Neurobiologe Gerald Hüther hat dem Mann ins Oberstübchen geschaut, um herauszufinden: Was macht den Mann zum Mann? Offenbar ist er das Ergebnis seines eigenen, höchstpersönlichen Wirkens
Er gehört zu den wichtigsten Neurobiologen und hat maßgeblich dazu beigetragen, die lebenslange Formbarkeit des Gehirns ins allgemeine Bewusstsein zu bringen. Und jetzt hat Gerald Hüther einer ganz besonderen Spezies ins Oberstübchen geschaut – dem Mann. Was macht den Mann zum Mann? Die Gene? Die Natur? Die Kultur? Nach Gerald Hüther ist der Mann Ergebnis einer ständigen Wechselwirkung. Und das Ergebnis seines eigenen, höchstpersönlichen Wirkens
Der Mann, so Gerald Hüther in "Männer, das schwache Geschlecht und sein Gehirn", ist eine Erfindung der Sexualität. Denn, so hat die Natur herausgefunden, wenn sich Lebewesen nicht durch sich selbst fortpflanzen, sondern durch sexuellen Austausch, so findet eine Gen-Vermischung statt, aus der Neues entstehen kann. Mit anderen Worten: Wenn alle gleich sind, genügt eine einzige Umweltveränderung, und die ganze Population ist dahin. Sind dagegen alle ein wenig anders, sind immer einige dabei, die sich besser an neue Bedingungen anpassen können. Und schon ist die Welt in Männchen und Weibchen geteilt. Wobei das Männchen nur eine einzige Aufgabe hat: seine Gene weiter zu geben. Dazu muss Mann eine Frau erobern. Bekanntestes Beispiel in der Natur: der Pfau. Analog dazu beim Menschen all die bunten und schillernden Hasardeure, Abenteurer, Kaufleute und Erfinder.
Die Welt mit anderen Augen betrachten
Nach der Lektüre von Hüthers kleinem und oft sehr amüsanten Männer-Buch blickt man mit anderen Augen auf die Welt. Plötzlich entpuppen sich kleine und große Heldentaten als letzte große Anstrengungen, das Erbgut an die Frau zu bringen. Aber Hüther geht weiter und versucht zu verstehen, ob Männer heute einfach blind ihr biologisches Skript editieren, oder ob sie Möglichkeiten haben, andere Wege zu gehen. Eine wesentliche Erkenntnis Gerald Hüthers: "Das Gehirn wird so, wie man es mit Begeisterung, also mit starker emotionaler Bindung benutzt." Seine Schlussfolgerung daraus ist, hauptsächlich Kindern und Jugendlichen Gelegenheiten zu geben, die zwei Grundbedürfnisse zu stillen: das Bedürfnis nach Geborgenheit und Verbundenheit. Und das Bedürfnis, Neues zu erfahren. Damit skizziert er ein Erziehungsprogramm, das nicht nur für heutige Väter lesenswert ist.
Fazit
Männer sind diejenigen, die von Gemeinschaften für gefährliche Missionen ausgewählt werden. Nicht, weil Männer mutiger wären, sondern weil es auf einen Mann mehr oder weniger nicht ankommt. Wie aber bringt man einen Mann dazu, ein Himmelfahrtskommando zu übernehmen? Indem man ihm Ruhm und Ehre verspricht. Und schon ist der Held geboren. Gerald Hüther zeigt jetzt in "Männer", dass es auch jenseits der Heldenrolle lohnenswerte Aufgaben gibt. Ein interessantes Buch: für alle Männer, die mehr über ihr inneres Programm erfahren wollen und die Möglichkeiten, es zu verändern; und für Frauen, die sich fragen, was es genau mit diesen bärtigen Wesen auf sich hat.