Chelsea Winter ist Neuseelands Superstar in der Küche. In ihrem neusten Kochbuch "Eat" dreht sich alles um Genuss – und die Wertschätzung fürs Selbstgemachte.
Bestsellerautorin Chelsea Winter kommt vom anderen Ende der Welt. Sie lebt in Mount Maunganui, dem nördlichsten Zipfel der Stadt Tauranga. Doch Neuseeland hat sie ihrem neuen Kochbuch "Eat" zuliebe den Rücken gekehrt und reist derzeit quer durch Europa. Gerade war sie in Frankreich und hat dort über mehrere Tage hinweg ausschließlich Pasta gegessen - die beste seit langem! Wir treffen uns im Hamburg Hafen Hotel, wo sie ihr Lieblingsrezept verrät und dazu Tipps für Kochmuffel gibt. Für Winter bedeutet Kochen vor allem eins: anderen eine Freude bereiten.
EMOTION: Warum wollten Sie Köchin werden?
Chelsea Winter: Ich habe keine spezielle Ausbildung in einem Sterne-Restaurant gemacht, sondern bin eigentlich Hobbyköchin. Mir macht es Spaß etwas Leckeres zuzubereiten – und es entspannt mich. Das beginnt schon beim Einkauf! Mein Mann überredete mich dann 2012 bei der TV-Show MasterChef New Zealand mitzumachen, ich gewann und wurde damit auch Kochbuchautorin. Das gehörte zum Preis dazu. Vorher habe ich nicht ein einziges Rezept geschrieben. So gesehen habe ich nie geplant, Köchin zu werden.
Heute sind Sie es trotzdem. Wie ist Ihre Karriere verlaufen?
Ich bin nicht die typische Köchin im Restaurant, denn ich schreibe Kochbücher. In den letzten Jahren waren es insgesamt fünf, dafür kündigte ich meinen Job als Marketingmanagerin bei einer Bank. Dieser Beruf hat mich nicht mehr erfüllt und es war immer sehr stressig. Beim Kochen ist das anders, da kann ich abschalten und mich kreativ ausleben. Mittlerweile bin ich in der neuseeländischen Gastro-Szene bekannt, meine Kochbücher werden in mehrere Sprachen übersetzt und ich habe eine weltweite Social-Media-Community aufgebaut. Manchmal kann ich es selbst kaum glauben!
Haben Frauen es in Ihrer Branche schwer?
Ich denke im Sternekochbereich auf jeden Fall. Die Branche ist sehr männerdominiert, alles ist sehr traditionell und es gibt große Egos. Unter den Kochbuchautorinnen unterstützt man sich eher gegenseitig. Auch in meiner Community sind die Frauen sehr solidarisch untereinander. Wir nehmen uns den Druck, immer perfekt sein zu müssen. Neben dem Fulltime-Job noch eine frische Mahlzeit servieren, die Kinder versorgen, das Haus ordentlich halten und dabei immer hübsch aussehen – das ist nicht realistisch! Das ist Bullshit.
Perfekt sein? Das ist Bullshit!
Chelsea WinterTweet
Sie schwören auf einfache Rezepte, die schmecken und jeder nachmachen kann. Warum ist das Ihr Konzept?
Geschmack ist das Wichtigste! Essen muss lecker sein, damit man es genießt. Viele meiner Kundinnen sind Mütter und für die ist es leichter, wenn ihre Kinder die Mahlzeiten mögen. Wir haben heute so viele Zutaten und Geschmäcker zur Verfügung - diese sollten wir nutzen! Dabei müssen Gerichte gar nicht ausgefallen sein, sondern kann man auch mit einfachen Zutaten etwas Schmackhaftes kreieren. Ich glaube an weniger komplizierte Rezepte. Das erleichtert auch den Einkauf, die Zutaten für meine Gerichte bekommt man in jedem Supermarkt.
Was hat Essen mit Freude zu tun?
Ganz viel! Essen steht in vielerlei Hinsicht mit Freude und Glück in Verbindung. Begonnen mit dem guten Gefühl, etwas von Grund auf selbst zu erschaffen. Besonders weil es heute so viele Fertigprodukte gibt. Dazu verschafft uns das Kochen Zeit – Zeit für uns selbst. Und Essen bringt Menschen zusammen: Freunde und Familie versammeln sich am Tisch, um gemeinsam zu essen, zu lachen und sich zu unterhalten. Um einfach eine schöne Zeit zu verbringen. Nicht zuletzt, ist Essen natürlich auch gut für die Seele.
