Lohnt es sich, die Liebe vom Ende her zu denken? Wäre man dann umsichtiger? Nachsichtiger? Vorsichtiger? Hmm, unser Kolumnist ist da skeptisch. Denn lieben, denkt er, kann man nur volles Risiko.
Wir haben uns zehn Jahre nicht gesehen, und nach zehn Minuten sind wir bei unseren Trennungen, die schlimm genug sind – aber zum Glück sind da nach elf Minuten all die Trennungen von Bekannten von Bekannten, die noch viel schlimmer sind. Das tröstet. Es geht ja immer noch schlimmer, und es tut gut, nur irgendwo eingereiht zu sein.
"Man müsste einen Vertrag machen", sagt er, "mit Kündigungsfristen. Wie ein Arbeitsvertrag. Dann wäre man ein bisschen vorbereitet und könnte sich beziehungslos melden, bevor man es wirklich ist." Ich denke kurz darüber nach, aber er redet schon weiter, bevor ich eine Meinung habe. "Es gäbe natürlich Sondertrennungsrechte, die dann fristlos wären." Ich glaube nicht, dass er das besonders durchdacht hat. Er denkt nur laut. Aber ich nicke vor mich hin und werfe dann ein: "Ich finde ja sowieso, dass man Eheverträge machen sollte, damit man für den anderen sorgt in einer Phase, in der man verliebt und großzügig ist. Dann muss man sich da später nicht drüber streiten."
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Jetzt denkt er nach. "Aber streitet man sich nicht immer?" Guter Einwand. Vielleicht ist es ja gut, wenn man das Geld hat, über das man sich streiten kann. Dann hat man eine Währung mehr als nur die Emotionen. In Wahrheit geht es ja, wenn man sich um Geld streitet, in der Regel einer Seite nur um Emotionen. Da rechnen sich reiche Männer plötzlich arm und zahlen kein Geld an die Mütter ihrer Kinder, nur weil es sich so unerträglich anfühlt, verlassen worden zu sein. Und Frauen wollen plötzlich all die Jahre nachträglich bezahlt bekommen, in denen sie selbst nicht dafür gesorgt haben, dass sie glücklich sind, als wäre jetzt Schadensersatz fällig. "Was wäre denn Gegenstand des Vertrags?", frage ich. Er denkt nach. Dann seufzt er. "Was weiß denn ich?"
Ich nehme den Strohhalm in den Mund, damit ich nicht reden muss. Wann ging das eigentlich los, dass jedes Café hausgemachte Limonade hat? Hat das Leben uns allen Zitronen gegeben? Er fängt so plötzlich und so enthusiastisch an zu sprechen, dass ich mich erschrecke. "Ein Warnschild", sagt er, und eigentlich ruft er es fast, "das Problem ist vielleicht auch, dass man diesen ganzen Beziehungsgedanken von einer Hochzeitsansprache her denkt: sich lieben und ehren und unterstützen und füreinander da sein, in guten und in schlechten Tagen. Das wirkt dann so wie das Ziel. Man sollte es mehr sehen wie eine Expedition: Man ist füreinander da, unterstützt sich, aber das ist nicht das Ziel der Expedition, sondern das Mittel zum Zweck!"
"Und was stände auf dem Warnschild?", frage ich. "Teilnahme auf eigene Gefahr", sagt er, "beschwer dich nicht, wenn es schiefgeht. Das Risiko gibt es." Ich ziehe an diesem Strohhalm und fühle den groben braunen Zucker der hausgemachten Limonade wie zartes Sandpapier an meinem Rachen kratzen. "Ich bin sehr verliebt", sage ich, mehr zu mir als zu ihm, "und ich werde genauso alles falsch machen wie beim letzten Mal." Er nickt. "Klar", sagt er, "ich auch."