Yoga ist ihr Leben. Verbiegen will Mady Morrison sich trotzdem nicht. Aber wie bleibt man ganz bei sich, während Millionen Follower:innen zusehen?
Die ideale Work-Life-Balance. Vom Ankommen im Wunsch-Leben – davon träumen wir doch irgendwie alle. Und Mady Morrison, die mit ihren gigantisch erfolgreichen Yoga-Tutorials Millionen erreicht, könnte genau für dieses Ziel stehen. Aber das interessiert die 33-Jährige gar nicht. Stattdessen nimmt die Berlinerin uns mit auf ihren Weg, teilt die schönen Momente mit ihrem Freund Danny und dem gemeinsamen Hund Nyle, aber genauso den Stress am Flughafen oder die Nachtschichten beim Video schneiden. Nicht alles in ihrem Leben ist eben yogisch-entspannt. In unserem ja auch nicht. Zum Glück. Denn vielleicht lernen wir viel mehr daraus, gemeinsam unterwegs zu sein, als ein Ziel zu erreichen ...
Viele kennen dich als Yoga-Lehrerin und haben sich über die Jahre ihr eigenes Bild von dir gemacht. Wie würdest du dich selbst beschreiben?
Ich bin ein Rockchild und ein Doglover, ich liebe Tiere. Und ich bin tatsächlich superperfektionistisch und detailverliebt. Also Steinbock durch und durch. Ich hänge mich immer wieder an Details auf – und gebe immer 100 Prozent.
Klingt, ehrlich gesagt, auch anstrengend. Gerade wenn man sein eigenes Produkt ist: in Videos, im Blog, bei einem Shooting wie unserem ...
Ich verstehe mich gar nicht so sehr als mein eigenes Produkt. Mein Produkt ist das Yoga-Video, das technisch einwandfrei sein muss und alle abholt. Entsprechend kann ich hier meine persönliche Eitelkeit auch zurückstellen. Und ob meine Haare gut liegen oder ob mein Mascara verschmiert ist, ist dann absolut zweitrangig. Um das bestmögliche Yoga-Erlebnis für meine Zuschauer:innen zu erreichen, zählen andere Aspekte: Wie gut hört man meine Stimme? Wie gut erkennt man die Asanas? In der Hinsicht bin ich nach wie vor anspruchsvoll. Was einfach nur bedeutet, dass die Produktion länger dauert und ich andere Leute manchmal in den Wahnsinn treibe. (Sie lacht.)
Deinen Freund Danny zum Beispiel. Er ist dein engster Mitarbeiter. Wie gelingt es euch, in der Liebe und im Job ein gutes Team zu sein?
Es ist eine Herausforderung. Klar. Anfangs fiel es ihm schwer, Kritik von mir nicht persönlich zu nehmen. Aber wir haben uns gut eingegroovt. Bevor wir uns entschlossen haben, so eng zusammenzuarbeiten, waren wir ja auch schon lange ein Paar. Wir wussten: Wir gehen uns nicht auf die Nerven. Und in der Arbeit hat jeder sein Aufgabengebiet. Da lassen wir einander den Expertenstatus. Ich übernehme eher den kreativen Part, er den technischen. Außerdem haben wir uns unseren unermüdlichen Humor bewahrt, der uns vor allem, wenn es gerade richtig unangenehm und anstrengend wird, den Allerwertesten rettet.
Trotzdem sieht man ihn selten in deinen Posts. Wie entscheidet ihr, ob ihr Privates mit der Community teilt?
Früher habe ich generell mehr Privates geteilt. Aber als der Account immer größer wurde, bin ich zurückhaltender geworden. Es ist einfach etwas anderes, wenn man sich vorstellt, dass mal eben 300.000 Menschen oder mehr so einen Post ansehen.
Auch weil die Follower:innen jede Kleinigkeit deuten und kommentieren?
Klar, aber im Grunde ist es egal, was man macht. Ob es um Essen, Kleidung, Reisen geht: Es wird immer jemanden geben, der meckert. Aber Erfolg oder Expansion geht eben immer nur in beide Richtungen. Wo Anerkennung ist, ist auch immer Kritik. Wo Sympathie ist, ist auch immer Antipathie. Ganz normal.
Auch dein Körper wird kommentiert. Dabei machst du ihn in deinen Posts bewusst nicht zum Thema. Wieso?
Yoga ist kein Wettkampf! Es geht nicht darum, möglichst flexibel zu sein oder eine bestimmte Form zu erreichen. Als ganzheitliches Konzept möchte uns Yoga dabei unterstützen, eine starke Herzensverbindung mit uns selbst einzugehen und Körper, Geist und Seele in Balance zu bringen. Am Ende geht es vor allem darum, sich selbst, seinem Körper und seinem Geist etwas Gutes zu tun! Ich finde es schöner, wenn man nicht von außen nach innen arbeitet, sondern mit dem Inneren beginnt. Und der Glow von innen dann nach außen strahlt. Zugleich versuche ich, die Schüler:innen auf Benefits jenseits vom Äußerlichen zu lenken. Beweglicher zu werden, etwa. Ich finde es viel schöner, sich zum Ziel zu setzen, auch im Alter beweglich, mobil und frisch zu sein, statt irgendein Gewicht XY auf der Waage zu erreichen.
Denkst du mit deinen Anfang 30 denn bereits über das Altwerden nach?
Auf jeden Fall! Ich sehe das ja bei meiner Oma. Die ist jetzt 87. Und macht schon ihr Leben lang Yoga, jeden Morgen. Sie macht ihre Wechselduschen, ihr Trockenbürsten und kann immer noch auf einem Bein balancieren. Ich finde das total inspirierend. Später möchte ich auch so fit sein. Meine Oma hat früher selbst Yoga unterrichtet. Sie hat mir ihre Bücher aus den 70ern und 80ern gegeben, mir das also auch ein bisschen vorgelebt.
Habt ihr ein besonders enges Verhältnis zueinander?
Schon. Meine Mama ist beim Film. Sie war oft auf Auslandsproduktionen. Und ich war bereits mit 16 für mehrere Wochen alleine zu Hause. Ich wurde sehr selbstständig erzogen. Meine Oma hat immer ein Auge auf mich geworfen, war meine Bezugsperson. Sie hatte ja kein einfaches Leben: geflüchtet, drei Kinder, kleine Miniwohnung, viel Arbeit. Aber einfach durch ihr Sein und ihr Vertrauen in sich und andere hat sie mir viel Sicherheit gegeben.
Ist das ein Urvertrauen, das dir geholfen hat, Dinge anders zu machen, Neues auszuprobieren?
Auf jeden Fall. Und es stimmt, dass ich vieles mit mir selbst ausmache. Ich bin ein kleiner Einsiedlerkrebs. Ich funktioniere nicht über ein großes Netzwerk, sondern eher über eine klare Vision. Am Anfang wurde ich dafür auch belächelt. Ich war ja noch sehr jung. Viele meinten, man könne das Erlebnis einer Yoga-Session nicht auf den Bildschirm transportieren.
Zuletzt hast du neben deinen Videos Yoga-Wear auf den Markt gebracht. Was kommt als nächstes?
Ich möchte wieder mehr Meditations-Videos für Youtube produzieren. Ansonsten frage ich mich aktuell eher: Wo kann ich weniger machen? Mir ist Freiheit superwichtig. Je mehr Verpflichtungen ich eingehe, umso mehr beschneide ich mir diese Freiheit.
Dieser Artikel erschien erstmals in EMOTION 10/23.
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