Kochen verschafft Zeit – Zeit für uns selbst.
Chelsea WinterTweet
Was denken Sie über Food-Trends der Diäten?
Ich habe kein Interesse daran. Trends kommen und gehen, es gibt so viele widersprüchliche Ansichten über bestimmte Nahrungsmittel oder Ernährungsweisen. No-Carb, Low-Fat, Paleo: Was darf ich dann überhaupt noch essen? Es herrscht zum Bespiel der Irrglaube, Fett sei schlecht. Aber es gibt gute Fette, die wichtig für den Körper sind. Das heißt auch nicht, dass wir plötzlich überall Kokosöl hinzugeben sollten, denn Abwechslung ist gut. Doch je unverarbeiteter und natürlicher die Nahrung ist, desto besser ist sie für uns.
Genuss oder Gesundheit – was ist Ihnen wichtiger?
Ausgewogenheit ist das Stichwort. Jeder hat eine andere Idee, was "gesund" bedeutet. Deswegen benutze ich dieses Wort kaum noch. Meiner Meinung nach entwickeln viele Menschen ein ungesundes Verhältnis zum Essen, weil es in den Medien so viel thematisiert wird. Die Gedanken sollten im Alltag nicht ausschließlich um die richtige Ernährung kreisen. Es ist durchaus okay, an einem Tag den Burger zu essen und am nächsten dann wieder die selbstgemachte Suppe.
Was ist Ihr Lieblingsrezept aus dem neuen Kochbuch "Eat"?
Ein herzhaftes Gerichte ist besonders beliebt: der Mamma-Mia-Fleischbällchen-Auflauf. Dieser lässt sich beliebig mit Reis, Pasta oder Kartoffeln kombinieren. Der Auflauf trifft den Geschmack von vielen Leuten und wird unkompliziert in den Ofen geschoben. Mein All-Time-Favorit.
Fällt es Ihnen schwer, immer wieder neue Rezepte zu kreieren?
Es gibt Phasen, in denen ich müde und kochfaul bin. Nach hunderten von Rezepten ist das wohl normal. Doch dann finde ich irgendwann wieder neue Inspiration und habe plötzlich wieder richtig Lust darauf.
Mein Geheimtipp lautet: kocht zu viel!
Chelsea WinterTweet
Freunde kommen unerwartet zu Besuch. Sie haben noch 30 Minuten, was würden Sie kochen?
Das kommt auf die Saison an. Im Sommer würde ich wahrscheinlich einfach ein Barbecue mit frischen Salaten zubereiten. Im Winter hingegen das Blitzhähnchen mit Thymiancreme. Das dauert gerade mal 20 bis 25 Minuten, schmeckt aber viel aufwendiger. Alle, die das Rezept bisher ausprobiert haben, wundern sich, dass sie etwas derartiges in kurzer Zeit gezaubert haben. Ähnlich fix geht mein Soja-Lachs-Päckchen, das schiebt man einfach für 20 Minuten in den Ofen.
Haben Sie Tipps für Menschen, die wenig Zeit zum Kochen haben?
Es hilft die Mahlzeiten für die Woche zu planen, so ist man vorbereitet und hat alle Zutaten bereits im Haus. Im Winter kann ein Slowcooker außerdem sinnvoll sein. Den stellt man morgens vor der Arbeit an, und das Essen ist fertig, sobald man nach Hause kommt. Viele bereiten die Zutaten auch schon vor, indem sie sie schneiden und in Portionen einfrieren. Dann muss man gar nicht mehr viel schnibbeln. Mein Geheimtipp lautet: kocht zu viel! Ich koche gerade am Wochenende eine große Menge, um in der Woche schnell etwas zur Hand zu haben.
"Eat" ist Ihr fünftes Kochbuch. Planen Sie bereits das nächste?
Oh ja, im nächsten Jahr geht es wieder los. Diesmal möchte ich mich auf vegetarische und vegane Gerichte konzentrieren - einfach um im Alltag mehr Abwechslung zu bieten. Neuseeland ist berühmt für seine Fleischkultur, die Menschen essen oft mehrmals täglich Fleisch. Viele haben das Bild im Kopf, eine richtige Mahlzeit brauche Fleisch oder Fisch. Ich möchte zeigen, dass es auch anders geht.