Ginge ganz einfach, verspricht Psychotherapeut Ragnar Beer: wenn Paare sich gegenseitig ihre Phantasien offenbaren würden. Das kann er sogar beweisen.
Was ist das Hauptproblem in Langzeitbeziehungen?
Eine Studie an der Göttinger Universität um den Psychologen Dr. Ragnar Beer zeigt: Die mit Abstand meisten und heftigsten Probleme wurzeln in sexueller Unzufriedenheit. Im Bett läuft es nicht so, wie man sich das wünscht. Das gilt für rund zwei Drittel aller Langzeitpaare, ist also der Normalfall oder anders gesagt: das, womit man rechnen sollte. Was heißt das für eine Paartherapie? Dass es bei den meisten Paaren eine sehr gute Idee sein dürfte, das gemeinsame Sexleben zu verbessern.
Ab Wann wird es kritisch?
Darauf haben die Göttinger Forscher zwei Antworten gefunden. Erstens: Es kommt vor allem darauf an, wie lange die Beziehung schon dauert. Am Anfang läuft’s im Bett fast immer super. Danach sinkt die sexuelle Zufriedenheit mit jedem Jahr ab und wird erst nach einigen Jahren wieder ein wenig besser. Zweitens: 50-Jährige haben mehr Spaß im Bett als 20-Jährige – und zwar in fast jeder Phase der Beziehung. Das ist auf den ersten Blick verblüffend, auf den zweiten aber gut erklärbar: Zum einen weiß man mit 50, was einem Freude macht und was nicht. Und zum anderen hat man sich von einigen unrealistischen Erwartungen verabschiedet.
Wie hat man guten Sex trotz Langzeitbeziehung?
Dafür gibt es mindestens zwei Wege. Der Erste: Man geht fremd. Der Zweite: Man arbeitet daran, sich gegenseitig im Bett mehr Wünsche zu erfüllen. Dr. Ragnar Beer rät zu Weg Nummer zwei, denn Fremdgehen kann in einer Beziehung großen Schaden anrichten – selbst, wenn es gar nicht herauskommt. Der zweite Weg, also die gegenseitige Erfüllung von sexuellen Wünschen, funktioniert in der Regel, weil es in den meisten Partnerschaften sehr viel ungenutztes Potenzial gibt, das die Partner nur entdecken müssen.
Aber mein Mann ist so schlecht im Bett...
Frauen in Langzeitbeziehungen haben's schwer: Im Durchschnitt bleiben 56 Prozent ihrer sexuellen Wünsche unbefriedigt. Das kann man ändern. Denn meist wissen die Männer nichts von diesen Wünschen. Die Göttinger Forscher zeigten Männern die Liste der unerfüllten Wünsche ihrer Partnerinnen. Die Reaktion der Männer darauf war fast immer: "Das würde ich total gern machen!"
Wie Kann man es besser machen?
Die Göttinger Forscher arbeiten unter anderem mit einem Online-Tool, das den zugegeben total unerotischen Namen "Ressourcen-Aktivierungs-System" trägt. Was steckt dahinter? Mann und Frau beantworten jeweils für sich eine Liste von Fragen. Als Ergebnis bekommt man dann genau jene sexuellen Wünsche des Partners zugespielt, über die man zuvor selbst gesagt hat: "Ja, das kann ich mir im Bett gut vorstellen." Und natürlich erhält der Partner genau so eine Liste, eine Art Code für die geheimen erotischen Wünsche des anderen. Das ist ziemlich einfach und kann leicht nachgemacht werden (s. u.). Und es wirkt: Studien bestätigen, dass rund zwei Drittel aller Paare hinterher ein messbar besseres Liebesleben pflegen als zuvor. Beide sind anschließend zufriedener mit ihrer Sexualität – und damit auch mit ihrer Beziehung.
Diese Studie von Dr. Beer mit 2330 Paaren macht Mut: Frauen bekommen im Schnitt 44 Prozent ihrer sexuellen Wünsche erfüllt. Sagen sie offen, was sie wollen, können sogar 84 Prozent ihrer Wünsche befriedigt werden.