Negative Gefühle finden nicht nur im Kopf statt, sondern wirken im ganzen Körper. Können sie uns krank machen?
Gefühle können uns krank machen
Das belegen zahlreiche Studien. Unsere Expertin Jolanda Riedi erklärt, mit welchen Techniken man seelische und körperliche Schmerzen lindern kann.
Rückenschmerzen, Migräne, Schlaflosigkeit, Magenprobleme – hinter solchen körperlichen Beschwerden müssen nicht unbedingt irgendwelche Krankheiten stecken. Oft sind es auch nicht verarbeitete Gefühle, die uns dauerhaft quälen und sogar krank machen können. Jolanda Riedi ist Therapeutin und Supervisorin für Integrale Somatische Psychologie und weiß, was bei emotionaler Belastung zu tun ist.
Gefühle sind nicht nur Kopfsache
Positive wie negative Gefühle spielen sich auch im Körper ab. Kann der Körper das Gefühlserleben nicht verarbeiten, kommt es zu einer Überflutung. Hält dieser Zustand an, reagieren wir möglicherweise mit Symptomen wie Migräne, Verspannungen oder aber auch Depressionen. Gefühle müssen "gehalten" und gesund reguliert werden können. Man spricht hier von Resilienz.
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Wie können Gefühle gehalten oder reguliert werden?
Wir lenken die Aufmerksamkeit in den Körper und versuchen, uns Gefühle dort bewusst zu machen. Das bedeutet, dass wir lernen können, wie und wo Gefühle im Körper wahrgenommen werden. Wir wecken die Achtsamkeit und etablieren einen inneren Beobachter. Dies hilft uns, aus unserem ewigen Gedankenkreisen herauszukommen. Dadurch kann sich unser Nervensystem beruhigen und Gefühle können besser ausgehalten und reguliert werden.
Kann ich Gefühle nicht einfach abschalten?
Man kann Gefühle sehr wohl abschalten und auch wegschieben. Dissoziative Zustände ermöglichen es uns beispielsweise, uns nicht mehr zu spüren, uns also von unseren Gefühlen zu trennen (leider nicht nur von den Negativen). Wenn wir etwas sehr Beängstigendes erleben und nicht mehr kämpfen oder fliehen können, dann erstarren wir. Wir spüren den Körper und/oder die Gefühle nicht mehr. Das ist eine Überlebensstrategie und eine Form des Selbstschutzes. Und bis zu einem bestimmten Grad haben wir das alle schon erlebt. Mit Sätzen wie "Ich stand total neben mir" oder "Ich habe mich nicht mehr gespürt" werden solche Situationen oft beschrieben. Nach schweren traumatischen Ereignissen kann es sein, dass dieser Zustand anhält und hier zeigt die Erfahrung, dass das zu Krankheiten führen kann, manchmal sogar auch erst Jahre später. Es ist also hilfreich, Gefühle zu "verkörpern", um eine erfolgreiche Verarbeitung zu ermöglichen.
Emotionen verkörpern – wie geht das?
Bei einem großen seelischen Schmerz haben wir oft das Gefühl, dass unser Herz zerbricht. Eine Möglichkeit der Einflussnahme ist, das Gefühl in andere Körperregionen zu lenken.
Das kann so funktionieren: In unserer Praxis laden wir Klienten ein, das Gefühl nicht nur als Gedanke wahrzunehmen, sondern zu schauen, wo sie es im Körper noch spüren kann. Mit Eigenberührung, mit Berührung vom Therapeuten oder mit einfachen Bewegungen wollen wir bewirken, dass der Klient etwas mehr davon im Körper wahrnehmen kann.
Wenn uns das gelingt, wird das als Erleichterung wahrgenommen. Wenn wir lernen, dadurch etwas mehr bei diesem Gefühl zu bleiben, dann schaffen wir mit der Zeit, einen größeren ‘Container’, um mit schwierigen oder starken Emotionen umgehen zu können. Das gibt uns das Gefühl der Selbstermächtigung zurück und wir fühlen uns nicht mehr so überflutet und ausgeliefert. Mit der Zeit können sich die körperlichen Symptome verbessern oder sie verschwinden sogar.
Selbstverständlich reagiert jeder Mensch anders darauf, wie lange er bei seinem Gefühl bleiben kann. Das muss berücksichtigt werden und braucht deshalb Übung. Dieser Prozess muss bei schweren Symptomen immer von einer geschulten Therapeutin oder Therapeuten begleitet werden.
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Jolanda Riedi hat eine eigene Praxis in Basel. Sie ist Therapeutin und Supervisorin für Integrale Somatische Psychologie (ISP nach Dr. Raja Selvam) und arbeitet mit verschiedenen integrativen Therapiemethoden, u. a. auch mit der Traumatherapie Somatic Experiencing (SE®). www.noctua.ch