In ihrem Debütroman nimmt uns Autorin Tamar Noort mit auf die Reise einer jungen Pastorin, die plötzlich ihre Verbindung zu Gott verliert und sich fragt: Was möchte ich eigentlich vom Leben? Eine Geschichte über Festhalten und Loslassen, Himmel und Erde und das, was dazwischen ist – perfekt für euren Sommerurlaub!
Elke ist eine junge Pastorin in Köln, hat Theologie studiert und der Glaube an Gott ist tief in ihr verankert – bis sie eines Tages die Texte sämtlicher Gebete vergisst. Einfach so. An diesem Tag beginnt für Elke eine Reise in ihre Vergangenheit, zurück in ihre Heimat und an Orte, die sie schon lange aus ihrem Leben gestrichen hatte...
"Das wird schon wieder"
Elkes Freund Jan glaubt nicht an Gott – das ist für beide okay.
"Jan glaubte an die Liebe, an das Leben und an einen wirklich gut gemixten Drink. Das sagte er jedenfalls. Tatsächlich glaubte er an Klarheit, Ordnung und Stabilität. Das eine ist mit dem anderen nicht unbedingt vereinbar, denn in der Liebe ist selten etwas klar, Ordnung ist nur das halbe Leben, und seine Gin Tonics gehen definitiv auf Kosten der Stabilität. Ich habe ihn kennengelernt im Bolscha Wika, der Bar, in der er jobbte und wo ich regelmäßig an der Theke herumhing, um mich über mein Dasein zu beschweren und seine Locken zu bestaunen. Ich studierte Theologie und wusste nicht, wo ich mich festhalten sollte. Die Theke war robust und bot für alle Lebenslagen Halt."
Entsprechend sieht Jan Elkes "Gottesdemenz" auch eher gelassen, kocht ihr seine fantastische Pasta, die Elke bisher über jede missliche Lage hinwegtrösten konnte und ist sich sicher: Die Zeit wird das Ganze wieder richten.
Die Rückkehr an fast vergessene Orte
Doch die Zeit allein hilft Elke nicht weiter und so beschließt sie, an den Ort ihrer Kindheit zurückzukehren. Mitten in die norddeutsche Provinz. Dort starb ihr Bruder vor 15 Jahren bei einem Badeunfall im See. Ein Verlust, den Elke bis heute noch nicht richtig aufarbeiten konnte – und ein Ort, den sie damals aus ihrem Leben gestrichen hatte. Bis jetzt.
"Überall waren Menschen. Männer und Frauen mit Sonnenbrille und Handtasche, in Polohemden und Sommerkleidchen, mit Cocktails und Weingläsern und lackierten Fußnägeln in Sandalen. Sie verteilten sich auf verschiedenen Terrassen, aber mir kam es so vor, als würden überall die gleichen Leute sitzen. Gelächter, Gekicher, Gebrülle. Der reinste Spaß. Sie huldigen ihm, dachte ich. Dem See. Er lag friedlich da, ein paar Kinder und Hunde spielten am Ufer, die Tretboote waren schon eingeholt. In der Ferne noch ein paar Segelboote. Zu Evas Bootshaus war es nicht weit. Es sah geschlossen aus, auf dem Steg war niemand zu sehen. Ich stellte mein Rad ab, lief bis zum Ende des Stegs und setzte mich. Die Sonne stand tief und tauchte den See in goldenes Licht, Enten schwammen vorbei. Ich schaute aufs Wasser. Die Aussicht widerte mich an. Scheißsee, dachte ich. Beschissener Scheißsee. Manchmal, in meinen Träumen, sehe ich noch den hellen Fleck, der sich ruhig fortbewegt, immer weiter weg von mir, er schwimmt, aber er atmet nicht, und er taucht niemals auf."
Als Elke jetzt noch erfährt, dass ihr Vater krank ist, der Bruder ihrer Nachbarin im Haus auftaucht und ein Papagei bei ihr einzieht, verläuft Elkes Leben plötzlich ganz anders als bisher...
Wie geht eigentlich leben?
Ein Buch über eine Frau, die sich selbst neu kennenlernt, von Erwartungen löst und versucht herauszufinden, was sie eigentlich vom Leben möchte. Auf der Suche nach den verlorenen Worten findet sie viel mehr als diese. Originell erzählt, mal tragisch, mal komisch, nimmt uns dieses Buch mit auf eine sommerliche Reise.
Ich mag den Gedanken, dass alles einfach ist. [...] Dass ich im Moment versinken kann, der jetzt gerade ist. Statt ihn ständig abzugleichen mit dem, was war, und dem, was kommt.
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Über die Autorin:
Tamar Noort, geboren 1976 in Göttingen, ist in den Niederlanden aufgewachsen. Sie studierte Kunst- und Medienwissenschaften sowie Anglistik in Oldenburg und Newcastle upon Tyne und hat die Masterclass Non-Fiction an der Internationalen Filmschule Köln absolviert. Seit 2009 macht sie Dokumentationen für ZDF, Arte und 3sat mit dem Schwerpunkt Wissenschaft. Für einen Auszug aus ihrem Debüt "Die Ewigkeit ist ein guter Ort" gewann sie 2019 den Hamburger Literaturpreis. Sie war Stipendiatin im Writers' Room Hamburg und in den Künstlerhäusern Worpswede. Tamar Noort lebt in der Nähe von Lüneburg.
"Die Ewigkeit ist ein guter Ort" von Tamar Noort erscheint am 19. Juli 2022, Rowohlt, 22 Euro.
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