Mit dem Pygmalion-Effekt konnten Robert Rosenthal und Lenore Jacobsen beweisen, dass die Leistung von Menschen immer von äußeren Erwartungen abhängig ist. Ein Trick, den wir uns im Alltag zunutze machen können!
Pygmalion-Effekt: Erwartungen bestimmen über Resultate
Der Pygmalion-Effekt, auch als Rosenthal-Effekt bekannt, zeigt auf beeindruckende Weise, dass wir unsere Mitmenschen niemals unterschätzen sollten. Stattdessen können wir uns gegenseitig mit positiv formulierten Erwartungshaltungen zu Bestleistungen anspornen. Kurz gesagt besagt das Phänomen, dass Menschen sich immer so verhalten, wie man es von ihnen erwartet. Das lässt sich zum Beispiel bei Führungskräften beobachten, die ihre Mitarbeiter:innen zu herausragenden Leistungen antreiben können, wenn sie ihnen den richtigen Zuspruch und das nötige Vertrauen schenken. Auch Eltern oder Lehrer:innen können Kinder durch ihre Erwartungshaltung zu besseren Noten oder einem selbstbewussteren Auftreten antreiben.
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Das Rosenthal-Experiment mit Schüler:innen
Genau diesen Effekt beobachteten die beiden Psycholog:innen Robert Rosenthal und Lenore Jacobsen nämlich 1968 im bekannten „Rosenthal-Experiment“. Dabei führten sie zunächst mit Schülern und Schülerinnen an einer kalifornischen Grundschule einen IQ-Test durch. Dann wurde den Lehrer:innen ausgerichtet, welche der Schüler:innen angeblich überdurchnittlich intelligent seien. Der Clou: Sie orientierten sich dabei nicht an den Ergebnissen des Tests, sondern wählten die vermeintlich Hochbegabten nach reiner Willkür aus. Den Lehrer:innen sagten Rosenthal und Jacobsen, dass die ausgewählten Schüler:innen am Ende des Schuljahres einen deutlichen Leistungsschub erleben würden.
Und genau das trat auch ein: Nach dem Schuljahr kehrten die Psycholog:innen an die Schule zurück und stellten fest, dass die auserwählten Schüler:innen tatsächlich am besten abgeschnitten hatten. Da die Schüler:innen aber selbst nicht wussten, ob sie zu den Auserwählten gehörten oder nicht, konnten Rosenthal und Jacobsen daraus schließen: Allein durch eine positive Erwartungshaltung mussten die Lehrer:innen die vermeintlichen Überflieger zu besseren Leistungen angetrieben haben. Dementsprechend verhalten sich Menschen immer so, wie andere Menschen es von ihnen erwarten. Wenn wir positive und gute Leistungen von einer Person erwarten, dann senden wir unterbewusst ganz andere Signale an diese aus: wir ermutigen mehr und nehmen vor allem die positiven Entwicklungen wahr, anstatt uns auf kleinere Fehler zu fokussieren. Durch diese bewusste und auch unbewusste Förderung verändert sich automatisch das Verhalten der anderen Person.
Warum heißt es Pygmalion-Effekt?
Seinen Namen hat der Pygmalion-Effekt übrigens erhalten, weil er Parallelen zu einer Erzählung aus der altgriechischen Mythologie aufweist: Pygmalion war ein einsamer und verbitterter Bildhauer, der sich sehnlichst eine Frau wünschte. Also schnitzte er sich seine Traumfrau selbst – und diese erwachte dann eines Tages zum Leben.
Vor allem im Schul-Kontext ist der Pygmalion-Effekt bzw. der Rosenthal-Effekt also von großer Relevanz: Je nachdem, ob der Schüler oder die Schülerin von der Lehrkraft über- oder unterschätzt wird, verhält er oder sie sich auch im Unterricht. "Geringe Erwartungen der Lehrkraft gehen mit einem geringeren schulischen Fähigkeitsselbstkonzept des Kindes einher – unterschätzte Kinder sind also unsicherer, Leistungsanforderungen gerecht werden zu können", schreibt die Hochbegabungs- und Kreativitätsforscherin Tanja Gabriele Baudson von der Universität Trier.
Wie können wir uns den Pygmalion-Effekt im Alltag zunutze machen?
Natürlich lässt sich der Pygmalion-Effekt auch auf viele weitere Situationen im Leben übertragen – wie etwa auf den Berufsalltag. Wie oben schon angedeutet, können ihn sich vor allem Führungskräfte zunutze machen. Wer sich als Chef oder Chefin auf die Stärken der Mitarbeiter:innen konzentriert, sie regelmäßig lobt und motiviert, der wird diese mit größerer Wahrscheinlichkeit auch zu besseren Leistungen antreiben. Diese Ermutigung kann allein schon durch nonverbale Kommunikation, wie etwa zustimmendem Nicken oder Lächeln, geschehen. Gleichzeitig kann der Pygmalion-Effekt natürlich auch in die negative Richtung schlagen: Wenn Führungskräfte ein weniger positives Bild ihrer Kolleg:innen verinnerlicht haben, können sie damit unterbewusst auch das Verhalten negativ beeinflussen.
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