Sie ist eine erfolgreiche Unternehmerin, wurde mehrfach für ihr Engagement ausgezeichnet und stellte trotzdem irgendwann fest, dass sie mit sich selbst unzufrieden war. In ihrem neuesten Buch beschreibt Sina Trinkwalder schonungslos, wie sie sich ihr Glück zurück erkämpft hat
EMOTION.DE: In Ihrem neuesten Buch "Im nächsten Leben ist zu spät" beschreiben Sie den Weg zu Ihrem Glücklichsein. Was hat Sie dazu gebracht, die Geschichte mit Ihren Mitmenschen zu teilen?
Sina Trinkwalder: Lustigerweise ist es eigentlich so, dass ich gar nicht teilen wollte, weil das ja auch mein Ding war und ist. Es geht um verschiedenste Bereiche. Zum Beispiel um das Äußere, also darum, sein Gewicht zu halbieren. Aber es geht auch um die innere Haltung, die man komplett umkrempelt und auch darum, das Unternehmerische völlig neu zu denken. Viele Menschen haben mich gefragt: "Wie hast du das denn gemacht?" Und das war dann der Grund, warum ich mich dazu entschlossen habe, diese Geschichte und meine Art und Weise des Denkens und Handels niederzuschreiben.
Das heißt, es war nicht unbedingt eine Entscheidung aus eigenem Antrieb, sondern Sie haben gesehen, dass das Interesse an Ihren Erfahrungen so groß ist?
Das soll nicht gegendert klingen, aber klar, viele Mädchen und Frauen haben eben Probleme mit ihrer Figur. Die hatte ich übrigens nie. Aber genau das wurde zu meinem Problem, dass ich keines damit hatte. Umgekehrt gibt es unheimlich viele Menschen, unheimlich viele Frauen, die Figurproblem haben und sich fragen, wie ich das hinbekomme.
Also habe ich mich hingesetzt und darüber nachgedacht: 'Wie hab ich das denn gemacht?' Ich war vorher einfach brutal fett. Das muss man auch so schonungslos sagen. Diesen schonungslosen Weg bin ich dann gegangen, um den Menschen die richtigen Antworten zu geben. Antworten, die vielen Menschen auch nicht schmecken. Deswegen ist mein drittes auch so ein polarisierendes Buch – das finde ich spannend!
Klar, da viele Leute sich nur widerwillig ihrem eigenen Schweinehund entgegenstellen.
Ja! Man muss wirklich total schonungslos gegenüber sich selbst sein. Ich war das mir gegenüber und bin es natürlich auch anderen Menschen gegenüber. Anders kommen wir nicht weiter, wenn wir nicht ehrlich zu uns selbst sind. Dann kann man sich auch das Lesen dieses Buches sparen.
Mein Buch ist kein Buch für weitere Ausreden.
Sina TrinkwalderTweet
Motivations-Coaches, Lebensratgeber und ähnliches gibt es viele – wie Sie in Ihrem Buch selbst schreiben. Was unterscheidet Ihr Buch von anderen?
Die betüdeln ja nur. Das ist genau das, was ich auch selbst lange genug gemacht habe. Dieses "Positiv-Thinking" ist Bullshit. Man liest das und bekommt ein paar nette Tipps wie "Das Leben ist immer bunt und nicht grau" oder so. Damit bescheißt man sich ja selbst und packt sich in Watte. Mein Buch ist kein Buch für weitere Ausreden. Ich nenne jemanden der fett ist auch fett. Wenn Sie das akzeptieren, fangen Sie an, sich selbst kennenzulernen.
Der Unterschied ist bei Ihnen also, dass Sie sagen, man sollte nicht nur positiv, sondern auch gezielt negativ denken?
Nein. Eher: Denken Sie optimistisch in Bezug auf die Realität. Einer meiner Lieblingszitate aus dem Buch ist: 'Es stimmt nicht, dass alles möglich ist. Aber man kann alles versuchen.'
Würden Sie sich im Moment, nachdem Sie Ihr Buch geschrieben haben, als wirklich glücklich beschreiben?
