Eine Familiengeschichte, die 1953 beginnt, durch einen Mord erschüttert wird und 1992 in London endet. Es geht um Liebe, Heimat, Glück - und das Thema Ehre, das alles in ein Drama verwandelt.
Ausgewählt vom Netzwerk BücherFrauen, diesmal von der Redakteurin und Autorin Grit Ellen Sellin.
Elif Shafak: "Ehre"
"Dieser Roman ist denen gewidmet, die hören und sehen." Es ist ein Roman voller verschiedener Stimmen, die alle durch einen Strang verbunden sind – die gemeinsame Familie. Interessant und lesenswert ist dieses Buch auch, weil der Begriff der Ehre mit anderer Bedeutung dargestellt wird, aus zentraleuropäischer Sicht jedenfalls. Doch lässt sich ein Mord überhaupt mit dem Motiv Ehre rechtfertigen?
Die Autorin ermöglicht mit diesem Buch einen Einblick in die türkisch-kurdische Gesellschaft, deren Auswirkungen bis in die Gegenwart reichen. Männer und Jungen besitzen Ehre, Mädchen und Frauen dagegen Scham. Ohne Bewertung erzählt die Autorin lebendig und voller Bilder. Ihr gelingt die anschauliche Darstellung der verschiedenen Orte und Lebensläufe. Dabei geht sie nicht chronologisch vor, sondern fügt Mosaikstein zu Mosaikstein und gibt den Leser/-innen damit die Chance, das Bild selbst für sich zusammenzusetzen.
Zeitlich beginnt die Familiengeschichte 1945 in einem kleinen kurdischen Dorf mit der Geburt von Zwillingstöchtern Pembe und Jamila, kulminiert 1978 in einem Mord in London und endet 1992 mit der Entlassung von Pembes Sohn Iskender vor dem Gefängnis in Shrewsbury. Elif Shafak verleiht den unterschiedlichen Familienmitgliedern glaubwürdige Stimmen. Sie spannt den Bogen von der einzigen Ich-Erzählerin, Esma – Pembes Tochter, die die Geschichte ihrer Mutter erzählt, über die kurdische Großmutter, den türkischen Ehemann und Onkel, den Sohn und Bruder bis hin zu Pembes Zwillingsschwester Jamila, die in Kurdistan geblieben ist. Grit Ellen Sellin, Redakteurin im Geschäftsbereich Deutsch/Gesellschaftswissenschaften der Cornelsen Schulverlage Berlin, außerdem Pressefrau der Berliner BücherFrauen und Autorin von Kurzgeschichten (
Ein beeindruckender Roman über die Familie, die Geschlechterrollen, die verlorene Heimat, die Suche nach dem Glück in London und die Ehre, wie der Titel betont. Wenn nichts mehr bleibt, ist wenigstens noch die Ehre da, die verteidigt werden muss. "Je weniger ein Mann besaß, umso größer war der Wert seiner Ehre." (S. 241)
Grit Ellen Sellin
Diese Buch-Tipps entstanden in Kooperation mit den BücherFrauen. Mehr über die "Women in Publishing"
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