Sollte man sich bei der alten Schulfreundin nicht doch mal wieder melden? Oder ist das komisch – nach Jahren der Funkstille? Überhaupt nicht, ist das Ergebnis einer Studie: Wir alle unterschätzen die Freude einer unerwarteten Kontaktaufnahme.
Eine Trennung zwischen Freund:innen kann genauso schmerzhaft sein wie das Beziehungsaus mit einem Partner oder einer Partnerin. Und sogar die Gründe dafür sind oftmals ähnlich: Man hat zu wenig Zeit füreinander, hat sich auseinandergelebt oder es gab Krach. Und so wie man nach Trennungen in Liebesbeziehungen manchmal überlegt, ob man dem oder der Ex nicht doch mal wieder schreiben sollte, ploppt dieser Gedanke auch bei vergangenen Freundschaften immer mal wieder auf.
Sei es eine lustige oder schöne Erinnerung, die einen plötzlich einholt oder die Frage, wie es dem anderen denn eigentlich in den letzten Jahren so ergangen ist. Manchmal hat man einfach das Bedürfnis, einem ehemaligen Freund oder einer ehemaligen Freundin zu schreiben: "Musste gerade an dich denken! Ich hoffe, es geht dir gut". In den meisten Fällen macht man es dann doch nicht – weil es einem nach all der Zeit doch seltsam vorkommen würde und vor allem, weil man Angst hat, dass es der betreffenden Person unangenehm sein könnte.
Die meisten freuen sich über unverhofften Kontakt
Dass diese Sorge meist völlig unbegründet ist und wir ehemalige Freund:innen viel häufiger einfach mal kontaktieren sollten, zeigt eine Studie der University of Pittsburgh. Demnach freuen sich die meisten Menschen über eine unverhoffte Kontaktaufnahme durch alte Bekanntschaften.
"Der Mensch ist grundsätzlich ein soziales Wesen und genießt es, mit anderen in Kontakt zu treten", so die Leitautorin der Studie, Peggy Liu von der University of Pittsburgh. Mehr als 5900 Proband:innen nahmen an der Studie teil. In einem der Experimente wurde die Hälfte der Teilnehmer:innen gebeten, sich daran zu erinnern, wann sie sich das letzte Mal einfach so bei einer Person gemeldet hatten, mit der sie zuvor länger keinen Kontakt hatten. Die andere Hälfte sollte sich an den umgekehrten Fall erinnern – in dem eine alte Bekanntschaft sie nach längerer Zeit kontaktiert hatte.
Die Freude der Empfänger:innen war größer als erwartet
Dann wurde jene Gruppe, die sich bei jemandem gemeldet hatte, gebeten, die Freude des Empfängers bzw. der Empfängerin auf einer Skala von eins bis sieben einzuschätzen. Die Gruppe, die sich daran erinnern sollte, als das letzte Mal jemand aus ihrer Vergangenheit sich bei ihnen gemeldet hatte, gab ebenfalls an, wie positiv sie dieses Erlebnis auf einer Skala von eins bis sieben wahrgenommen hatten. Die Erkenntnis: Die Proband:innen der ersten Gruppe unterschätzten deutlich, wie sehr die Studienteilnehmer:innen der zweiten Gruppe sich über die unverhoffte Kontaktaufnahme gefreut hatten. Das Forschungsteam stellte fest: Der Überraschungseffekt verstärkt die Freude sogar, anstatt – wie wir es oft befürchten – für negative Emotionen zu sorgen.
Weitere Studie bestätigt: Mehr Menschen als erwartet mögen Smalltalk mit Fremden
Ein ähnliches Phänomen bestätigt eine weitere Studie – dass sich Menschen nämlich in den meisten Fällen sehr wohl freuen, wenn sie die Gelegenheit bekommen, ein Gespräch mit Fremden zu führen. Weil viele von uns vom Gegenteil ausgehen, bleiben die Themen allerdings eher an der Oberfläche, obwohl sich in vielen Fällen beide wünschen würden, dass das Gespräch tiefsinniger wäre.
Beim nächsten Mal, wenn man mit einer fremden Person spricht und sich nicht sicher ist, was man noch sagen soll, um möglichst unverbindlich zu bleiben – oder wenn man wieder überlegt, eine alte Freundin zu fragen, wie es ihr so ergangen ist: Nur Mut! Die Wissenschaft ist auf unserer Seite.
Mehr Themen: