Die Pariser Fashion Week, in der Modebranche als bedeutendste der vier Modewochen angesehen, ist zu Ende. Bella Hadid sorgte mit dem aufgesprühten Kleid, das sie präsentierte, für Furore – aber das war nicht das einzig Bemerkenswerte auf dieser Fashion Week.
Ein Kleid zum Aufsprühen
Der Mode, die auf den Laufstegen der Fashion Weeks gezeigt wird, wird ein Vorwurf besonders oft gemacht: sie sei nicht alltagstauglich. Bei fast keiner anderen Kreation ist dieses Argument aber so treffend wie bei dem Outfit, das Supermodel Bella Hadid vor kurzem auf der Pariser Fashion Week für das französische Label Coperni vorgeführt hat. Hadid erschien nur in Slip bekleidet auf dem Laufsteg, wo sie mit einer weißen Flüssigkeit besprüht wurde. Das Besondere: Auf ihrer Haut verwandelte sich diese Flüssigkeit zu einer Art Stoff, in dem sie dann über die Bühne schreiten konnte – wie in einem ganz normalen Kleid.
Ein Coup, der sich gelohnt hat. Die Modewelt reagierte mit einer unverhohlenen Begeisterung, wie sie es nur selten tut. Diesem Moment war monatelange Vorbereitung vorausgegangen: Rund ein halbes Jahr tüftelten die Coperni-Designer Sébastien Meyer und Arnaud Vaillant gemeinsam mit dem spanischen Designer und Wissenschaftler Manel Torres an der Technik. Das Spray, das aus Synthetikfasern in einer Polymerlösung besteht, verdunstet beim Kontakt mit dem Körper. Danach bleibt nicht etwa Farbe, wie etwa bei der Bodypaint-Technik, zurück, sondern Stoff. Der Aufwand hat sich für Coperni offenbar ausgezahlt: Sogar der Account @diet_prada, der als Instagrams Modepolizei gilt und für seine sarkastischen Urteile bekannt ist, zeigte sich fast schon ehrfürchtig: "Was für ein Moment." Ein Moment, der nicht nur für ausgefeilte Technik und eine innovative "um die Ecke denken"-Haltung steht, sondern wohl gleichzeitig eine Hommage an den 2010 verstorbenen Modedesigner Alexander McQueen war. Der Brite gilt in Modekreisen bis heute als Wunderkind, prägte mit seinen gewagten Designs und Schauen eine ganze Ära. Für besonders viel Aufsehen sorgte er 1998, als er das Kleid des Models Shalom Harlow von zwei Robotern mit Farbe besprühen ließ. In der Modebranche gilt die Aktion als Höchstleistung der Performance Art. Dass Coperni diesen Moment mit seiner Inszenierung indirekt gewürdigt hat, ist wohl auch einer der Gründe, warum sie so viele beeindruckt hat.
Und was war sonst so los auf der Fashion Week?
Das Coperni-Kleid war ohne Zweifel die meistbeachtete Vorführung auf dieser Fashion Week – was nicht heißt, dass es nicht auch andere bemerkenswerte Outfits und Momente gab. Die Dior-Kreativdirektorin Maria Grazia Chiuri, übrigens die erste Frau in dieser Position, gab mit ihren Designs der ohnehin schon beliebten Korsett- und Lingerie-Alltagsmode neuen Auftrieb. Auch sie hat sich dafür von der Vergangenheit inspirieren lassen und nahm mit ihrer Kollektion unter anderem Bezug auf Dessous aus dem 19. Jahrhundert.
Miucca Prada und Raf Simons arbeiteten für die Prada-Kollektion vor allem mit scharfen Kontrasten und Gegensätzen. Sie bestand größtenteils aus Looks, die entweder auf schlichte Farben und klare Kanten oder auf Knallfarben und verspielte Details setzten. "Die Kollektion spielt fortwährend mit dem Andersartigen und dem Gegensätzlichen, sie wechselt zwischen verschiedenen Visionen, unterschiedlichen Realitäten", schreibt die Brand selbst.
Rassismus-Kritik an Kanye West
Neben vielen grandiosen Darbietungen und Designs gab es aber auch negative Momente. Der US-Rapper Kanye West, der sich selbst Ye nennt, steht seit Montag in der Kritik. Er zeigte sich auf der Fashion Week mit einem Shirt, auf dem der Slogan "White Lives Matter" zu lesen war. Die Anti-Defamation League, eine Anti-Rassismus-Organisation, bewertet den Spruch als rassistische Reaktion auf die "Black Lives Matter"-Bewegung. West wurde schon in der Vergangenheit für seine politischen Statements in Richtung der Bewegung kritisiert. Am Dienstag verteidigte er seine Haltung in einer Instagram-Story und behauptete: "Jeder weiß, dass Black Lives Matter Betrug ist".
Für Aufsehen sorgte der Rapper aber nicht nur mit seinen politischen Ansichten, sondern auch auf dem Laufsteg. Dort zeigte er für das Hype-Label Balenciaga eine apokalyptisch anmutende Kollektion – er selbst lief in schwerer Security-Jacke über den Laufsteg. Die Performance wurde von düsterem Techno untermalt und erinnerte insgesamt mehr an ein dystopisches Setting als an eine Modenschau.
Statements von Balenciaga
Der Balenciaga-Kreativchef Demna Gvasalia ist bekannt dafür, die aktuelle weltpolitische Lage und Stimmung in seinen Kollektionen einzufangen. Bei seiner Show auf der Pariser Fashion Week in diesem Frühjahr setzte Gvasalia ein Zeichen gegen den Ukraine-Krieg. Damals schickte er die Models durch eine kalte, mit künstlichem Schnee bedeckte Halle und erinnerte so an Menschen, die von Krieg vertrieben werden und flüchten müssen – teils unter unmenschlichen und lebensbedrohlichen Bedingungen. Was auch immer man modisch von der Kollektion halten mag: Das Festhalten der aktuellen Stimmung, die durch Krieg, Klima- und Energiekrise enorm gedrückt ist, ist Gvasalia ohne Zweifel erneut gelungen. Er selbst wolle seine Designs nicht weiter erklären, sagte der Kreativchef übrigens.
Mehr Themen: