Wir machen in unserem Leben gute und schlechte Erfahrungen, große und kleine. Sie prägen uns in unserer Wahrnehmung - oft mehr als uns lieb ist. Zum Glück können wir den Spieß aber umdrehen und dieses "Priming" für uns nutzen.
Priming – so nutzen wir die Bequemlichkeit unseres Gehirns
Unser Gehirn macht Abkürzungen, wo es nur kann. Ein neuer Reiz wird daher immer mit bestehenden Erfahrungen abgeglichen – oft mit den letzten, die wir gesammelt haben oder mit besonders bewegenden. Das ist effizient, birgt aber auch Gefahren. Wir reagieren über oder sind offen für Manipulationen von außen. Die Werbebranche macht sich solche psychologischen Effekte zum Beispiel zunutze, weil dieser Prozess meist unbewusst abläuft.
Ein Wort, ein Bild, ein Geruch, eine Geste – Was macht das mit uns?
Priming oder Bahnung – mit diesem Begriff wird in der Psychologie der meist unbewusste Einfluss unseres Gedächtnisses auf die Verarbeitung eines Reizes beschrieben. Das kann ein Wort sein, ein Bild, ein Geruch oder eine Geste, die Haltung oder Stimmlage unseres Gegenübers. Auch die sogenannte Filterblase ist eine Art des Primings. Durch die Vorauswahl der Informationen in den Medien, die wir nutzen, und deren Wiederholung werden unsere Einstellungen und unser Verhalten verändert. Die Bandbreite ist enorm.
Beim Priming geht es grundsätzlich immer um Emotionen.
Christina KroppTweet
Um eins geht es beim Priming aber grundsätzlich immer: um Emotionen. Und die Emotionen bestimmen, wie wir auf einen Reiz reagieren und im Anschluss an ihn handeln. Kaufst du im Supermarkt öfter mal frisches Brot, obwohl noch ein halbes zu Hause im Schrank und noch zwei im Tiefkühlfach liegen? Weil du dem Duft von frischem Brot (unbewusst) nicht widerstehen kannst? Weil du weißt, wie gut frisches Brot schmeckt? Viel besser als das, was zu Hause liegt. Weil es dir suggeriert, du würdest deiner Familie ein mit Liebe gebackenes frisches Brot servieren? Ja sogar eine Behaglichkeit des "Ich gönn mir/uns was" stellt sich ein? Auch und gerade weil du vielleicht oft zu wenig Zeit hast, deine Familie zu verwöhnen.
Oder stell dir vor, dein Chef oder deine Chefin kommen morgens ins Büro und knallen die Tasche auf den Tisch. Was denkst du? Klar: schlechte Laune Alarm. Und das beeinflusst deinen Gemütszustand sicher gleich mit.
Sich vor Manipulationen schützen
Bei traumatischen Erlebnissen kann das Ganze natürlich noch viel dramatischer werden und die eigenen Emotionen haben einen fest im Griff oder halten einen zurück, ein freies und selbstbestimmtes Leben zu führen. Aber auch von den kleinen Manipulationen im Alltag müssen wir uns nicht beherrschen lassen.
Diesen Text zu lesen ist schon einmal ein guter Schritt. So werden unbewusste Prozesse ins Bewusstsein geholt und können genauer betrachtet werden. Und dann ein Tipp, der für viele Situationen passend ist: Bei sich bleiben! Wer sich nicht ständig im Außen, sondern bei sich im Inneren orientiert, ist klar im Vorteil. Die Signale von anderen oder andere äußere Reize, die negativ wirken könnten, werden so abgewehrt oder zumindest abgeschwächt. Andere und äußere Umstände, die wir eh nicht beeinflussen können, haben weniger Macht und Einfluss auf uns. Der zweite Schritt ist der Blick nach innen. Wenn du dir deiner Emotionen und woher sie rühren, bewusst wirst, kannst du sie besser einordnen und deine Entscheidungen selbstbestimmt treffen statt im Affekt wie ein aufgescheuchtes Huhn zu regieren. Diese Klarheit gibt Ruhe, Gelassenheit und Fokus. "Gefahr erkannt – Gefahr gebannt" sagt man ja so schön.
