Cybermobbing, Stalking oder Hasskommentare: Täglich erfahren Mädchen und junge Frauen digitale Gewalt in den sozialen Medien. Das muss sich ändern!
Digitale Gewalt gegen Mädchen und Frauen
Ist das Netz ein sicherer Ort, an dem sich Mädchen und Frauen frei bewegen können? Mit Sicherheit nicht, wenn ein Post eine Flut an Hasskommentaren auslöst, wenn Bodyshaming zur Tagesordnung gehört, und solange sexuelle Belästigung für Täter*innen keine Konsequenzen hat. Die psychischen Folgen für Betroffene sind oft gravierend. Höchste Zeit, dass sich etwas ändert!
Ich denke, einer der Gründe, warum es online so viel Mobbing gibt, ist, dass sich die Menschen hinter einem Bildschirm verstecken können.
Luisa Gaffga, InfluencerinTweet
Belästigt, beleidigt, bedroht: der digitale Alltag
Die Ergebnisse einer weltweiten Umfrage von über 14.000 Mädchen und jungen Frauen in 22 Ländern sind schockierend: 58 Prozent der Befragten haben online bereits Bedrohungen, Beleidigungen und Diskriminierung erfahren - in Deutschland sind es sogar 70 Prozent. Das zeigt der Welt-Mädchenbericht 2020 der Kinderrechtsorganisation Plan International.
Auf diesen Plattformen erleben Mädchen Online-Gewalt
Die Plattform, auf der die betroffenen Mädchen in Deutschland am meisten belästigt werden, ist Instagram (45 Prozent), gefolgt von Facebook (35 Prozent), YouTube (22 Prozent), Snapchat (19 Prozent), Tik Tok (9 Prozent) sowie Twitter (8 Prozent).
Cybermobbing wächst mit der Reichweite
„Als Bloggerin bekomme ich häufig schlimme Nachrichten – das geht von ‚Oh, du bist dick‘ oder ‚Du bist so dumm‘ über Schuldzuweisungen [...] und ich würde damit nur Aufmerksamkeit wollen, bis hin zu Morddrohungen und dass ich es verdiene, zu sterben. Je mehr Anhänger*innen ich hatte, desto größer wurde auch der Hass,“ schreibt die Influencerin Luisa Gaffga, die einen Kanal zum Thema Selbstliebe betreibt. Verletzende Kommentare hinterlassen ihre Spuren.
Psychische und körperliche Folgen von Online-Belästigung
Etwa ein Drittel der befragten Mädchen in Deutschland empfinden dadurch mentalen oder emotionalen Stress. Für 23 Prozent ist die Angst durch Beleidigungen und Bedrohungen sogar körperlich spürbar. Das Selbstwertgefühl leidet enorm, besonders wenn sich die Betroffenen nicht zu helfen wissen und das Melden von Täter*innen keine Konsequenzen nach sich zieht.
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Digitale Plattformen müssen Nutzerinnen besser schützen
„Es ist unverantwortlich, dass die Betroffenen mit Online-Gewalt allein gelassen werden“, so Maike Röttger, Vorsitzende der Geschäftsführung von Plan International Deutschland. „Diese Angriffe haben in vielen Fällen tiefgreifende Folgen für ihr Selbstvertrauen und damit auf ihr gesamtes Leben." Es sei an der Zeit, dass digitale Plattformen ihre Nutzer*innen verstärkt schützen, da besonders die Corona-Krise dazu geführt habe, dass viele Mädchen und Frauen ihre Zeit online verbringen.
Soziale Medien zu einem sicheren Ort machen
Immer mehr Nutzer*innen verlassen die Plattformen, um sich selbst zu schützen. Das kann in unserer digitalisierten Welt nicht die einzige Lösung sein! Welche Forderungen Plan International aufgrund der Ergebnisse stellt:
1) Jede*r: Das Thema wirklich ernst nehmen!
2) Betroffene: Belästigung melden, darüber sprechen und Hilfe holen!
3) Social Media Unternehmen: Leicht zugängliche Meldemechanismen speziell für geschlechtsspezifische digitale Gewalt schaffen, damit Täter*innen zur Rechenschaft gezogen werden können!
4) Regierungen: Gesetze und Vorschriften zu Online-Belästigung und Online-Gewalt seitens aller relevanten staatlichen Stellen wie Polizei und Justiz durchsetzen und ermöglichen!
5) Gemeinden, Schulen und Familien: Aufklären und eine vertrauensvolle Atmosphäre schaffen, in der Mädchen über digitale Gewalt und Belästigung sprechen können!
6) Gesellschaft: Digitale Gewalt erkennen sowie Betroffenen aktiv beistehen, wenn es darum geht, ihre Stimme zu erheben!
DAS raten Influencerinnen bei digitaler Gewalt
Charlotte Weise: „Behaltet so etwas nicht für euch, sondern erzählt es euren Eltern oder einer Vertrauensperson. Ihr seid mit so etwas nicht allein, und ihr könnt etwas dagegen tun!“
Luisa Gaffga: „Versuch gar nicht erst, dich so zu erklären, damit sie dich verstehen, denn den meisten geht es nicht darum, wirklich verstehen zu wollen. Deshalb: Löschen, blockieren, melden! Immer!“
Hannah Müller-Hillebrand: „Über schlechte Erfahrungen zu sprechen, ist der einzige Weg, wie wir damit umgehen können. Leise zu leiden, hilft niemandem.“
So kannst du Hilfe suchen und aktiv werden
Du hast selbst digitale Gewalt erlebt oder kennst eine Betroffene? Wende dich an den Bundesverband der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe (bff). Dieser ist die wichtigste Anlaufstelle in Deutschland und leistet den hauptsächlichen Anteil der ambulanten Beratung und Hilfestellung für weibliche Opfer von Gewalt.
Du willst dich einbringen und aktiv werden? Jede Stimme zählt, wenn es darum geht, Betreiber von Social Media Plattformen dazu zu bewegen, ihre User*innen besser zu schützen. Du kannst zum Beispiel den offenen Brief "Free to be online?" von Plan International an Social Media Unternehmen unterzeichnen, selbst auf deinem Kanal darüber aufklären oder dich mit anderen Frauen zu diesem Thema austauschen.