Es gibt Tage, an denen sich unser Kolumnist am liebsten die Decke über den Kopf ziehen würde. Egal, was draußen für Wetter ist, denn in ihm drinnen hat sich ein Tief zusammengebraut. Gut, dass er zum Klo – und damit aufstehen – musste.
Wenn man die Energie hätte, rauszufahren ans Meer, dann würde man damit genau all das besiegen, was einen davon abhält, loszufahren. Ich weiß das. Ich starre auf meinen Wecker und denke, ich sollte aufstehen und es einfach machen, aber ich kriege den Hintern nicht aus dem Bett, nicht einmal so weit, dass ich nachsehen könnte, wie das Wetter draußen ist. Angesagt war schön. Stimmt wahrscheinlich. Aber für mich kann es alles sein, so wie Schrödingers Katze in ihrer Box, die gleichzeitig tot und lebendig war, weil man es nicht wissen konnte, ist das Wetter für mich gleichzeitig schön und schlecht. Und wahrscheinlich bin ich tot und lebendig zugleich, weil ich nicht sicher sein kann, ob es jemanden gibt, den das interessiert.
Ich könnte angeln gehen. Es entspannt mich wahnsinnig, seitdem ich ein System entwickelt habe, mit dem ich mich komplett wohlfühle. Auch wenn es mich zum schlechtesten Angler der Welt macht, weil der wichtigste Punkt ist, dass ich nur angle, wo niemand sonst ist – und alle anderen gehen dahin, wo die Fische sind. Wo ich bin, sind sie also praktisch nie. Ich kann fast immer an einer Hand abzählen, wie viel ich gefangen habe, und das meistens mit geballter Faust. Ich angle nicht, um Fische zu fangen, sondern um zu angeln. Man kann es Meditation nennen. Der Haken an der Schnur vorn und der gelegentliche Fisch sind nur dazu da, die Konzentration fokussiert zu halten. Einfach zu sitzen würde sich in fast nichts unterscheiden, wäre aber plötzlich langweilig. Hatte ich erwähnt, dass ich mich selbst nicht unbedingt verstehe?
Was ich sicher weiß, ist dass ich heute nicht in der Lage bin, irgendjemanden zu treffen. Heute verbringe ich den Tag mit mir. Woody Allen hat einmal gesagt, Masturbation wäre wenigstens mal Sex mit jemandem, den man mag; ich halte das gleichzeitig für einen guten Witz und eine schlechte Beschreibung der Realität: Ich würde den Tag liebend gern mit jemand anderem verbringen, wenn ich nur mich selbst nicht dabei haben müsste. Ich gehe mir so was von auf den Keks. Mühsam rolle ich mich über die Bettkante. Die Kaffeemaschine ist auch schon wieder kaputt.
Als die SMS kommt, überlege ich gerade, ob ich eine Tasse abspüle oder sie einfach dreckig noch mal benutze. "Heute Pizza?", steht da, und auf einmal ist die Nacht wieder da, als wir auf dem Hügel über deiner Stadt auf einer Decke lagen und uns gegenseitig mit Pizza gefüttert haben. "Natürlich", schreibe ich: "Wo denn?" An den kleinen grauen Punkten kann ich sehen, dass du an der Antwort schreibst. "Wo du willst." Irgendwo am Meer, denke ich, und dann führt eins zum anderen. "Neapel", schreibe ich, "ich glaube, die beste Pizza gibt es in Neapel."
Im Taxi auf dem Weg zum Flughafen kann ich dich riechen, du riechst wie der Sternenhimmel in einer warmen Nacht. Ich wusste, dass ich mich selbst aus solchen Tagen rausziehen kann. Ich ziehe ja die ganze Zeit. Ich wusste nur nicht mehr, in welcher Richtung die Sterne sind.