Stress bei der Arbeit? Kennen wir alle. Die richtige Atmung kann uns dabei in vielen Situationen ein wenig helfen. Christine Schmid ist Atem und Holistic Life Coach und zeigt uns, wie wir durch richtiges Atmen entspannter bei der Arbeit werden.
EMOTION: Christine, wie kann mir bewusstes Atmen Freude bringen?
Indem du es einfach tust und täglich bewusstes Atmen praktizierst. Finde eine Übung, wie z.B. die Kohärenzatmung. Diese integrierst du jeden Tag. Du wirst merken, welchen Unterschied es in deinem Alltag macht. Du fühlst dich fokussierter und die Freude daran kommt von ganz allein. Das kohärente Atmen kennt diese Grundsätze:
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Bauch-Zwerchfell-Atmung
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Entspannte, kleinere Atemzüge. Das heißt, wenn du ein Bedürfnis hast mehr zu atmen, bleib bei den kleinen Atemzügen, die eher einen Atemhunger hervorrufen.
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Gleich lange Ein- und Ausatmung ohne Pause. z.B. 3 Sekunden einatmen. 3 Sekunden ausatmen. Dies kann man auch variieren. Auf 4 oder 5 Sekunden.
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Langsamer Atemrhythmus (4 – 8 Atemzüge/Minute)
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Mittlere Atemtiefe (Bewegung des Zwerchfells)
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Entspannung der Ausatmung (Loslassen der Muskelaktivität beim Ausatmen).
Du empfiehlst, als tägliche Routine 100 Atemzüge bewusst zu atmen. Wie geht das?
Ich empfehle nicht nur die 100 Atemzüge, sondern eine tägliche Praxis. Die 100 Atemzüge ist eine davon. Diese empfehle ich aber nur Menschen, die schonmal mit mir geatmet haben oder eine Anleitung per Video haben. Ansonsten ist das Einfachste der Welt mit einer täglichen Routine zu beginnen, in dem man darauf achtet im Alltag ausschließlich über die Nase zu atmen. Auch mit Maske auf, beim Sport, spazieren gehen, körperlichen anstrengenden Tätigkeiten etc. Mund zu. Nasenatmung. : ) Und die Kohärenzatmung eignet sich auch sehr gut im Alltag, um eine tägliche Routine selbst zu starten. Sie ist simpel und überall und jederzeit zu praktizieren.
Deine Atem-Webinare enthalten auch ganz oft wilde Tanzeinlagen. Sollten wir die auch in unseren Arbeitsalltag einbauen?
Klar – ich mache das auch! Das Tanzen hilft uns, unsere angestaute Energie, Verspannungen, emotionalen Stress in Bewegung zu bringen. Wenn wir im Anschluss an die Körperbewegung eine Atempraxis anschliessen, ist es eine perfekte Kombination für den Körper und bringt den Geist zur Ruhe. Nach dem Tanzen und Atmen fühle ich mich immer besser. Freier und entspannter.
Etwa 28 Prozent aller Erwachsenen leiden jährlich in Deutschland an psychischen Erkrankungen, ausgelöst häufig von Stress am Arbeitsplatz. Wie kann Atmen gegen Stress helfen?
Stress ist ein vielschichtiges Thema. Unser Körper unterscheidet nicht, ob wir "nur" gedanklichen Stress haben oder beinahe vom Bus überfahren werden. Bei Stress schaltet der Körper direkt in den sogenannten Kampf- und Fluchtmodus. Der macht sich im Körper und auch bei der Atmung bemerkbar. Man atmet flach in die Brust, in der Regel schneller und vorwiegend durch den Mund. Die schnelle, flache Atmung wiederum suggeriert dem Atemzentrum: Gefahr in Verzug. Der Sympathikus, jener Teil des vegetativen Nervensystems, der für eine Leistungssteigerung sorgt und in Stress- und Notfallsituationen aktiviert wird, wird aktiviert. Das Herz schlägt schneller, Puls und Blutdruck steigen, die Muskeln spannen sich an, das Hormonsystem und auch die Verdauung reagieren. Bei chronischem Stress ist die Überproduktion des Hormons Cortisol, welches langfristig einen negativen Effekt auf unser Immunsystem hat, ein großes Problem. Bei Stress finden wir eine Kettenreaktion vor, die prinzipiell, wenn wir in Gefahrensituationen sind, wichtig ist. Allerdings durch chronischen Stress zum Teufelskreis wird. Die unbewusst verlaufende Atmung passt sich unserem Lebensrhythmus an, wir sind durchweg im Alarmzustand, bei dem auch das Immunsystem leidet. Zusätzlich gehört die Atmung ja zu zu den wichtigsten Entgiftungskanälen. Da rund 70 Prozent der Toxine über sie ausgeschieden werden, hat der flache Atem einen negativen Einfluss auf unsere Abwehrkräfte. Durch die geringere Sauerstoffaufnahme (aufgrund des niedrigeren Kohlendioxidspiegels) gerät der Körper in eine permanente Mangelsituation.
Dieses Interview erschien zuerst im Working Women Newsletter. Jetzt kostenlos anmelden und keine News rund ums Jobtrends, New Work und Gründung verpassen!
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