Wenn Kinder anfangen, den Messenger WhatsApp zu nutzen, sollten Eltern das begleiten. Rechtsanwältin Gesa Stückmann ist spezialisiert auf das Thema Cybermobbing und weiß, wie wir Gefahren aus der App begegnen.
Wenn Kinder den Messenger WhatsApp nutzen – worauf sollten Eltern achten?
Gerade jetzt nutzen Kinder digitale Medien in einer noch höheren Frequenz als sonst. Digitale Chats sind oft die einzige Möglichkeit, mit Freund*innen in Kontakt zu bleiben. Aber bei Whatsapp und Co. lauern auch Gefahren. Wir haben Gesa Stückmann die wichtigsten Fragen zum Umgang mit dem Messenger gestellt:
1. Sollen Kinder schon in der Grundschule mit Whatsapp starten?
Grundsätzlich sollen Kinder natürlich an die Nutzung der digitalen Medien herangeführt werden. Dies kann geschehen, indem man gemeinsam mit ihnen Spiele auf dem Tablet spielt oder Videos bei Youtube anschaut (Tipp: Youtube gibt es auch in einer speziellen Kids-App, die entwickelt wurde, um für Kinder unangemessene Videos herauszufiltern). Die Nutzung von Messenger-Diensten wie Whatsapp sollte in der Grundschule jedoch noch ein Tabu sein. Es handelt sich zwar "nur" um einen Messenger-Dienst, der in den Playstores ja auch mit der Kennzeichnung "USK ab 0 freigegeben" zum Download angeboten wird, aber Eltern müssen sich bewusst sein, dass in diesen Messenger-Apps keine Schutzfilter für ihre Kinder installiert werden können. So erhalten auch Grundschulkinder über Dienste wie Whatsapp extreme, oftmals echte Vorkommnisse zeigende Gewaltvideos oder auch (kinder-)pornographische Inhalte sowie verängstigende Kettenbriefe wie kürzlich wieder "MOMO". Dabei sollten Eltern nicht darauf vertrauen, dass ihr Kind ja keinen Kontakt zu Menschen hat, die sowas verschicken. Handynummern werden unter Kindern heute von ihnen selbst – "Ich habe schon ein Smartphone!" – oder von anderen ohne Nachfrage bei der berechtigten Person weitergegeben.
2. Mein Kind wird aus WhatsApp-Gruppe ausgeschlossen – wie kann ich ihm helfen?
Der Ausschluss aus einer WhatsApp-Gruppe ist für viele Kinder ein sehr schmerzhaftes Erlebnis. Wenn das Kind den Eltern so etwas anvertraut, sollte man das Gespräch mit der/m Schulsozialarbeiter/in, um z.B. durch Rollenspiele u.ä. allen in der Klasse klar zu machen, wie sehr ein solcher Ausschluss verletzen kann. Oftmals ist das den Gruppenmitgliedern nicht bewusst. Keinesfalls sollte man auf Elternebene an die Eltern der Gruppenmitglieder direkt herantreten. Die Stimmung heizt sich dort sehr schnell auf und es folgt eine unsachliche Auseinandersetzung.
3. Wir entdecken eine Nachricht von Unbekanntem auf dem WhatsApp-Account des Kindes – wie sollen wir reagieren?
Eltern haben heute in der Regel wenig Ahnung mit wem ihr Kind eigentlich wirklich Kontakt hat. Früher waren es die Nachbarskinder oder die Kinder in der Schule. Heute kann mein Kind durch die ungefragte Weitergabe von Handynummern plötzlich Nachrichten von völlig wildfremden Menschen bekommen. Die einzig richtige Reaktion ist, diese Nachricht zu blockieren und zu löschen. Das wissen Kinder in der Regel aber nicht, da das mangels Kenntnis der Eltern nicht thematisiert wird, und antworten dann schnell mal: "Lass mich in Ruhe – ich kenn Dich nicht". Diese Antwort eröffnet dem Unbekannten jedoch dann die Möglichkeit über gezielte Fragen, das Vertrauen des Kindes zu erschleichen und den Kontakt zu vertiefen. Aus dem Grund sollten Eltern auch in unregelmäßigen Abständen mit ihren Kindern die WhatsApp-Kontakte durchsprechen: Woher kennst Du ihn oder sie? So kann man die Kinder auch im Gespräch dafür sensibilisieren, dass es sehr gefährlich ist, diese Nachrichten zu beantworten.
Der Kontakt zu Unbekannten kann aber auch passieren, wenn mein Kind in einem Online-Spiel aktiv ist (z.B. Minecraft, Clash of Clans, Horse World o.a.), selbst wenn das Spiel "USK ab 0 freigegeben" ist. Denn in diesen Spielen sind natürlich auch erwachsene Personen aktiv. Die Kinder sind oftmals bereit, in dem zu diesen Spielen verfügbaren öffentlichen Chatroom ihre Handynummer herauszugeben. So entsteht auch hier schnell ein Kontakt über WhatsApp. Dieser Kontakt ist von den Kindern dann gewollt und wird als positiv wahrgenommen. Dass es diesen Kontakt gibt, kann man als Eltern auch wieder nur feststellen, indem man sich für die Kontakte des Kindes interessiert und sie gemeinsam durchspricht. Darauf reagieren Kinder gerne mit dem Einwand, es sei doch ihre "Privatsphäre". Dem kann man ganz einfach entgegnen, dass diese erst dort beginnt, wo es um die Chatinhalte geht. Die Kontakte gemeinsam durchzusprechen, unterfällt jedoch der Pflicht der Eltern, ihre Kinder zu beschützen.
4. Ist es strafbar, ein Porno in eine WhatsApp-Gruppe zu stellen?
Ja, ein pornographisches Foto oder Video, das Kinder-, Jugend- oder Erwachsenenpornographie zeigt, in eine WhatsApp-Gruppe zu stellen, ist als sog. Verbreitung strafbar: §§ 184b, c, d StGB. Da auch der Erwerb und Besitz von Kinderpornographie strafbar ist, sollte man auch die WhatsApp-Grundeinstellungen ändern: Diese sind so voreingestellt, dass man bei Internetempfang des Handys alle Fotos oder Videos, die über WhatsApp geschickt oder in eine Gruppe gestellt wurden, automatisch auf das eigene Handy heruntergeladen und in der Galerie gespeichert werden, ohne dass man vom Inhalt Kenntnis hat. Über die Einstellungen und den Unterpunkt "Daten- und Speichernutzung" bzw. dann "Medien-Auto-Download" kann man dies bei den Android-Handys ändern. Bei den Iphones kann man es nur in der Gruppeninfo unter "in Aufnahmen speichern" ändern.
Noch mehr Infos: Alle Infos zu den Webinaren gegen Cybermobbing und das Projekt Law for School.
Gesa Stückmann ist Rechtsanwältin in Rostock und hat sich mit ihrem Projekt Law for School auf die Beratung von Opfern von Cyber-Mobbing spezialisiert. Sie klärt Schüler und Eltern in Webinaren auf, zum Beispiel
- in 90 Minuten-Einheiten für Schüler zu Unterrichtszeiten,
- für Eltern und Lehrer nachmittags oder abends
- auch für Grundschulen als Elternabend.
Gesa Stückmann wurde von uns 2018 mit dem EMOTION.award in der Kategorie "Soziale Werte" ausgezeichnet, sie ist im Gespräch mit EMOTION-Gründerin Katarzyna Mol-Wolf in einer Podcast-Folge "Kasia trifft…" zu hören.