliebt; und obwohl sie ihn später verklagt, geht er unbeschadet aus der Affäre hervor, sie nicht. Lisa Taddeo spürt weiblichem Begehren nach, versucht zu ergründen, was es prägt, wo das Wissen darum, was einem selbst guttut, schmerzlich untergeht: erdrückt von der Macht gesellschaftlicher Erwartungen und Urteile, die Frauen so tief verinnerlicht haben, dass es schwer ist, für sich einzustehen. Silvia Feist

Three Women – Drei Frauen, Lisa Taddeo, Piper, 22 Euro

Bild: Piper

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4 / 10

Chanel Miller, 27, hat die Welt für Frauen besser gemacht

Dieses Memoir ist kämpferisch, zart und in Passagen, ja, heiter. So stelle ich mir die Frau dahinter vor, die keine Angst hat, sich selbst „Opfer“ zu nennen, weil sie weiß, dass sie so viel mehr ist, und die weiß: Man muss Dinge klar benennen, um Strukturen zu verändern. Strukturen, die Frauen eine Mitschuld geben, wenn sie vergewaltigt werden: zu sexy! Zu betrunken! Zu unvorsichtig! Miller wurde 2015 nach einer Party vergewaltigt. Sie war bewusstlos. Der 19-jährige Täter wurde zu sechs Monaten Haft und drei Jahren Bewährung verurteilt, weil der Richter fürchtete, ein härteres Urteil hätte „schweren Einfluss“ auf das Leben des jungen Mannes. Noch im Gericht verlas Miller einen flammenden, seitenlangen Brief an den Täter, der später über „Buzzfeed“ um die Welt ging. In der Folge wurde das kalifornische Recht geändert, der Richter abgesetzt, aber vor allem hat Millers Brief betroffene Frauen weltweit gestärkt. Selten habe ich so fühlbar gelesen, was eine solche Tat mit einer Frau macht. Miller lässt hoffen, dass Heilung möglich ist. Und stellt klar, wir müssen etwas ändern. Silvia Feist

Ich habe einen Namen, Chanel Miller, Ullstein, 20 Euro

Bild: Ullstein

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5 / 10

"It's tough kid, but it’s life“

Die Geschichten, die Nora Gantenbrink als Journalistin aufgreift, sind oft tough, sogar die, in denen sie über die Liebe schreibt. Häufiger geht es aber um Verbrechen – und oft um deren Kehrseite, die Trauer der Betroffenen. Was all diese Geschichten verbindet, das ist Gantenbrinks Ton: Der ist klar, geradeaus und zeugt von einer besonderen Offenheit und einem Einfühlungsvermögen, das dazu beiträgt, dass sie sogar zart ohne rührselig kann. Wieso ich das erzähle? Weil Marlene, die Ich-Erzählerin des Romans, Journalistin wie Gantenbrink, genau diesen Ton hat. Nur dass die große Recherche, um die es geht, die Suche danach ist, wer der Mann war, der das Kleinstadtleben mit Frau und Kind, eben Marlene, gegen „Geschichten von Rauschgift, Wahn, langen Reisen und kurzen Affären“ getauscht hat. Wer dieser Dad war, der ihr kurz vor seinem Tod gesagt hat: „It’s tough kid, but it’s life.“ Eine schmerzlich schöne Annäherung, vor allem an sich selbst. Silvia Feist

Dad, Nora Gantenbrink, Rowohlt Hundert Augen, 20 Euro

Bild: Rohwolt

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6 / 10

Wenn die Trauer dich auf Reisen schickt

Sicher, sonderlich logisch ist das Setting des Romans nicht: Da steigt die über ihre Trauer depressiv gewordene Paula, Anfang 20, nachts über die Friedhofsmauer, da sie sich sonst nicht zum Grab ihres kleinen Bruders traut. Sie trifft dort Helmut, um die 80, der auch eine geheime Mission hat. Und macht sich kurzerhand mit ihm auf einen Roadtrip ins Allgäu – ein Versprechen einlösen (Helmut) und vor dem Schmerz fliehen (Paula). So weit, so unwahrscheinlich. Aber: Das schadet der Geschichte nicht, im Gegenteil. Ich habe sie als zauberhaftes Märchen à la Mariana Leky gelesen, war hingerissen vom tiefgründigen, sprachgewitzten Humor der Figuren, berührt von der (allegorisch stark in Worte gefassten) Intensität ihrer Trauer, entzückt von der ungewöhnlichen Freundschaft, die sich auf dem Trip entspinnt. Die etwas kitschigen Küchenwand-Zitate, die Jasmin Schreiber, Bloggerin, Sterbebegleiterin und Biologin, ab und an einstreut, verzeih ich ihr da gern. Christine Ritzenhoff

