Laut Managerin Magdalena Rogl – die gerade eine Revolution anführt, für einen guten Umgang mit Emotionen im Job. Hier erklärt sie die wichtigsten sechs.

Gefühle bei der Arbeit? Damit gehen wir meist um wie Aschenputtel bei ihrem Auftrag an die Tauben: die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen. Freut sich jemand, freuen wir uns mit, feiert eine:r Erfolge, stellen wir uns gern mit der Konfetti-Kanone daneben. Aber Trauer, Wut, Angst? Bitte gern vor der Tür. Überhaupt: Sind Emotionen zu Hause nicht besser eingeschlossen, äh, aufgehoben? Magdalena Rogl sagt: Nein! Sie ist "Emotional Evangelist" und seit einem Beitrag mit dem Titel "Wir brauchen mehr Emotionen im Job" die Frau für genau das: Emotionen im Job. Die Microsoft-Managerin, seit 2021 Project Lead Diversity & Inclusion, hat jetzt Erfahrung, Wissen und Forschungserkenntnisse zusammengebracht. Ihr Buch "MitGefühl" ist gerade das meistdiskutierte Business-Buch. Für Working Women, das Job-Magazin von EMOTION, hat sie erzählt, wie man mit Gefühlen im Job umgehen kann: reflektiert und offen. Hier ihre Top 6:
"Wir haben das Recht, wütend zu sein, und manchmal sogar die Pflicht dazu"
Madgalena Rogl im EMOTION InterviewTweet
1. Wut
Anspruchsvoll! Wut kann uns einen Produktivitäts-Booster geben, aber uns auch vor uns selbst erschrecken lassen
Ich hatte eine Phase, da hat mich Wut fast überwältigt, als der Vater meiner Kinder mich verlassen hat. Ich war alleinerziehend, es war klar, ich muss mehr Geld verdienen, meine Arbeit als Kinderpflegerin brachte nicht genug ein. Ich habe damals versucht, die Wut wegzudrücken, die wurde aber immer stärker. Bis ich erkannt habe: Diese Wut hat ihre Berechtigung! Als mir das klar wurde, habe ich mir einen Zeitpunkt gesetzt: So lange erlaube ich die Wut. Das war eine sehr produktive Zeit, mir ist der Quereinstieg, erst in die Medien-, dann in die Techbranche, geglückt.
2. Mitgefühl
Wie die Königin im Schach: Ohne Mitgefühl kommt man im Jobleben nur im öden Klein-Klein weiter, aber nur, wer die Regeln wirklich versteht, gewinnt das Spiel
Es ist wichtig zu verstehen, wie die Menschen ticken, mit denen ich arbeite. Wer funktioniert gut miteinander? Wie ticke ich selbst? Diese emotionale Intelligenz ist eine der Führungsqualitäten der Zukunft. Ich erinnere mich und meine Freund:innen und Kolleg:innen an dieses Flugzeugbild: Wir sollen uns erst selbst die Sauerstoffmaske aufsetzen, bevor wir uns um andere kümmern. Also: sich Raum zum Auftanken geben, Empathie mit sich selbst ist wichtig. Ich habe mich irgendwann gefragt, warum ich so ein Talent habe, anderen zu helfen, und bei mir selbst funktioniert es überhaupt nicht. In mir gibt es eine sehr kritische, oft unfaire Stimme gegenüber mir selbst, das kennen viele Frauen. Deshalb frage ich jetzt: Was würde ich einer Freundin sagen? Das hilft.
3. Freude
An welches Bürogefühl erinnerst du dich? Die Chancen stehen nicht gut für die Freude. So lockst du sie hervor
Wir haben von Natur aus einen "Negativity Bias", das heißt, es werden vor allem negative Situationen und Erfahrungen verarbeitet. Die Meinungsverschiedenheit im Meeting bleibt uns viel deutlicher im Kopf als das positive Feedback einer Kollegin. Man kann diesen Negativity Bias überschreiben – auch deshalb lasse ich die Freude ungefiltert und spontan raus. Gefühle nimmt man mit allen Sinnen wahr. Deshalb schicke ich Sprachnachrichten, denn bei denen hört man, wie bewegt ich bin und bei den Empfänger:innen prägt sich die Nachricht besser ein.
4. Trauer
Wir sind nicht durchgängig fröhlich und gut gelaunt. Good News: Traurigkeit hat tatsächlich gute Effekte für Arbeitsbeziehungen
Welche Emotionen zeigst du bei der Arbeit? Diese sichtbaren Gefühle beeinflussen, wie vor allem Führungskräfte von Mitarbeitenden wahrgenommen werden. Wer sich in schwierigen Situationen wütend verhält, wurde in der Vergangenheit als einflussreicher angesehen als jemand, der traurig reagiert. Eine Studie der Management-Professoren Juan Madera und D. Brent Smith 2009 ergab jedoch, dass gezeigte Trauer zu besseren Beziehungen, höherer Loyalität und gesteigerter Leistungsbereitschaft ihrer Mitarbeitenden führt.
5. Neid
Neid mögen wir gar nicht gern. Weder als eigenes Gefühl noch als Projektionsfläche. Aber als Zielüberprüfungs-Tool taugt er
Viele Frauen kennen diesen Vergleichsmarathon aus dem Privatleben, aber auch im Arbeitskontext. Ich kenne ihn aus 1000 Situationen und habe gemerkt, wie mich dieser Wettbewerb stresst und es mir die Kraft nimmt, Neid zu spüren. Ich habe es auch mehrfach im Beruf erlebt, einmal extrem, als eine gut funktionierende Arbeitsbeziehung kippte, weil ich mehr Aufmerksamkeit für meine Arbeit bekam als die Kollegin. Es wurde unfair und gemein. Zu verstehen, dass Neid dahintersteckte, hat mir geholfen. Ich konnte es empathisch nachempfinden und habe auch gedacht, es ist eine Form der Wertschätzung. Wenn ich selbst neidisch bin, versuche ich die Botschaft zu verstehen, die mir dieses Gefühl schickt: Bin ich einfach nur neidisch, weil ich es nicht habe? Oder wäre es mir wirklich wichtig, es zu haben? Dann: Wie kann ich dahin kommen, was muss ich dafür lernen? Wie kann ich mich dorthin entwickeln?
6. Schreien
Es gibt keine guten und schlechten Gefühle, nur schlechte Wege, mit ihnen umzugehen. Wer schreit, hat nicht immer Unrecht, aber noch Strecke vor sich
Schreien verbinden Menschen interessanterweise oft nicht mit Emotionalität, dabei gehört es natürlich dazu. Wir hatten wahrscheinlich alle schon einen cholerischen Chef, bei dem haben wir aber nicht gesagt, der ist emotional, sondern der ist halt so. Weder maßloses Weinen noch aggressives Verhalten sind hilfreich in der Zusammenarbeit. Es geht nicht darum, Emotionen ungefiltert rauszulassen, sondern darum, sie zu reflektieren und als Kompass zu nutzen. Vermeintlich negative Emotionen können uns wie ein Rumpelstilzchen tyrannisieren, aber wir können ihnen die Übermacht nehmen, wenn wir sie klar benennen und ihnen ins Auge schauen.
Dieser Text erschien zuerst in EMOTION 03/23.
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