Seitdem ich weiß, wer ich bin, was meine Stärken und Schwächen sind – übrigens ein sehr wichtiger Aspekt – bin ich rundum glücklich und zufrieden. Es gibt natürlich auch schlechte Tage, aber die gehören dazu.
Eine neue Einstellung also?
Es ist immer eine Frage der Einstellung. Ein Beispiel: Wenn ich im Stau stehe, kann ich mich über die hundert Vollidioten aufregen, die die Straße verstopfen; oder ich nutze die Zeit, um die Vorfreude auf das Wachsen zu lassen, was am Ende auf mich wartet.
"Das Finden seiner selbst, sich der eigenen Stärken und Schwächen bewusst werden" – so beschreiben Sie die Grundlage einer erfolgreichen Veränderung. Wie stelle ich das in der Praxis an?
Das ist eigentlich ganz einfach, indem Sie beginnen, ehrlich zu sich selbst zu sein. Dann werden Sie Ihre Schwächen ganz schnell erkennen und ausmerzen. Es gibt kein Patentrezept. Es fängt alles bei einem selbst an. Sie müssen sich eingestehen, dass Sie manche Dinge nicht können oder bestimmte Charaktereigenschaften nicht haben. Das müssen wir auf Grund unserer Leistungsgesellschaft erst wieder lernen.
Thema Leistungsgesellschaft und Akzeptanz: In Ihrem Buch empfehlen Sie, sich auch mal zurückzunehmen, gezielt einen Ausgleich zum Alltag zu suchen. Inwieweit wird das, vor allem vom Arbeitsumfeld, akzeptiert?
Das ist gar kein Problem. Wir glauben nur ganz oft, dass es für andere eines ist. Aber Sie werden sehen, wenn Sie sich mal eine Auszeit von etwas nehmen, dann akzeptiert Ihr Umfeld das auch. In der restlichen Zeit sind Sie nämlich dadurch viel effektiver. Und Sie werden feststellen, es geht. Man muss sich einfach nur trauen.
Gelingt so etwas einfacher, wenn ich weiß, dass ich mich auf mein Umfeld verlassen kann, dass Aufgaben erledigt werden, auch wenn ich nicht da bin?
Dass man glaubt, dass ohne einen selbst nichts läuft, ist nur das Bedienen der eigenen Eitelkeit. Die verliert man mit der Zeit.
Was würden Sie sagen: Muss ich den Weg der Veränderung alleine beschreiten oder ist externe Hilfe sinnvoll?
Am Ende des Tages müssen Sie es für sich selbst machen. Es bringt nichts, wenn ich meinen besten Freund oder meine Mitarbeiter frage, wie sie mich sehen. Die würden nämlich relativieren. Einen ordentlichen Menschen aus sich zu machen, ist Ihre eigene Verantwortung und die können sie nicht abgeben. In dem Moment, in dem Sie jemanden externen konsultieren, holen Sie sich ja schon wieder eine Bestätigung. Es ist ein Weg, den Sie alleine gehen müssen.
Dass man glaubt, dass ohne einen selbst nichts läuft, ist nur das Bedienen der eigenen Eitelkeit.
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Sie appellieren, diesen Weg so früh wie möglich einzuschlagen. Wenn ich das getan habe, wie schaffe ich es, ihn auch kontinuierlich zu gehen?
Es macht Freude. Stellen Sie es sich vor, wie einen Tanzkurs. In der ersten Stunde lernen Sie den Standardschritt, bis Sie ihn können und er Spaß macht. Und mit jeder weiteren Stunde lernen Sie mehr, werden Sie sicherer. So gehen Sie Schritt für Schritt voran, bis Sie den Goldkurs tanzen können.
Wenn wir in diesem Bild bleiben: Auch ein Tanzkurs birgt Niederlagen.
Und die sind ganz, ganz wichtig. Siege bringen nur Ausrufezeichen. Niederlagen bringen die Fragezeichen, an denen es zu arbeiten gilt.
Haben Sie Ihr neues Lebensgefühl und Ihre Einstellung auch auf Ihr eigenes Unternehmen (manomama) übertragen?
Der Gag ist, dass ich das vorher schon getan habe, ohne mir dabei bewusst zu sein, dass ich eigentlich selbst nicht so bin.