Marianengraben, Jasmin Schreiber, Eichborn, 20 Euro

Bild: Eichborn

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7 / 10

Ein Fluss voller Edelsteine

Man hatte mir gesagt, Tokarczuk sei schwierig zu lesen. Und nach den ersten paar Seiten dachte ich: „Oh je!“ Es ist ein Buch der Sprünge: Kleine Abschnitte, Beobachtungen einer Ich-Erzählerin wechseln mit so etwas wie Mini-Novellen, je um die 30 Seiten lang (und allesamt großartig überraschend). Bis ich verstehe, wer hier zu mir spricht – vielleicht die Autorin, in jedem Fall aber eine Frau, die durch die Welt reist – brauche ich etwas. Dann aber mäandern und hüpfen die Geschichten wie ein mal sanfter, mal sprudelnder Fluss des Lebens: voller blitzender Bilder und interessanter Wendungen. Tokarczuks Mitbringsel von Flughäfen, Abendessen, Museen sind schimmernde Edelsteine, die sie aus dem Wasser gefischt und zu sprachlichen Brillanten poliert hat. Es ist kein bisschen kompliziert: Einfach einsteigen und mitreisen! Christine Ellinghaus

Unrast, Olga Tokarczuk, Kampa, 24 Euro

Bild: Kampa

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8 / 10

Wenn der Traum platzt

Drei Frauen in ihren Dreißigern im hippen London: Da ist Cate, die mit dem Muttersein hadert. Lissa steht vor einem Neuanfang. Und Hannah führt ein erfülltes Leben, kann aber nicht schwanger werden – was ist all ihr Glück dann noch wert? Anna Hope erzählt von Frauen, die sich fragen, was aus den Träumen geworden ist, die sie für ihr Leben hatten. Kann man alles haben? Eine erfüllende Partnerschaft, gierigen Sex, eine erfolgreiche Karriere und glückliche Familie? Die Autorin zeigt ihre Heldinnen ungeschminkt. Wir teilen ihre Scham, ihren Stolz und den Neid auf das vermeintlich perfekte Leben der anderen – und das fühlt sich so echt an, als würde man einer guten Freundin zuhören. Kein Wunder, Anna Hope schöpft ihre Figuren aus ihrer eigenen Innenwelt: Sie spiegeln Teile von Hopes Selbst und weisen dennoch über sie hinaus. So ist dieser Roman eine Abrechnung mit den Erwartungen einer Generation, die alles für möglich hält – und gerade daran zu zerbrechen droht. So einfühlsam, so klug, so ehrlich. Eine echte Inspiration zur Selbstreflexion! Janis Voss

Was wir sind, Anna Hope, Hanser, 22 Euro

Bild: Hanser

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9 / 10

Das Prinzip Wut

Enttäuscht von der ersten großen Liebe setzt die junge Französin Aurélie auf einen Neustart in Paris. Statt beruflichem Erfolg und Aufbruchstimmung erwarten sie ein Job als Empfangshostess und ein Bett im Hostel. Marion Messina zeichnet das wütende Bild einer desillusionierten Jugend. Trotz ihres hohen Bildungsniveaus dümpeln die Protagonisten in prekären Arbeitsverhältnissen vor sich hin und stecken in emotional so unbefriedigenden wie unverbindlichen Beziehungen, die jedoch in unserer digitalisierten Lebenswirklichkeit normal zu sein scheinen. In Frankreich wird die Autorin gefeiert und mit Houellebecq verglichen – berechtigt, auch wenn es stellenweise wirkt, als huldige eine schlaue Musterschülerin ihrem literarischen Meister. Doch wie Messina mit feiner Ironie und viel Gespür für Provokation gesellschaftliche Missstände seziert, macht klar, da wächst gerade eine starke Stimme der Generation Y heran! Katharina von Freyburg

Fehlstart, Marion Messina, Hanser, 18 Euro

Bild: Hanser

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10 / 10

Erwachsen werden in New York

Warum tust du dir das an, wollte ich Anti-Heldin Andrea anfangs auf gefühlt jeder Seite fragen. Die verkorksten Affären, die allein geleerten Flaschen Wein ... – am liebsten hätte ich sie geschüttelt. Zumal Andrea, die meiste Zeit des Buchs in ihren 30ern, das alles selbst weiß; denn sie ist klug, sie ist witzig, schlagfertig, empfindsam und ihre Neurosen haben New Yorker Glam, weil in der Über-Stadt alles cool wirkt, selbst wenn man seine Möbel auf dem dem Sperrmüll zusammensuchen muss ... In Rückblenden nimmt Jami Attenberg mit in Andreas Leben, schält Schicht um Schicht die Verletzungen hervor, sodass ich ihrer Lebensheldin unglaublich nah komme, miterlebe, wie sie mit 40 erwachsen wird, und sie gern zur Freundin hätte. Sehr mein Ding! Silvia Feist

Nicht mein Ding, Jami Attenberg, Schöffling & Co., 22 Euro

Bild: Schöffling & Co.

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