Unsere kinderlose Kollegin hegt da Zweifel. Mütter kreisten immer nur um den Nachwuchs, findet sie. Klar, dass eine Mama sich verteidigen darf!
"Ich weiß jetzt mehr über Babyshampoo, als ich je wissen wollte"
Wenn wieder eine meiner Freundinnen schwanger wird, fällt es mir wirklich schwer, mich zu freuen. Ich meine, für sie freue ich mich natürlich schon. Aber ganz tief in mir drin denke ich: Fuuuck! Das war’s dann mit unserer Freundschaft für eine lange, lange Zeit.
Sich mit Müttern zu verabreden ist nämlich kompliziert. Es sei denn, ich organisiere mich komplett um sie herum: Halte mich an ihre Zeiten, treffe sie nur noch bei ihnen zu Hause, bin jederzeit verfügbar und nehme es in Kauf, stundenlang auf sie zu warten. Weil sie ihren Alltag vom Kind abhängig machen, muss ich das auch. Ausgehen, Me-Time oder Yoga: Vor den Augen meiner Mütterfreundinnen ist das alles egoistischer Quatsch, den ich jederzeit verschieben kann.
Wenn wir uns dann doch treffen, drehen sich die Gespräche um Kinder. Einmal musste ich mir eine Dreiviertelstunde lang anhören, welches Babyshampoo am wenigsten in den Augen brennt. Es gibt viele. Das weiß ich jetzt. Ich weiß auch, wie schwer es ist, Babykotze aus Bettlaken zu bekommen. Teilweise kriege ich minutenlange Sprachnachrichten (Mütter haben keine Zeit für SMS), in denen mir haarklein beschrieben wird, was gerade wieder aus dem Kind herausgekommen ist. Ich will das nicht wissen. Ich finde es auch hart zu sehen, wie aus super aufgeklärten Feministinnen Frauen werden, die ihre Männer nicht die Windeln wechseln lassen. Zugleich weiß ich, dass ich nicht urteilen darf. Nicht als Kinderlose. Es gibt ziemlich viele Tabus im Gespräch mit Müttern, sodass echter Austausch schwierig wird. Dass ich mich nie auf Spielplätzen treffen will, ist jedenfalls ein Trigger.
Ich weiß, dass die ersten Jahre mit Kind extrem fordernd sind. Aber vielleicht brauchen meine Liebsten in der Zeit andere Freund:innen. Und wenn sie aus dem Gröbsten raus sind, können wir uns wieder treffen. Auf sie zu warten, habe ich ja jetzt gelernt.
"Große Gefühle muss man teilen!"
Es gibt nichts zu beschönigen: Mit Müttern befreundet zu sein, ist anstrengend. Tagsüber hetzen wir von der Arbeit zur Kita, nachmittags hängen wir auf Spielplätzen rum und wenn man uns abends zu fassen bekommt, dann zwischen Spülmaschine ausräumen und Nervenzusammenbruch. Wenn wir mal Zeit haben, heulen wir rum, wie hart alles ist. Das – oder wir zeigen manisch Kinderfotos und wollen eine Reaktion. Und zwar genau eine: "So süß!"
Das ist nervig, wenn man selbst keine Kinder hat. Und schmerzhaft, wenn man keine haben kann. Dazu kommt, dass die Entwicklungsphasen von Babys und Kleinkindern so rasant verlaufen, dass meist nur Menschen, deren Nachwuchs gerade auch in der Abstill- oder Trotzphase ist, relaten können. Und es gibt sicher Momente, da ist man mit einer Extra-Eltern-Bubble gut bedient. Wenn man vier Stunden lang über Schnuller-Entwöhnung oder "windelfrei" sprechen möchte. Das ist Special Interest. So was kenne ich allerdings nicht nur von Eltern, sondern auch von Freund:innen, die Häuser bauen ("Dann haben wir uns am Ende doch gegen das unbehandelte Eichenparkett entschieden") oder Tinder entdecken ("Und er war bestimmt zehn Zentimeter kleiner als im Profil stand!"). Aber ganz grundlegende Gefühle wie Erschöpfung, Verzweiflung und die Entdeckung einer neuen Art von Liebe möchte ich doch mit meinen besten Freund:innen teilen!
Zumal viele kinderlose Frauen auch ziemlich erschöpft sind: von Kommentaren über ihre angeblich egoistische Kinderlosigkeit oder ihren Single-Status. Vielleicht sogar von einer Fruchtbarkeitsbehandlung und einem monatlichen Hoffen-Bangen-Verzweifeln. Klar, solange Frauen für das Leben, das sie führen, be- und verurteilt werden, sind wir genau an diesen Punkten verletzlich und reizbar. Aber sind Freund:innen nicht genau dazu da, einander aufzufangen und Wunden zu heilen?
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