Vor kurzem gerieten einige Promis in Kritik, weil veröffentlicht wurde, für viele Emissionen sie aufgrund ihrer Privatjet-Flüge verantwortlich sind. Da stellt sich die Frage: Warum wird dann an uns appelliert, so umweltfreundlich wie möglich zu leben?
An dieser Stelle muss eines klargestellt werden: Es ist gut und wichtig, dass viele Menschen angesichts der Klimakrise nicht untätig bleiben wollen und versuchen, ihren Alltag so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. Der Earth Overshoot Day, an dem wir alle Ressourcen der Erde für das ganze Jahr verbraucht haben, war dieses Jahr bereits am 28. Juli. Die Anstrengungen Einzelner sind also nicht nur lobenswert, sondern auch notwendig.
Trotzdem muss uns als Gesellschaft klar sein, dass wir diese Krise als Otto-Normalverbraucher:innen nicht alleine stemmen können. Wie so oft in unserer komplizierten Welt ist es das System, das kaputt ist – und nicht das Verschulden Einzelner. Wie kann es zum Beispiel sein, dass viele Menschen ein schlechtes Gewissen haben – Stichwort Flugscham – wenn sie einen Flug buchen, um ihre Familie besuchen zu können oder in den Urlaub zu fahren, während Superreiche ständig mit Privatjets um die Welt fliegen?
Analyse um Vielflieger-Promis sorgt für Aufregung
Genau das wird gerade in den sozialen Medien heftig diskutiert, nachdem eine Analyse offenbarte, für wie viele CO2-Emissionen Promis und ihre Privatjets tatsächlich verantwortlich sind. Die dazu verwendeten Daten stammen vom Twitter-Account "Celebrity Jets". Die britische Marketingagentur, die diese Daten für die Analyse verwendete, räumt ein, dass nicht mit hundertprozentiger Sicherheit gesagt werden könne, dass die erwähnten Celebrities auch tatsächlich an Bord der Maschine waren. Die Absicht der Agentur sei, auf die schädlichen Auswirkungen von Flügen mit dem Privatjet aufmerksam zu machen.
An der Spitze der Liste: Taylor Swift mit 170 Flügen, von denen der kürzeste gerade einmal 36 Minuten gedauert haben soll. Das Resultat sind 8.293 Tonnen CO2 in den letzten sieben Monaten. Zum Vergleich: Laut Umweltbundesamt liegt der Ausstoß von Treibhausgasen in Deutschland pro Person bei 11,2 Tonnen jährlich. Bei dieser Zahl wird der Import und Export bereits berücksichtigt. Dabei muss man beachten: Die Deutschen liegen bereits 60 Prozent über dem Weltdurchschnitt. Nachdem es im Netz Kritik gegen Swift hagelte, wies die Sängerin die Vorwürfe zurück und sagte, dass sie ihren Privatjet oft verleihen würde – so würden die vielen Flüge auch zusammenkommen.
Weitere bekannte Persönlichkeiten auf der veröffentlichten Liste sind der ehemalige Profiboxer Floyd Mayweather (7.076 Tonnen CO2 in diesem Jahr, kürzeste Flugdauer: 10 Minuten), der Regisseur Steven Spielberg (4.465 Tonnen CO2 in diesem Jahr, kürzeste Flugdauer: 18 Minuten) oder Reality-TV-Star und Unternehmerin Kim Kardashian (4268 Tonnen CO2 in diesem Jahr, kürzeste Flugdauer: 23 Minuten).
Elite gönnt sich Freifahrtschein für Klimazerstörung
Natürlich muss man sich vor Augen führen, dass Promis und Superreiche einen anderen Lifestyle haben als der Durchschnitt. Aber bei allem Verständnis für extravagante Lebensstile – die Zahlen, die die Wissenschaft uns regelmäßig vorlegt, kann man nicht ignorieren. Einer Studie zufolge, die 2021 vom Verbund verschiedener Entwicklungsorganisationen "Oxfam" durchgeführt wurde, verursachen Menschen, die zum reichsten Prozent der Welt gehören, um ein Zigfaches mehr Emissionen als die Normalbevölkerung. In wenigen Jahren, 2030, wird diese Gruppe laut der Studie für 16 Prozent aller Emissionen verantwortlich sein. Damit würden die Superreichen das Klima mehr belasten als die ärmsten 50 Prozent der Weltbevölkerung zusammen. "Eine kleine Elite gönnt sich einen Freifahrtschein für die Zerstörung unseres Klimas", sagte Oxfam-Klimaexpertin Nafkote Dabi dazu.
Dasselbe gilt auch für Unternehmen: Laut einer SZ-Analyse werden in Deutschland 36 Prozent der Treibhausgas-Emissionen von nur 30 Unternehmen verursacht. Im weltweiten Vergleich sieht es nicht viel anders aus – nur 100 Unternehmen sind für 71 Prozent der CO2- und Methan-Emissionen verantwortlich. Mehr als die Hälfte dieser Emissionen kann sogar nur auf 25 Unternehmen zurückgeführt werden. Das zeigte eine Analyse der Non-Profit-Organisation "CDP" im Jahr 2017.
Klimawandel trifft die zuerst, die am wenigsten dafür können
Es hat ein bisschen was von David und Goliath, wenn Normalverbraucher:innen sich Mühe geben, Konsum zu reduzieren, auf das Auto zu verzichten und vegan zu essen, während eine verhältnismäßig kleine Gruppe an Einzelpersonen und Unternehmen für den Großteil der Klimakrise verantwortlich ist. Aber dieses Mal wird David nicht gewinnen – sondern alle verlieren. Besonders verheerend: Der Klimawandel trifft die Ärmsten zuerst – das wusste man schon vor zehn Jahren. Fest steht: Es braucht strenge Regulierungen der Politik und den Grundsatz, dass mit mehr Geld und Macht auch mehr Verantwortung einhergehen muss, um in den nächsten Jahren noch irgendetwas ausrichten zu können.
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