Immer mehr Menschen wollen ihr Leben nicht mehr nur an Maßstäben wie Erfolg oder Geld messen, sondern viel lieber ihren "Purpose" finden. Warum das wichtig ist, insbesondere für junge Menschen, erklärt die Spezialistin für Purpose Coaching Julia Peters.
Es scheint ein neues Modewort zu sein und taucht in unzähligen Veröffentlichungen im Netz und auf Social Media auf: "Purpose", zu Deutsch Sinn, wird gerne als das "Wofür" oder "Warum" im Leben beschrieben. Während eine Sinnkrise früher als etwas Peinliches galt, das Betroffene verheimlichten, ist die Suche nach dem Sinn des Lebens mittlerweile salonfähig geworden. Mehr noch als das: Sie scheint ein echtes Bedürfnis unserer Zeit zu sein. Aber warum ist das so? Und wofür ist die Auseinandersetzung mit unserem ganz persönlichen "Warum" so sinnvoll, gerade für junge Menschen?
Die Frage nach dem Sinn scheint immer dann aufzutauchen, wenn unsere bis dahin gut funktionierenden Lebensrezepte nicht mehr tragfähig sind
Julia Peters, Spezialistin für Purpose CoachingTweet
Sinn gibt Halt und Orientierung, wenn im Außen alles instabil wird
Die Suche nach dem Lebenssinn ist kein neues Phänomen. Prof. Dr. Tatjana Schnell, Psychologin und Sinnforscherin, beschreibt in ihren Forschungen, dass etwa 70 Prozent aller Menschen sich irgendwann im Laufe ihres Lebens mit der Sinnfrage konfrontiert sehen. Oft sind krisenhafte Einflüsse wie der Verlust von geliebten Menschen, Arbeitslosigkeit oder gesundheitliche Probleme der Auslöser dafür. Die Frage nach dem Sinn scheint immer dann aufzutauchen, wenn unsere bis dahin gut funktionierenden Lebensrezepte nicht mehr tragfähig sind und wir eine Neuausrichtung brauchen. Wenn der Halt durch äußere Bezugspunkte ins Wanken gerät, wenn wir von außen in unserer Einbindung zutiefst erschüttert werden, dann wird die Sinnfrage für die meisten von uns relevant.
Wenn man sich ansieht, was gerade alles in der Welt passiert, ist es nicht weiter verwunderlich, dass viele gerade den Halt verlieren. Wir erleben beinahe tagtäglich neue Dynamiken in der Arbeitswelt und in unserer Gesellschaft, die geprägt ist von Schnelllebigkeit, Komplexität und Ungewissheit. Dazu kommen Klimakrise und Krieg. All das löst Ängste bei uns aus. Gleichzeitig fallen viele gesellschaftliche Normen, die auch Haltgeber für viele waren, plötzlich weg. Da verliert man schnell die Orientierung. Und die Sicherheit. Denn während früher das Elternhaus, Familie, Nachbarschaft oder auch Kirche einen großen Einfluss auf uns hatten, gilt mittlerweile, dass jede:r sein eigenes Glück in der Hand hat. "Du kannst alles erreichen, was du willst", lautet ein beliebtes Social-Media-Mantra. Aber ist das wirklich so?
Die Qual der Wahl sorgt für Unsicherheit – besonders bei jungen Menschen
Den Druck dieser Mentalität verspüren ganz besonders die Jüngeren, um deren Zukunft es vor allem geht und die als Digital Natives (sozialen) Medien und deren Erwartungshaltung besonders ausgesetzt sind. Generell ist ihr Leben stark von Unsicherheit geprägt. Alte Rezepte funktionieren nicht mehr. Neues ist (noch) nicht wirklich in Sicht. Bei der Vielzahl der Möglichkeiten wird der Bedarf nach Orientierung und Sicherheit immer größer. Wer die Wahl hat, der hat die Qual. Hat man seinen ganz persönlichen Sinn gefunden, wird einem die Auswahl erleichtert und Sicherheit und Vertrauen geschenkt. In diesem Meer der Möglichkeiten bietet die Beschäftigung mit dem eigenen Lebenssinn tatsächlich einen Weg zu einem authentischen und erfüllten Leben.
Die Beschäftigung mit dem eigenen Sinn ist motivierend und kraftgebend
Julia PetersTweet
Dafür müssen wir uns bewusst Zeit und Raum nehmen und intensiv an uns arbeiten, um unserem "Wofür" selbst auf die Spur zu kommen. Einiges davon können wir über ehrliche Selbstreflexion schaffen, etwa durch Fragen nach den eigenen Stärken und dem eigenen Wertesystem oder auch einer Analyse des bisherigen Lebens. Was motiviert uns ganz besonders? Wofür stehen wir morgens gerne auf? All das stärkt zusätzlich auch das Selbstvertrauen.
Sinngebung motiviert
Jede:r von uns kann seinem oder ihrem Leben Sinn geben. Und erfahrungsgemäß ist die Beschäftigung mit dem eigenen Sinn eine sehr motivierende und kraftgebende Angelegenheit. Wenn wir wirklich hinschauen und uns bemühen, wahrzunehmen, was uns berührt, fasziniert und erfüllt, und anfangen, daraus unsere Konsequenzen zu ziehen und in kleinen Schritten im täglichen Leben etwas zu ändern, dann werden wir bald einen großen Unterschied in unserer Lebensqualität wahrnehmen. Auch negative Erfahrungen der Vergangenheit können in diesem Zusammenhang angesehen und integriert werden. Mithilfe eines Coachings oder einer Psychotherapie können selbst schwierige Lebenssituationen und -erfahrungen zu einer Art Sinngeber werden.
Unser eigener Purpose liefert und Zufriedenheit und Erfüllung, gibt uns in schwierigen Zeiten auch Halt, Orientierung und neue Energie. Jeder Mensch, der seinen persönlichen Sinn (er)lebt, trägt dazu bei, sich selbst zu zentrieren und ein freudvolleres Leben zu haben. Wir leben wieder vertrauensvoller und unabhängiger davon, was im Außen passiert. Mit diesem ersten persönlichen Schritt leisten wir gleichzeitig einen Beitrag zum großen Ganzen. Wir können vielleicht nicht sofort die ganze Welt retten, sondern fangen einfach mal bei uns selbst an. Und wer weiß, was dann geschieht...
Über die Autorin:
Julia Peters ist Coachin, Talentmanagerin und Spezialistin für Purpose Coaching sowie Female Leadership Coaching. In ihrem Podcast #neuestärke bietet sie ihren Hörer:innen Know-How und Inspiration rund um die Themen innere Stärke und Sinnfindung. Außerdem ist sie Mitbegründerin des "The Purpose Network", einer Community zertifizierter Purpose Coaches.
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