Den Priming-Effekt zum eigenen Vorteil nutzen
Ich halte nichts davon, andere wissentlich zu manipulieren. Das ist natürlich auch möglich, in dem man eine entsprechende Sprache nutzt oder sich bestimmte Gesten aneignet. Aber ganz nach dem Motto "Bei sich bleiben" gibt es gute Tipps, mit denen man sich selbst primen und in einen guten Zustand versetzen kann.
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Vermeide das Wörtchen "nicht"
Bei dem Wort "nicht" entsteht kein Bild im Kopf. Was soll das sein, das Nichts? Es wird vom Gehirn daher immer wieder getilgt, weshalb wir es auch direkt weglassen sollten. Der Tipp ist übrigens auch wunderbar für die Kindererziehung. Denn bei dem Satz "Lauf nicht auf Socken", sehen wir ein Bild von einem Kind das auf Socken läuft. Im Gegenstück: "Zieh Dir Puschen an" – ein ebenso klares Bild. Was ist das gewünschte Ergebnis? Oder: "Denke jetzt nicht an die Freiheitsstatue in New York!" Woran denkst du? Ganz genau!
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Positive Bilder schaffen und Worte nutzen
Gleiches gilt für den Job. Es macht einen riesen Unterschied, ob ich in ein Gespräch mit dem Gedanken hineingehe "Ich möchte diesen Auftrag nicht verlieren" oder ob ich aufmerksam fokussiert bin und überlege "Was braucht der Kunde genau?". Wenn du etwas erreichen willst, was zunächst unmöglich scheint, benutze das Wort "noch". Sage "Ich kann den Marathon noch nicht am Stück laufen". Das gibt dem Gehirn die Botschaft, dass es passieren wird. Sagen wir uns "Ich kann nicht 42 Kilometer laufen" ist das endgültig. Wenn wir nicht aufpassen, was wir uns selbst erzählen, fängt der Kopf an zu rattern und spielt durch, was alles passieren könnte. Kopfkino vom Feinsten mit der großen Palette an Emotionen oder sogar Angst. Kein guter Start, ob nun für ein überzeugendes Gespräch oder einen Langstreckenlauf.
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Kleine Auszeit
Wer schon mitten drin ist im Gedankenkarussell, sollte sich eine kleine Auszeit nehmen. Sich eine Tasse Tee oder einen Kaffee machen und sich bewusst machen, dass Angst oft eine Illusion ist. Sie entsteht aus Erfahrungen und Befürchtungen, die oft gar nicht wahr, sondern nur in unserer Phantasie entwickelt sind. Das Gefühl ist natürlich real, aber wir können lernen, Abstand zu gewinnen.
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Feiere deine "Moments of excellence"
Erfolge müssen gefeiert werden. Statt direkt zum nächsten Tagesordnungspunkt oder der nächsten Etappe, die wir uns setzen, zu hetzen. Wer eine Situation besonders gut meistert, Lob bekommt oder sogar Applaus im Anschluss an eine Performance oder einen Vortrag, sollte diesen Moment voll auskosten. Den Erfolg im wahrsten Sinne einatmen und gleichzeitig durchatmen! Wer das tut, den können diese Erfolge auch durch andere Situationen tragen.
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Sich mit den richtigen Dingen umgeben
In sich selbst beziehungsweise in sein Äußeres zu investieren wirkt nicht nur nach außen. Wir können uns mit ihnen selbst primen. Das kann eine teure Uhr oder tolle Schuhe sein, die uns selbstbewusster machen. Nicht einfach, weil die Dinge teuer sind, sondern weil beispielsweise Coco Chanel eine starke und unabhängige Frau mit Geschichte ist, die uns im Falle eines Falles mal den Rücken stärkt. Schöne Visitenkarten, die wir gerne weitergeben.
Unsere Gastautorin Christina Kropp ist Business Coach und Unternehmerin und coacht dort, wo andere Urlaub machen – in Husum und an der Costa Brava. Mentaltraining, in dem sie auch andere ausbildet, ist meistens ein fester Bestandteil ihrer Arbeit. Für alle, die feststecken oder sich einfach "meer vom Leben" wünschen, hat sie ihr Auszeit-Coaching entwickelt. Ihre Coachees leben in einem Luxus-Wohnwagen direkt am Meer. Das eigentliche Coaching findet mal auf einer Wattwanderung, dem Rad oder im Strandstuhl am Meer statt.