Süße Kätzchen-Videos, die neueste Staffel der Lieblingsserie auf Netflix, aufploppende Nachrichten: Himmel, wer kann sich denn da noch konzentrieren? Hindu-Priester, Keynote Speaker und Unternehmer Dandapani zum Beispiel. Hier erklärt der Meister der Konzentration, wie wir unseren Fokus finden.
Ablenkung, Multitasking, sich verzetteln – das sind Themen, die Dandapani kennt. Seit Jahren hilft er Menschen überall in der Welt, sich davon freizumachen. Dazu lehrt der Guru, der auch eine Zeit lang eine Kolumne in EMOTION hatte, eine Fähigkeit, die in Zeiten von Dauerberieselung immer mehr verloren geht: fokussieren. Sein Ted Talk "Unwavering Focus" wurde auf YouTube über 6,6 Millionen mal geklickt. Der Familienvater, der zehn Jahre als Mönch in einem Kloster auf Hawaii lebte, meditiert nämlich gern unterm Banyanbaum in seinem Retreat-Zentrum in Costa Rica, versteht es aber genauso, Menschen mithilfe von Online-Coachings, App und Social Media zu helfen, ihre Ziele zu erreichen.
EMOTION: Dandapani, Konzentration fällt uns so schwer, dass sie furchtbar anstrengend klingt. Warum ist sie so wichtig?
Dandapani: Nur wer die Kontrolle über seine Aufmerksamkeit hat, findet zu geistiger Klarheit, innerer Ruhe und Kraft – und kann seine volle Energie auf das Erreichen seiner Lebensziele richten. Die meisten Menschen wissen heute gar nicht mehr, in was sie Tag für Tag ihre Energie investieren. Vor allem, weil sie ihren Lebenszweck nicht kennen und deshalb auch keine eindeutigen Prioritäten haben. Aus diesem Grund verzetteln sie sich energetisch und nur wenige ihrer Wünsche gehen in Erfüllung.
Moment mal, das klingt alles sehr erleuchtet. Wie kann ich auch ohne spirituelle Vorbildung lernen, den Fokus zu halten, wenn dauernd etwas auf mich einprasselt?
Ganz einfach: Bei immer wiederkehrenden, alltäglichen Vorgängen. Du kannst dich beispielsweise beim Zähneputzen ausschließlich auf deine Mundhygiene fokussieren. Widme dich jeder deiner noch so kleinen Verpflichtung mit ungeteilter Aufmerksamkeit. Denn es kommt darauf an, wie du die Dinge tust. So gelangst du in ein Leben in der Unendlichkeit des Augenblicks – und zwar dadurch, dass du bei allem, was du tust, präsent und deines Bewusstseins in jedem einzelnen Moment gewahr bist.
Das mag morgens am Waschbecken funktionieren, aber im Alltag?
Führst du deine täglichen Konzentrationsrituale gewissenhaft durch, fällt es dir jedes Mal auf, wenn du beispielsweise im Gespräch mit einem Freund gedanklich abschweifst. Wenn du anfängst, die ungeteilte Aufmerksamkeit zu praktizieren, passiert dir das zuerst in einer zehnminütigen Unterhaltung vielleicht fünfmal, doch schon nach einem Monat des Übens vielleicht nur noch einmal.
Das wäre ein gutes Learning. Gibt es darüber hinaus eine Art Spickzettel für den Badezimmerspiegel oder die Notizen-App im Handy für mehr Fokus?
Ja, es gibt drei sehr effektive Merksätze. Erstens: Bring alles, was du anfängst, zu Ende. Zweitens: Bring es gut zu Ende – besser, als du gedacht hättest –, wie lange es auch dauert. Drittens: Tu ein bisschen mehr, als du dir zutraust.
Das klingt motivierend, aber auch herausfordernd. Kann ich so etwas auch meinen hibbeligen Kindern vermitteln, die bei den Hausaufgaben immer wieder abschweifen?
Ja, das geht. Sogar sehr einfach. Der Schlüssel ist, dass du selbst lernst, dich zu konzentrieren. Wenn du dich nicht konzentrieren kannst, wie soll dein Kind es lernen? Dein Leben ist ein Spiegel dessen, auf was du dich konzentrierst. Dabei hilft: üben. Üben und üben. Zum Beispiel, indem du deinen Kindern jedes Mal, wenn du mit ihnen sprichst, deine ungeteilte Konzentration schenkst.
… statt auf mein vibrierendes Smartphone zu schauen. Wenn ich es jedes Mal zücke, wenn es blinkt oder piept, also gefühlt alle fünf Minuten, stimmt was nicht, oder?
Technologien sind nicht generell schlecht, solange du sie im Griff hast. Aber wenn du jedes Mal springst, wenn das Handy klingelt oder aufleuchtet, ist es dein Boss. Es geht darum, selbst zur Chefin deines Lebens zu werden!
Dieser Artikel erschien zuerst in der EMOTION 06/23.
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