Steigende Zinsen, hohe Preise: Wer kauft denn jetzt eine Wohnung? Dorothea Metasch etwa. Warum die Immo-Expertin Wohnraum immer noch für ein gutes Invest hält und was du beachten musst, verrät sie hier.
Mehr als 40 Objekte hat Dorothea Metasch besichtigt, bis sie endlich ihre eigene Traumwohnung gefunden hatte. Seitdem interessiert sich die Berlinerin für alle Fragen rund ums Wohneigentum – so sehr, dass sie 2013 selbst in die Immobilienbranche wechselte: Sie hat "26 Homes" gegründet, ein Internetportal, das den Wohnungskauf persönlicher gestalten möchte. Und sie hat das Buch "Unlock it!" (Ariston, 20 €) geschrieben, in dem sie ihre Erfahrungen und praktische Tipps teilt und verrät, warum es sich (noch immer) lohnt, in Betongold zu investieren, wie man mit gestiegenen Zinsen umgeht und warum man keine Angst haben sollte, Eigentum zu kaufen und auch selbst zu vermieten.
Dorothea, der Wind am Immobilienmarkt ist mit den gestiegenen Zinsen rauer geworden. Wie nimmst du die Situation wahr?
Das stimmt, es gab noch nie so viele Veränderungen wie im letzten Jahr, vor allem durch die gestiegenen Zinsen. Wobei man sagen muss, dass sie jetzt auf einem eigentlich "normalen" Niveau sind. Vorher waren wir sehr verwöhnt mit den Niedrigzinsen und vergessen gerne, dass wir auch schon Zinsen jenseits der 8-Prozent-Marke hatten.
Welche Folgen hat das?
Viele potenzielle Käufer*innen fallen weg, weil sie sich keinen Kredit mehr leisten können. Die Menschen, die sich vor Jahren sehr viel Geld geliehen haben, laufen Gefahr, bei der Refinanzierung Probleme aufgrund der hohen Zinsen zu bekommen. Außerdem sind die Baukosten explodiert: Es mangelt an Baumaterial und Fachkräften, Energie ist teurer.
Lohnt es sich denn dann überhaupt noch, in Immobilien zu investieren?
Ja! Aber man muss genauer nachrechnen. Beim Kaufpreis lässt sich bei vielen Immobilien aktuell etwas handeln. Vor allem im Bestand und wenn Immobilien schnell verkauft werden sollen, kann man gute Preise erzielen. Zudem sind Immobilien immer noch Sachwerte; und es ist gut, gerade in Krisenzeiten einen Besitz zu haben, den man anfassen kann, etwas, auf das man sich verlassen kann.
Immobilien können also auch immer noch ein wichtiger Baustein für die Altersvorsorge sein?
Auf jeden Fall. Ich werde als Selbstständige keine Rente bekommen und zahle nicht in die Rentenversicherung ein. Deshalb kaufe ich jetzt Immobilien, um dann Mieteinnahmen zu generieren und mich fürs Alter abzusichern.
Oft wird gesagt, dass nur vermietete Immobilien für die Altersvorsorge taugen. Wie sieht es mit selbst bewohnten Objekten aus?
Das ist in der Tat ein sehr umstrittenes Thema. Oft wird behauptet, eine selbst genutzte Immobilie sei eine reine Lifestyle-Entscheidung. So pauschal kann man das meines Erachtens aber nicht sagen. Es kommt immer auf die Situation an. Kauft sich jemand auf dem Land ein Einfamilienhaus, ist das sicherlich eher eine Lifestyle-Entscheidung, als sich Wohnraum an nachgefragten Orten und in Großstädten zuzulegen, wo man mit Wertstabilität und -zuwachs rechnen kann. Selbst bewohnte Immobilien kann man außerdem nach zwei Jahren bewohnen steuerfrei wieder verkaufen. Ich habe meine selbst genutzte Immobilie zu einem sehr guten Zeitpunkt gekauft, sodass sie sich in den vergangenen acht Jahren im Preis verdoppelt hat. Mit keiner anderen Anlageklasse hätte ich, angesichts des vergleichsweise geringen Risikos, so eine Rendite kassieren können.
Wie starte ich, wenn ich in Immobilien investieren möchte?
Man sollte erst mal einen Blick in die eigenen Finanzen werfen und auch den Gang zu Profis, also einer Bank oder noch besser einer unabhängigen Vermögensberatung, nicht scheuen. Gemeinsam wird geschaut, wie viel Kapital man hat und was am Monatsende für Zins und Tilgung übrig bleibt. So weiß man schnell, was man sich leisten kann und was erst mal nicht.
Welche Tipps hast du für eine günstige Finanzierung?
