Noch immer interessieren sich zu wenig Frauen bei der Jobwahl für Maschinen und Motoren. Dabei sind die Karrierechancen in den sogenannten MINT-Branchen bestens - wie unsere drei Beispiele zeigen.
EMOTION unterstützt den nationalen Pakt "Komm, mach MINT" (MINT steht für Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) und veranstaltet zusammen mit Unternehmen Events zum Thema.
Lesen Sie hier den Nachbericht zu unserem MINT-Event 2012 in Karlsruhe.
Die Überfliegerin
Sandra Blunck, 35
wurde im Herbst 2012 bei Airbus zur Senior Managerin befördert und leitet das Team, das für die Flugtauglichkeit aller Standardteile - vom Stecker bis zum Kabelbinder - zuständig ist. Sie hat Luft-und Raumfahrttechnik in Bremen und Oxford studiert und lernte Airbus und die EADS-Gruppe bereits als Werkstudentin kennen. Sie ist Mutter eines einjährigen Sohnes.
Rosa oder Hellblau?
Ich stamme aus einer künstlerischen Familie: Mutter Malerin und Bildhauerin, Schwester Modedesignerin. Allerdings hat mein Vater eine Spedition und nahm mich oft mit in den Hamburger Hafen. Ich liebte es, und er hätte mich gern als Nachfolgerin gesehen. Ich wollte aber verstehen, warum Mega-Schiffe schwimmen und riesige Flugzeuge fliegen.
Beruf und Berufung
Erst studierte ich Mathematik, dann rieten mir Leute von der NASA, zur Luft- und Raumfahrttechnik zu wechseln. Das Studium war hart. Von 120 hielten nur 28 durch. Ich zweifelte
einmal – als ich durch die Elektrotechnik-Prüfung rasselte.
Wunsch und Wirklichkeit
Mein Studium finanzierte ich mir mit der Organisation von Feiern. In diesem Zusammenhang lernte ich einen Airbus-Manager kennen, der mir die erste Tür öffnete. Erst im beruflichen Alltag erschloss sich mir die Faszination des Ingenieurberufes. Vier Jahre arbeitete ich im Bereich "Kabinentests" und genoss es, so dicht am Flugzeug zu sein. Jetzt arbeite ich mehr strategisch.
Allein unter Männern
Ich gehörte nie zu den Frauen, die die besseren Männer sein wollen. Mir hat vielmehr meine emotionale Intelligenz geholfen, etwa wenn es in Meetings nicht voranging und ich gemerkt habe, dass eher ein zwischenmenschliches Problem schuld ist. In meinem Team sind fast nur Männer. Die haben mich anfangs genau beobachtet. Aber das würde einem neuen männlichen Vorgesetzten doch genauso gehen.
Chancen und Zukunft
Ich finde es gut, dass bei EADS auch Ingenieure ins Management kommen, nicht nur Wirtschaftsleute. Frauen haben momentan den Vorteil, dass sie besonders gefördert werden. Die Vereinbarkeit von Familie und Karriere ist aber ein Thema - zumindest haben sich meine deutschen Kollegen gewundert, dass ich nur sechs Monate Babypause gemacht habe.
Die Risikomanagerin
Heike Bussmann, 30
arbeitete schon für E.on während sie an der TU Braunschweig Wirtschaftsingenieurwesen studierte. Seit 2009 ist sie bei dem Konzern angestellt und gehört seit 2010 einem internationalen Team von Risikomanagern an, die für den sicheren Betrieb der Wasserkraftwerke in verschiedenen Ländern zuständig sind.
Rosa oder Hellblau?
Unsere Eltern haben meine Schwester und mich eher neutral erzogen - es gab Puppen, aber auch Lego und Fischertechnik. Als Schülerin habe ich mich dann sehr für Physik interessiert, was nicht besonders auffiel, weil es eine Mädchenschule war.
Beruf und Berufung
Ein volles Ingenieurstudium wollte ich nicht, daher die Kombination mit Wirtschaft. An der Energietechnik haben mich die großen Maschinen und hohen Voltzahlen fasziniert. Und an der Energiewirtschaft, dass sich da so viel bewegt: Ich bin ja genau in die Umbruchszeit von der alten Kohlewelt zu den erneuerbaren Energien gekommen.
Wunsch und Wirklichkeit
Bisher lief es rund! Es war ein Vorteil, die Unternehmensstrukturen schon aus der Studienzeit zu kennen. Dass ich international arbeiten darf, noch dazu in einem Zukunftsfeld mit großen Herausforderungen, empfinde ich als großes Glück.
Allein unter Männern
Nach meinen Erfahrungen mit Zickereien auf der Mädchenschule fand ich es an der Uni unter vielen Jungs entspannter. Anfangs machten sie alberne Bemerkungen, aber das erledigte sich, als sie merkten, dass sie bei uns Mädels gut abschreiben konnten. In meinem 16-köpfigen Team sind vier Frauen. Von Männern, die die Arbeitswelt von früher kennen, wird man schon mal kritisch beäugt. Letztlich zählt aber die Leistung.
Chancen und Zukunft
Ich möchte im Bereich der erneuerbaren Energien bleiben und auch aufsteigen. Eine Quotenfrau möchte ich allerdings nie sein. In Schweden zum Beispiel ist es normal, dass beide Elternteile arbeiten - das muss doch auch in Deutschland gehen! Ich glaube, viele Frauen müssen lernen, das einzufordern, was sie wollen.
Die Studentin
Madeline Remstedt, 24
hat ein Stipendium für das duale Studium der "Informations- und Elektrotechnik" an der Hamburger Hochschule für angewandte Wissenschaften. Den praktischen Teil der Ausbildung absolviert sie bei Vattenfall, wo sie bereits eine Ausbildung zur "Elektronikerin für Betriebstechnik" abgeschlossen hat.
Rosa oder Hellblau?
Schuld an meiner Begeisterung für Technik ist mein Papa! Er ist Elektriker und hat mich immer viel mitwerkeln lassen. Auch meine Mutter hat mir wohl Interesse vererbt, sie ist Gas-Wasser Installateurin.
Beruf und Berufung
Elektrotechnik, Maschinenbau oder Schiffsbau? Ich konnte mich nicht entscheiden und machte erst mal eine Ausbildung bei Vattenfall. Von den zehn Abteilungen des Unternehmens, die ich durchlaufen habe, gefällt mir meine jetzige am besten: Netzservice, Bereich Schutztechnik. Dort mag ich die ständig neuen Anforderungen an die Netzsicherheit, die durch die alternativen Energien entstehen.
Wunsch und Wirklichkeit
Enttäuschungen gab es weder im Studium noch im Betrieb. Besonders schön ist das Entgegenkommen der erfahreneren Kollegen. Sie binden mich meinen Fähigkeiten entsprechend ein, helfen aber auch, wenn ich etwas noch nicht kann.
Allein unter Männern
In der Berufsschule war ich das einzige Mädchen in der Klasse, jetzt an der Uni sind wir zu zweit in der Gruppe. Gestört hat mich das eigentlich nie. Nur als ein Professor meinte, Frauen hätten in diesem Job nichts zu suchen, fand ich das blöd - auch wenn es wohl scherzhaft gemeint war. Meine Erfahrung: Sobald die männlichen Kollegen merken, dass ich etwas kann, verhalten sie sich ganz normal.
Chancen und Zukunft
Mit meinem Studium bin ich sehr flexibel, denn Elektrotechnik wird überall gebraucht - ohne sie könnte man ja nicht mal telefonieren. Mit der Zeit möchte ich auch mehr Verantwortung im Job übernehmen. Dass ich da an Grenzen stoße, glaube ich nicht - Frauen-Karrieren werden doch immer selbstverständlicher.
Das war der MINT-Abend 2012 in Karlsruhe
Das EMOTION-Event "Mehr Frauen in MINT-Berufe" fand diesmal an der Hochschule Karlsruhe statt. In der voll besetzten Aula ließen sich rund 160 junge Frauen wieder von weiblichen Vorbildern aus der Wirtschaft davon überzeugen, wie gut die Karrierechancen in den technisch naturwissenschaftlichen Branchen sind. Spaß und Networking gab's inklusive.
Selbstbewusstsein und Durchsetzungkraft
Die Liebe zur Technik allein reicht nicht - Frauen, die in einer der MINT-Branchen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) Karriere machen wollen, brauchen neben Fachwissen viel Selbstbewusstsein und Durchsetzungskraft. Es war vor allem diese Botschaft, die die Repräsentantinnen der Partnerunternehmen des Abends dem weiblichen MINT-Nachwuchs mit auf den Weg gaben: Dr. Isabell Ulber, Physikerin (EnBW); Dr. Stephanie Tappe, Verfahrenstechnikerin (Vattenfall); Dr. Sabine Muschik, Maschinenbauingenieurin (TRUMPF) und Sabine Plietzsch, Diplom- Verkehrswirtschaftlerin (BMW).
In ihren Impulsvorträgen schilderten sie ihren Weg von der Studienwahl bis in ihre heutige Position. Man erfuhr, wie abwechslungsreich und spannend MINT-Jobs sind, was die jeweiligen Arbeitgeber speziell für Frauen tun - aber auch, dass weibliche Aufsteigerinnen durchaus gegen Vorbehalte und Widerstände anzukämpfen haben. Wie Frauen sich in den männlich dominierten Berufen behaupten, war daher ein Schwerpunkt des Abends. "Spiele mit der Macht" lautete passend dazu der Vortrag von Marion Knaths (sheboss.de). Die Managementtrainerin entlarvte auf unterhaltsame Art männliche Karrieremechanismen, allen voran den Grundsatz "Rangordnung vor Inhalt!" Anhand zahlreicher, aus dem Arbeitsleben gegriffener Situationen machte sie klar: Wer diese Regeln durchschaut - und mitspielt! - hat es leichter!
Ein weiterer Aspekt, der den Abend bestimmte: Wie lassen sich Karriere und Familie miteinander vereinbaren? Mit Disziplin, Selbstvertrauen, Mut - und dem passenden Partner! So lauteten die Antworten der Referentinnen, die fast alle aus Erfahrung als Mutter sprechen konnten. Für Fragen, die nach dem Programm noch offen geblieben waren, standen die Vertreterinnen der Partnerfirmen an den Informationsständen und beim Get-together mit Sekt und Snacks zur Verfügung.
Nicht vergessen!
Der nächste EMOTION-Abend für Frauen in den MINT-Branchen findet am 26. März um 18:30 Uhr an der Universität Hamburg statt.