Manchmal stellen wir ganz schön hohe Ansprüche an uns selbst. Autor Steffen Ritter verrät Ihnen, wie Sie besser damit zurechtzukommen + 3 gesunde Erkenntnisse.
Von allem das Beste. Mindestens.
Maximale Leistungsorientierung, oft gespeist aus dem Vergleich mit anderen – in den verschiedenen Bereichen des Lebens wollen viele stets das Beste erreichen. Erfolg und stete Weiterentwicklung im Beruf, Glück und Zufriedenheit in Partnerschaft und Familie, die allerbesten Voraussetzungen für die Kinder, maximale Gesundheit bei sportlicher Aktivität, ein erfülltes, abwechslungsreiches Sexualleben. Die Liste kann ewig fortgesetzt werden.
Hängt eines der Themen zurück, wird sofort weiter optimiert. Um dem allen gerecht zu werden, hätte es bereits in der Unterstufe das Fach "Organisation" im Lehrplan geben sollen. Denn ohne Organisationstalent wird es schon schwer, dem eigenen Perfektionismus zu genügen. Oder sind es mehr die Anforderungen, die andere an uns stellen? Oder sind es vielmehr die Anforderungen, von denen wir glauben, dass sie andere an uns stellen?
Mit sich selbst glücklich sein
Stets das Beste zu wollen, kann kein Fehler sein. Nur sind nach meinen Erfahrungen viele Menschen, die sich überdurchschnittlich engagieren, oft zugleich etwas weniger glücklich. Schon gar nicht zufrieden. Denn sie schrauben die eigene Erwartungshaltung immer noch ein wenig nach oben, legen die Messlatte immer wieder auf die nächsthöhere Stufe und müssen immer wieder zu Hochform auflaufen, um sie zu reißen.
Oft wird dann verlernt, den Augenblick zu genießen und mit sich und seiner selbst glücklich zu sein. Dabei geht ein großes Stück Lebensqualität verloren. Woher die Ansprüche kommen, die wir an uns stellen, ist sehr verschieden. Oft kommen sie von außen, ob nun aus frühester Erziehung, aus der Partnerschaft oder aus dem Umfeld. Auf jeden Fall haben wir sie irgendwann zu unseren Ansprüchen gemacht.
Die eigenen Erwartungen im Griff haben
Die ständige Optimierung, der Drang "nach immer besser" ist letztlich nicht falsch. In der Wirtschaft ist es eine der Überlebensstrategien für Unternehmen, aber ein Mensch bleibt dabei oft auf der Strecke. Es geht nicht darum, stehen zu bleiben oder sich nicht mehr weiterzuentwickeln. Es geht lediglich um eine ungesunde Erwartungshaltung und die bestimmen wir letztlich selbst.
Erst wenn uns unsere persönliche Erwartungshaltung klar und bewusst wird, können wir daran etwas ändern. Das können aber nur wir. Seien wir mit uns nicht so viel strenger als mit allen anderen. Viele Menschen rennen ein Leben lang ihrem Ich-Ideal hinterher. Egal wie gut sie sind, es ist nie gut genug. Es geht immer noch besser. Zufrieden selten, glücklich nie. Die Wurzel von Glück und Zufriedenheit liegt im Boden der eigenen Erwartungen.
Sich seiner selbst bewusstwerden
Selbstbewusstsein folgt dem sich seiner selbst bewusstwerden. Was kann ich, was sind meine Stärken, was zeichnet mich aus? Was kann ich nicht, was will ich vor allem nicht. Wie und wann fühle ich mich maximal wohl?
Aus diesen Erkenntnissen kann jeder Mensch bewusster seine Erwartungen ableiten. So kann das ehemalige "Ich-maximal-optimiert-Ideal" zum "Ich-Wohlfühl-Ideal" werden. Hier schlummert eine ganz neue Qualität und sie ist nicht Folge der x-ten Optimierungsschleife, sondern Folge der eigenen Bewusstheit. So ist Selbstbewusstsein nicht die Eigenschaft der offensiven, dynamischen, andere überrollenden Typen. Selbstbewusstsein ist vielmehr das wissende Bewusstsein über uns selbst.
Die Wurzel von Glück und Zufriedenheit liegt im Boden der eigenen Erwartungen.
Steffen Ritter, AutorTweet
Drei gesunde Erkenntnisse
Wenn Sie sich mit dem Thema intensiver beschäftigen, sind unter anderem diese drei wunderbaren Erkenntnisse die Konsequenz:
- Nicht perfekt ist völlig ok
- Perfektion ist Illusion
- Unsere Maßstäbe sind oft nicht realistisch
Häufig haben wir das Maß verloren. Es gibt um uns herum immer Menschen, die in einzelnen Disziplinen des Lebens herausragend sind. An denen messen wir uns dann sehr gern. Der eine hat die total glückliche Partnerschaft, die andere hat einmaligen beruflichen Erfolg. Der nächste hat sportliche Fitness und eine tolle Figur. Zu oft vergleichen wir uns mit den Überfliegern in jedem Bereich.
Passen Ihre Ziele noch zu Ihnen?
All den Ansprüchen, die Sie an sich haben und die andere an Sie haben, können Sie wahrscheinlich nie gerecht werden. Schon gar nicht, wenn diese im Lauf der Zeit sogar noch steigen. Um nicht missverstanden zu werden: Ich möchte kein Plädoyer für Mittelmäßigkeit halten. Sehr hohe eigene Ansprüche sind im Beruf oder auch im Sport oft der Ausgangspunkt von Spitzenergebnissen. Die gäbe es ohne Talent, ohne Fleiß sowie ohne sehr hohe Ansprüche gar nicht.
Um aber das Maß nicht zu verlieren, sollten Sie regelmäßig Ihre Ziele und vor allem Ihr Wohlbefinden mit Ihren Zielen überdenken. Sind sie realistisch? Passen Sie noch zu Ihnen? Oder rennen Sie einem Idealzustand hinterher, der einfach nicht mehr Ihrer ist? Das kann eine wunderbare, befreiende Erkenntnis sein, die Ihnen hilft, gelassener und glücklicher zu werden. Sie werden sich Ihrer selbst bewusst.
Seit mehr als zwanzig Jahren schult Steffen Ritter Menschen auf ihrem Weg zu einem selbstbestimmten und erfolgreichen Leben. Er ist Autor, Trainer und einer der bekanntesten Wirtschaftsredner im deutschsprachigen Raum. 1992 gründete er das Beratungs- und Trainingsunternehmen Institut Ritter, dem er bis heute als Geschäftsführer vorsteht. Ritter ist vierfacher Vater und lebt mit seiner Familie in Sangerhausen. www.institutritter.de
"Selbstbewusstsein - warum es andere haben und wie auch du es bekommst" von Steffen Ritter, GABAL Verlag, 19,90 Euro
Was machen selbstbewusste Menschen anders als andere? Warum trauen sich manche fast alles zu, andere jedoch wenig bis nahezu gar nichts? Und vor allem: Wie gelingt es uns und wie lange dauert es, selbstbewusster zu werden? Selbstverständlich geht es auch ans Eingemachte und um die Frage, wie können Sie persönlich schrittweise selbstbewusster werden? www.endlich-selbstbewusstsein-staerken.de