Kann man sein Glück beeinflussen? Gibt es ein Geheimrezept dafür? Professor Karlheinz Ruckriegel, seit Jahren dem Glück auf der Spur, verrät uns, wie wir aktiv glücklich werden.
Lässt sich Glück beeinflussen?
Es ist etwas völlig subjektives, trotzdem sind wir alle auf der Suche danach: Glück. Schon der Klang des Wortes ist vielleicht ein kleines bisschen schöner als der von anderen. Was dieses wohlige Gefühl ausmacht, ob wir es beeinflussen, ja sogar messen können - darüber haben wir mit Professor Karlheinz Ruckriedel gesprochen. Er beschäftigt sich seit Jahren an der Technischen Hochschule Nürnberg mit dem Thema Glück und verrät uns als Experte auf diesem Gebiet auch ein paar seiner Glücks-Geheimnisse.
emotion.de: Gibt es eine Definition von Glück?
Karlheinz Ruckriedel: In der Glücksforschung beschäftigt man sich mit Glück im Sinne des Glücklichseins, also mit dem subjektiven Wohlbefinden und nicht mit dem "Glückhaben", also dem Zufallsglück. Glück ist also immer subjektiv. Und es gibt zwei Ausprägungen des subjektiven Wohlbefindens. Da wäre zum einen das "Emotionale" Wohlbefinden, bei dem es um unsere Gefühlslage im Moment geht, meistens um das Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt. Und dann wäre da noch das "Kognitive" Wohlbefinden, das den Grad der Zufriedenheit mit dem Leben beschreibt. Hier findet eine Abwägung zwischen dem, was man will und dem, was man hat, statt.
Wie äußert sich Glück eigentlich?
Ein glücklicher Mensch empfindet häufig positive und erfährt seltener negative Gefühle und er ist in hohem Maße mit seinem Leben zufrieden. Er sieht einen Sinn in seinem Leben, verfolgt also sinnvolle Ziele. In Zahlen ausgedrückt weisen Forschungsergebnisse darauf hin, dass das Verhältnis von positiven zu negativen Gefühlen im Tagesdurchschnitt mindesten 3:1 sein sollte.
Kann man messen, ob ein Mensch glücklich ist?
Ja, natürlich. Zur Datenerhebung werden in groß angelegten Umfragen einzelne Teilnehmer über ihre Lebenszufriedenheit und zunehmend auch über ihr emotionales Wohlbefinden befragt. Eines der am häufigsten verwendeten Datensätze ist das Sozio-oekonomische Panel (SOEP). Die Befragten haben zum Beispiel die Möglichkeit, ihre Lebenszufriedenheit allgemein, aber auch in speziellen Bereichen wie Arbeit und Familie auf einer Skala von 0 – 10 ("ganz und gar unzufrieden" bis "ganz und gar zufrieden") zu bewerten.
Sie haben einmal gesagt "Glück ist etwas Aktives". Klingt nach guten Nachrichten. Also kann man Glück aktiv beeinflussen, ja vielleicht sogar herbeiführen?
Ja, wir können schon Einiges tun, um glücklich zu sein. Die Glücksforschung hat eine Reihe von Glücksaktivitäten identifiziert.
Mit diesen Strategien werden wir glücklicher:
- Realistische und sinnvolle Ziele setzen. Sinnvolle Ziele steigern das Selbstwertgefühl, sie schenken Zuversicht und ein Gefühl der Handlungsfähigkeit
- Dankbarkeit üben und dadurch die Welt realistischer wahrnehmen und seine Stärken herausfinden
- Optimismus trainieren
- Grübeleien und soziale Vergleiche vermeiden
- Hilfsbereitschaft stärken
- Soziale Kontakte vertiefen (Rücksicht zeigen, Anerkennung, Wertschätzung und Aufmerksamkeit schenken)
- Bewältigungsstrategien für Stress und Schwierigkeiten entwickeln
- Vergeben lernen, loslösen und –lassen
- Im Hier und Jetzt leben (den Augenblick genießen, achtsam sein)
- Flow-Effekte suchen (Aufgehen in dem, was man tut)
- Mit Religion und Spiritualität beschäftigen (übergeordnete Sinnfrage)
- Für den Körper sorgen (Bewegung, Ernährung, Gesundheitsbewusstsein)
Warum sind wir ständig auf der Suche nach unserem Glück?
Letztlich geht es doch darum, sich wohlzufühlen. Schon Aristoteles hat im Glück das letztendliche Ziel irdischen Lebens gesehen.
