Klimaangst, Eco Anxiety, Climate Anxiety – eine neue Studie zeigt: 60 Prozent der jungen Menschen haben aufgrund der Klimakrise Zukunftsängste, 56 Prozent glauben, die Menschheit sei "dem Untergang geweiht". Am schlimmsten ist es dort, wo die Regierung am wenigsten tut.
Hast du auch Klimaangst?
Die Nachrichten scheinen sich nur so zu überschlagen: Nicht erst seit diesem Jahr erleben wir immer häufiger Waldbrände, Überflutungen und Hitzerekorde. Hervorgerufen durch Wetterextreme, die, da sind sich Klimaforscher:innen einig, in den nächsten Jahren mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit weiter zunehmen werden.
Der Klimawandel ist längst kein komplexes und weit entferntes Phänomen mehr, er ist real und greift in unseren Alltag ein. In einer aktuellen internationalen Studie gaben 45 Prozent der Befragten an, die Sorge vor dem Klimawandel würde ihr tägliches Leben beeinträchtigen. Die American Psychiatric Association (APA) definiert den Begriff "Eco Anxiety" offiziell als "the chronic fear of environmental doom". Im Duden wird der Begriff "Klimaangst" als "Angst vor den Folgen des Klimawandels" beschrieben.
60 Prozent der jungen Menschen haben Zukunftsängste
In der genannten, von der NGO Avaaz finanzierten Studie, wurden 10.000 Menschen zwischen 16 und 25 Jahren aus zehn Ländern befragt. 60 Prozent gaben dabei an, in Bezug auf die Klimakrise besorgt oder äußerst besorgt zu sein, Dreiviertel empfinden die Zukunft als beängstigend, über die Hälfte (56 %) glaubt, dass die Menschheit dem Untergang geweiht ist. Viele der Befragten empfanden Angst, Wut, Verzweiflung, Trauer und Scham – aber auch Hoffnung.
Befragt wurden junge Menschen aus zehn Ländern: Brasilien, Indien, dem Vereinigten Königreich, Finnland, Frankreich, den USA, Australien, Portugal, den Philippinen und Nigeria. Die Studie ist die bislang größte ihrer Art und soll in der Fachzeitschrift "Lancet Planetary Health" erscheinen.
Von der Politik im Stich gelassen
Doch nicht die Umweltzerstörung allein schürt Klimaangst. Auch das Gefühl politischer Untätigkeit spiele eine große Rolle, erklärt Studienautorin Caroline Hickman von der Universität Bath gegenüber BBC News. Viele junge Menschen fühlen sich von Politiker:innen und Erwachsenen in der Klimakrise verraten, ignoriert und im Stich gelassen. Die Studie zeigt: In den Ländern, in denen die Regierung am wenigsten gegen den Klimawandel tut, ist die Klimaangst unter den jungen Menschen am größten. So etwa in Brasilien und Indien. Auch in Portugal sei die Angst groß. Dort gab es in den vergangenen Jahren immer wieder schwere Waldbrände.
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Klimaangst in Klimaaktivismus verwandeln
Das klingt sicherlich einfacher als es ist. Aber: Klimaangst ist eine normale Reaktion auf die akuten Bedrohungen, die vom Klimawandel ausgehen. Und damit nicht per se schlecht. Wenn wir merken, dass wir mit der Angst nicht allein sind und uns mit anderen zusammentun, kann daraus eine ungeheure Energie entstehen. Der Psychologe Felix Peter rät im Gespräch mit utopia dazu, sich mit anderen zum Thema auszutauschen und aktiv zu werden. Zum Beispiel könne man Demos besuchen oder einer Klimabewegung wie Fridays for Future beitreten.
Peter rät aber auch, die eigenen Grenzen ernst zu nehmen und sich auch Auszeiten vom Thema Klimakrise zu nehmen. Und wer merkt, dass das Thema zur ernsthaften Belastung wird, die das alltägliche Leben nachhaltig beeinträchtigt, sollte sich laut Peter auch nicht scheuen Hilfe zu suchen: "Betroffene können in dem Fall den Hausarzt aufsuchen oder sich direkt um eine therapeutische Erstberatung kümmern", sagt er gegenüber utopia.
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