Schmuck ist wunderschön – aber die Beschaffung der Materialien oft schlecht für die Umwelt. Wie kann man die Schmuckherstellung nachhaltiger gestalten? Ein Gespräch mit der Gründerin des nachhaltigen Echtschmucklabels Akind, der Schwedin Anna Wallander.
EMOTION: Anna, du hast dein Label 2019 gegründet. Wie ist die Idee entstanden?
Anna Wallander: Ich bin eigentlich Juristin und habe lange in einem Corporate-Job gearbeitet. Insgeheim sah ich mich aber immer als Unternehmerin. Mein Mann, selbst Unternehmer, brachte mich schließlich auf die Idee, eine coole, moderne Modeschmuck-Ästhetik auf bezahlbaren Echtschmuck zu übertragen. Ich fing an, erste Zeichnungen anzufertigen, mit der Goldschmiede aber nichts anfangen konnten (lacht), bis ich schließlich zum Glück meine fantastische Designerin Maria fand, die meine Vorstellungen genau umsetzte.
EMOTION: Welche Herausforderungen sind dir auf dem Weg bis zur Gründung begegnet?
Anna Wallander: Je intensiver ich mich mit dem Sourcen beschäftigte, also der Beschaffung von Rohstoffen für meine Schmuckproduktion, desto klarer wurde mir: Die Schmuckbranche hat ein riesiges Umweltproblem. Die Bedingungen, unter denen Gold und Diamanten geschürft werden, sind katastrophal – für Umwelt und Mensch. Also begann ich, mich mit Alternativen auseinanderzusetzen. Heute fertigen wir alles Schmuckstücke aus recyceltem Gold, alle Diamanten sind "lab-grown", kommen also aus dem Labor. Die sind genauso echt wie die aus der Erde – und genauso schön.
EMOTION: Es gibt allerdings auch Kritik an Diamanten aus dem Labor – in einigen Reports heißt es, der CO2-Ausstoß sei sogar noch höher als beim Schürfen aus der Erde, weil etwa wahnsinnig viel Energie benötigt wird, die Bedingungen zu simulieren, in denen Diamanten entstehen können.
Anna Wallander: Der CO2-Ausstoß, der bei der Produktion entsteht, ist besser zu kontrollieren und auszugleichen. Wir arbeiten zum Beispiel mit dem kalifornischen Unternehmen Diamond Foundry zusammen, die Solarenergie benutzen und zertifiziert CO2-neutral arbeiten. Ich bin aber ehrlich: Meiner Meinung nach ist Schmuckproduktion momentan noch nicht zu 100 Prozent nachhaltig möglich und wird es vermutlich auch nie sein. Es entsteht immer Verpackungsmüll, wir versenden die Schmuckstücke etc. Aber wir arbeiten dran, die besten Alternativen zu entwickeln.
EMOTION: Der Schmuck von Akind ist im Vergleich zu vielen anderen Echtschmucklabels noch erschwinglich. Wie kannst du die Preise gewährleisten?
Anna Wallander: Die großen Brands verlangen viel Geld für ihren Namen. Akind hingegen ist ein Direct-to-Costumer-Label. Wir sind auch nicht günstig, es ist ja immerhin Echtschmuck – aber mir ist die Transparenz wichtig. Meine Kund:innen sollen wissen, woher die verwendeten Materialien stammen und was sie kosten. Deshalb wird es demnächst auch ein Tool auf der Website geben, das genau die Preise und unsere Gewinnmarge pro Schmuckstück aufschlüsselt.
EMOTION: Welche Power haben Label wie deines, ein disruptives Moment für eine ganze Branche zu bewirken? Also die Schmuckbranche insgesamt zu mehr Nachhaltigkeit zu bewegen?
Anna Wallander: Puh, ganz ehrlich: Manchmal frage ich mich, ob wir überhaupt was bewirken können. Wenn man sich mit einem Thema so intensiv beschäftigt, ist man manchmal einfach frustriert, wie langsam Wandel geschieht. Erst seit 2019 müssen etwa Labordiamanten nicht mehr als „künstlich“ deklariert werden. Ich beobachte aber, dass es in Europa immer mehr kleine Schmucklabels gibt, die sich mit Fragen der Nachhaltigkeit sehr intensiv und innovativ auseinandersetzen. Ob sich die großen Marken davon was abschauen werden? Ich hoffe es. Reden wir in fünf Jahren noch mal drüber!
EMOTION: Was hast du beim Gründen über dich selbst gelernt?
Anna Wallander: Bis zum Launch des Labels arbeitete ich zweieinhalb Jahre parallel in meinem Juristinnen-Job und am Unternehmen. Ich musste ja irgendwie für meinen Lebensunterhalt aufkommen. Das war hart. Aber es hat sich ausgezahlt, ich habe gemerkt, wie resilient ich bin, dass es mir leicht fällt, mich auf Chancen statt auf Probleme zu konzentrieren. Ich denke, das geht vielen Gründer:innen so: Du arbeitest einfach mit einer ganz anderen Leidenschaft, wenn du ein klares Ziel vor Augen hast.
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