Können wir Menschen auch dann glücklich sein, wenn wir nie unglücklich sind oder waren?
Das ist eine rein theoretische Frage, da es wohl kaum jemanden gibt, dem nichts Negatives im Leben passiert. Negative Gefühle gehören zum Leben. Letztlich kommt es auf das Verhältnis zwischen positiven und negativen Gefühlen an. Und daran können wir arbeiten.
Tut uns Glück immer gut?
Wer etwas dafür tut, glücklicher zu werden, der fühlt sich nicht nur subjektiv besser, sondern hat auch mehr Energie, ist kreativer und stärkt sein Immunsystem. Aber er festigt auch seine Beziehungen, arbeitet produktiver und erhöht seine Lebenserwartung. Sonja Lyubomirsky, eine weltweit renommierte Forscherin auf diesem Gebiet der Psychologie, spricht hier von der lohnendsten Anstrengung im Leben.
Können wir Glück auch teilen?
Ja. Menschen die glücklich sind, strahlen das nach Außen aus und wirken sozusagen ansteckend.
Macht (viel) Geld denn nun glücklich? Oder nur unbeschwert?
Jeder Mensch benötigt zwar ein gewisses Grundeinkommen, aber letztlich macht viel Geld nicht glücklicher. Das lässt sich auch wissenschaftlich belegen: Seit den sechziger Jahren ist das Pro-Kopf-Einkommen in den westlichen Nationen kontinuierlich gestiegen. Die Menschen können sich heute mehr leisten als früher, trotzdem sind sie nicht glücklicher geworden.
Oft ist von sogenannten Glücksfaktoren die Rede. Was ist damit gemeint?
Die interdisziplinäre Glücksforschung hat sich intensiv mit der Frage beschäftigt, welche Faktoren für unser subjektives Wohlbefinden wichtig sind. Man spricht in diesem Zusammenhang eben von den angesprochenen Glücksfaktoren, die die Quelle des subjektiven Wohlbefindens sind. Im Einzelnen wurden von der Glücksforschung folgende sechs Faktoren identifiziert:
1. Liebevolle soziale Beziehungen
2. Physische und psychische Gesundheit
3. Engagement und befriedigende Arbeit bzw. Aufgabe
4. Persönliche Freiheit
5. Innere Haltung
6. Einkommen zur Befriedigung der materiellen (physischen) Grundbedürfnisse
Dankbarkeit ist Ihrer Meinung nach ein wichtiges Kriterium, um glücklich zu sein. Sie raten deshalb dazu, ein Dankbarkeitstagebuch zu führen. Besitzen Sie selbst auch eines?
Natürlich.
Sie sind Glücksforscher und wissen, wie es geht. Macht Sie das zu einem besonders glücklichen Menschen?
Das Problem von vielen Menschen ist doch, dass sie zwar ein glückliches Leben möchten, ihnen aber irgendwie der Bauplan dazu fehlt. Die Glücksforschung zeigt auf wissenschaftlicher, empirischer Grundlage, was für ein glückliches und zufriedenes Leben wichtig ist. Und offen gestanden: Ich habe davon schon sehr profitiert.
Haben Sie ein exklusives Glücks-Rezept für unsere EMOTION Leserinnen?
Ich schlage vor, für einige Zeit, ungefähr zwei bis drei Monate, ein Glückstagebuch zu führen. Mehrmals die Woche sollten drei auch noch so kleine Dinge, für die wir dankbar sein können, festgehalten werden. Wir Menschen nehmen nämlich die negativen Ereignisse viel intensiver wahr und vergessen darüber leicht das Positive. Mit dieser Übung nehmen wir positive Ereignisse danach viel bewusster wahr. Sollte dann mal ein schlechter Tag kommen, erinnern wir uns leichter an das viele Positive. Und schon kommen wieder positive Gefühle allein durch diese Erinnerung auf. Denken Sie immer an 3:1.
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Kleine Glücks-Nachhilfe
Falls du noch etwas Nachhilfe in Sachen Glück brauchst, verweisen wir auf Sänger und Rapper Pharrell Williams. Denn er hatte eine wirklich unglaubliche Idee. In einer Endlosschleife präsentiert er seinen Hit "Happy" im längsten Musikvideo der Welt online. Kinder, Frauen, Männer, ja sogar Stars wie Steve Carell und Jamie Foxx tanzen von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang durch die Straßen.
Wir haben hier die Hamburg Edition von "Happy", damit auch du dich heute ein bisschen glücklich tanzen kannst: