Optimal, das klingt nach Perfektion und maximalem Einsatz. Dabei meint "Optimum" eigentlich etwas anderes: das Ergebnis, das unter den jeweiligen Umständen das beste ist – warum es so guttut, nicht weniger, aber auch nicht mehr zu geben.
Das war in der Tat ziemlich suboptimal - sagen viele und meinen damit: Das war totaler Mist. Das hätte sicher besser geklappt, wenn du ein bisschen mehr mitgedacht oder dich mehr reingehängt hättest. Okay, manche Dinge laufen nicht so glatt, wie wir es gern hätten, aber können wir immer etwas daran ändern? Hätten wir es wirklich besser machen können und wenn - woher wissen wir, dass dieses so begehrte "Optimum" erreicht ist? Das Optimum beschreibt das bestmögliche Ergebnis unter gegebenen Umständen und Voraussetzungen, es ist also kein Ideal, was immer noch besser sein könnte, aber schon mal das Beste, was wir jetzt und hier aus den Dingen herausholen können.
Ist "das Meiste" wirklich "das Beste"?
In den Wirtschaftswissenschaften wird seit Jahrzehnten gepredigt, dass das Optimum auch immer das Maximum ist. Ob das stimmt, fangen wir inzwischen glücklicherweise an, infrage zu stellen, denn warum sollte es so sein? Warum sollte eine Anzahl, also das "Meiste" von etwas, ausschlaggebend für die Qualität einer Sache sein? Schrott bleibt Schrott, da kann ich noch so viel davon anhäufen - das gilt übrigens nicht nur in wirtschaftlichen sondern auch in sozialen Fragen.
Selbstoptimierung ist nicht unbedingt sinnstiftend
Wenn ich mich wirklich auf die Suche nach dem "Optimalen" mache, ist es wichtig, andere Kriterien zu finden, andere Maßstäbe anzusetzen als die der reinen Berechenbarkeit und Effizienz. Da stimmen wir zwar alle sofort zu, dennoch glauben wir mittlerweile oft selbst an solche Schlagworte wie das "quantified self", das uns gerade aus Amerika entgegenschwappt und mit Parolen verführt, die die Menschen dazu bringen, mit einem Gerät am Gürtel an Bushaltestellen herumzuspringen, damit sie jede scheinba verlorene Minute wenigstens noch zum Abbau von Kalorien nutzen - eine günstig zu erwerbende App spielt dazu eine Grafik aufs Handy und wenn man dann irgendwann einmal keinen Moment des Tages vergeudet hat, sagt das Smartphone, dass heute der optimale Tag gewesen sein muss. Ist das die Zukunft, ist es das, was uns der technische Fortschritt bescheren wird? Ich würde eher dafür plädieren, die eigentliche Idee des Optimums ernst zu nehmen - also für all das, was durchaus besser, effizienter oder erfolgreicher sein könnte, und somit eben nicht perfekt ist, sich aber oft besser anfühlt und tatsächlich ziemlich zielführend sein kann.
Auf das Ergebnis kommt es an
Der dänische Physiker Niels Bohr soll sich einmal im Urlaub auf einer abgelegenen Berghütte zunächst gewundert und dann gefreut haben, dass es gelingt, mit abgestandenem Spülwasser und nicht mehr einwandfreien Küchenhandtüchern die benutzten Gläser wieder ganz sauber zu bekommen - ideal ist das vielleicht nicht, aber am Ende merkt es eh keiner. Und das Ergebnis ist auch nicht schlechter.
Ina Schmidt, 39, ist Philosophin und Autorin. Sie hat die Initiative „denkraeume“ gegründet, mit der sie die Weisheit großer Denker aus dem Elfenbeinturm der Wissenschaft in den Alltag holt.