Es gibt bei der Finanzierung eigentlich nur einen Tipp: Man kann auch hier die Konditionen verhandeln. Viele gehen davon aus, dass die Bank einen Vorschlag macht – mit den Optionen zu akzeptieren oder sich woanders umzuschauen. Aber genauso wie den Preis einer Immobilie kann man auch bei der Bank verhandeln. Die Bank verdient Geld mit der Vergabe von Krediten. Vor allem jetzt, wo es tendenziell weniger Kund:innen gibt, kämpfen die Banken um Käufer:innen.
Was muss man noch wissen in Sachen Finanzierung?
Der Rest der Finanzierung hängt von der Lebenssituation ab und von den Zielen, die mit der Immobilie verfolgt werden. Will man die Immobilie zum Beispiel langfristig halten oder plant man, sie nach zehn Jahren wieder zu verkaufen? Grundsätzlich gilt: Ein längerer Kredit bedeutet höhere Zinsen und umgekehrt. Für mich persönlich war es immer wichtig, in der Sondertilgung flexibel zu sein. Wenn man beispielsweise ein gutes Geschäftsjahr hatte oder eine Sonderzahlung bekommen hat, kann man diese als Sondertilgung einbringen und seine Schulden deutlich schneller abbezahlen.
Wie hoch sollte denn mein Startkapital ungefähr sein?
Ich empfehle immer, mindestens 20, eher 30 Prozent des Kaufpreises als Eigenkapital mitzubringen und zusätzlich die Kaufnebenkosten bar bezahlen zu können. Die Kaufnebenkosten belaufen sich auf 10 bis 15 Prozent des Gesamtpreises.
Worauf sollten vor allem Erstkäufer:innen achten?
Es ist wichtig, viele Besichtigungen zu machen und ruhig auch mal Wohnungen anzuschauen, die vielleicht nicht allen persönlichen Must-have-Kriterien entsprechen. So bekommt man ein Gefühl für den Wohnungsmarkt. Wichtig ist auch, sehr gründlich die Protokolle der Wohneigentümerversammlung zu lesen, um zu sehen, wie hoch die Instandhaltungsrücklage ist. Sehe ich zum Beispiel, dass viel Geld vorhanden ist oder das Dach neu saniert wurde, muss ich mich wahrscheinlich erst mal nicht auf neue Kosten einstellen. Sehe ich aber, dass die Tiefgarage neu gemacht werden muss und in der Kasse kaum Geld ist, kommt sicherlich bald eine Sonderzahlung auf mich zu. Und: Renovieren oder sanieren ist kein Nebenbei-Projekt und kostet immer Zeit.
Deine Immobilien sind alle in Berlin. Was hältst du von einem Kauf in einer Kleinstadt?
Es kann attraktiv sein, eine Immobilie in einer Kleinstadt zu erwerben. Im Ruhrgebiet kann man zum Beispiel noch ganz andere Renditen erzielen als in Berlin. Denn je besser die Lage, desto weniger Rendite. Wichtig ist die Gewissheit, dass ich meine Immobilien in 20 bis 30 Jahren weiterhin vermieten kann, es also eher eine Zuwanderung in die Stadt gibt, dass die Kaufkraft hoch ist, dass Firmen angesiedelt sind und die Infrastruktur gut ist, es also Kitas, Schulen, Supermärkte und Freizeitangebote gibt.
Die Immobilienpreise steigen stetig. Viele junge Menschen glauben nicht mehr daran, sich jemals eine eigene Immobilie leisten zu können – zu Recht?
Es gibt Überlegungen, wie man den Kauf von Immobilien erleichtern kann – zum Beispiel, indem man die Grunderwerbssteuer beim Erstkauf zur Selbstnutzung senkt. So könnte man Eigentum fördern, denn wir sind in Deutschland Schlusslicht bei der Eigentumsquote im EU-Vergleich. Die Politik kann die Rahmenbedingungen verändern. Wenn wir zum Beispiel in Sachen Digitalisierung vorankämen und damit mehr Bauanträge ermöglichen und mehr Wohnraum schaffen würden, dann könnte sich die Lage auch verbessern.
Hältst du die immer wieder geäußerte Sorge vor einem großen Immobiliencrash für berechtigt?
Meiner Meinung nach muss man sich nicht davor sorgen, solange man keine überteuerte Immobilie in einer schlechten Lage kauft. Die beste Zeit, eine Immobilie zu kaufen, war sowieso immer vor fünf Jahren. Kauft man in einer guten oder sehr guten Wohnlage, ohne versteckte Mängel oder Ähnliches, kann man keine Fehler machen. Immobilien sind Sachwerte und Menschen müssen nun mal irgendwo wohnen – egal ob als Mieter:in oder Eigentümer:in. Daran wird sich auch in Zukunft nichts ändern.
Dieser Artikel erschien zuerst in EMOTION 6/23.