Die Arbeit im Home Office funktioniert bei den meisten - doch für Eltern mit Kleinkind wird diese Zeit zur Zerreißprobe. Und steht dem Thema Gleichberechtigung im Weg, findet unsere Autorin.
Home Office Arbeit mit Kind ist schwierig
Während der Corona Krise: Ich sitze an unserem neu installierten Schreibtisch im Schlafzimmer und arbeite an einem Text, mein Partner beschäftigt sich im Wohnzimmer mit unserer Tochter, zweieinhalb Jahre alt. Eigentlich klappt alles gut, die beiden toben auf dem Sofa. Doch dann rutscht die Kleine ab und fällt mit dem Kopf aufs Laminat. Das Geschrei ist groß - das Verlangen nach Mama noch größer. Ich muss meine Arbeit unterbrechen und trösten. Als der Tränenfluss gestoppt ist, bleibt sie eine weitere halbe Stunde auf meinem Schoß, an Arbeiten ist erstmal nicht zu denken.
Arbeit im Home Office hat viele Vorteile, solange man kein Kleinkind hat
Seit über drei Wochen sind mein Partner und ich zu Hause und arbeiten im Home Office, bleiben auch sonst tagsüber in unserer Wohnung, um niemanden zu gefährden und mitzuhelfen, die Infektionsrate des Corona-Virus zu senken. Ganz Deutschland arbeitet momentan daheim, für die meisten ist das kein Problem, sie genießen ihre dazu gewonnen Freiheiten und kokettieren mit neuen Hobbies. Die Arbeit im Home Office kann funktionieren und hat viele Vorteile – solange man kein Kleinkind hat.
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Sich mit Kleinkind auf etwas konzentrieren - das ist schlicht nicht möglich
Einen Artikel zu schreiben oder ein Konzept auszuarbeiten, während mein Kind neben mir steht und mit mir kommunizieren möchte, das ist schlicht nicht möglich. Wenn ich dringend etwas erledigen muss, dann lasse ich sie ab und zu ein paar Videos gucken, aber länger möchte ich sie nicht vor dem Tablet parken. Experten raten sogar davon ab, Kinder unter drei Jahren überhaupt Fernsehen oder Videos gucken zu lassen, weil sie die Eindrücke noch nicht verarbeiten können.
Seit meine Tochter keinen Mittagschlaf mehr macht, fällt auch die Möglichkeit, mittags zu arbeiten weg. Sie soll außerdem ein vernünftiges Mittagessen bekommen, muss gewickelt werden, sie will singen, tanzen, Laufrad fahren, mit Fingerfarben malen, und muss dabei meistens betreut werden. Immerhin geht sie nach einem vollen Tag früh ins Bett, was mich dazu bringt, meine Arbeitszeiten in den Abend zu verschieben, oder in den ganz frühen Morgen, wenn sie noch nicht wach ist.
Meine Arbeitsstunden schaffe ich so einzuhalten, aber es erschwert die Zusammenarbeit, wenn ich am Rechner sitze, während sich der Rest des Teams längst auf der Couch entspannt. Kinderlose freuten sich über ihre neu gewonne Freizeit, ich hatte durch Abende mit Arbeit so wenig Zeit für mich wie lange nicht mehr.
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Entscheidung zwischen Kind und Beruf
Mit einer funktionierenden Kinderbetreuung habe ich das Gefühl, dass ich als Mutter meinen Beruf ausüben kann, die Kita ist erst der Grund dafür, dass ich mich beruflich verwirklichen kann. Seitdem die Schulen und Kitas zu sind, habe ich zum ersten Mal ein Verständnis dafür bekommen, was es heißt, sich zwischen Kind und Beruf entscheiden zu müssen und abgehängt zu werden von denen, die kein Kind oder ältere Kinder haben.
Führt das Home Office uns zurück zu alten Rollenbildern?
Home Office mit Kind oder sogar mehreren ist für arbeitende Mütter eine Zerreißprobe. Ein Kleinkind braucht Betreuung und die leistet zu oft automatisch die Mutter, wenn sie zu Hause ist. Alle Eltern sind momentan übermäßig belastet, aber gerade Mütter rutschen in einer Ausnahmesituation wie dieser automatisch in alte Rollenmuster zurück, die ausschließlich Müttern die Kinderfürsorge und -erziehung zuteilen.
Aber nicht nur die Kinderbetreuung, auch Haushaltsarbeit wie einkaufen, kochen, Wäsche waschen, aufräumen oder staubsaugen droht wieder häufiger von Müttern gemacht zu werden. Die aktuelle Situation stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Familienleben auf eine harte Probe und führt sie bis an die Belastungsgrenze.
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Die ersten Tage waren hart
Die ersten Tage in dieser Konstellation waren hart und brachten uns bis an unsere absoluten Grenzen dessen, was aushaltbar ist. Uns hat es geholfen, Schichten einzuführen. Einer arbeitet, der andere kümmert sich um unsere Tochter, dann wird gewechselt. Wenn ein Elternteil arbeitet, darf er nicht gestört werden, auch ich als Mama bin dann tabu. Um meine Arbeit zu machen, muss ich konzentriert arbeiten können, und mein Kind gut betreut wissen.
Dass viele Menschen ihre Arbeit während der Corona-Krise im Home Office erledigen können, ist gut und sorgt dafür, dass Deutschland wirtschaftlich nicht komplett zusammenbricht, aber sie setzt Mütter (und auch Väter) größten Belastungen aus, die nur mit viel Durchhaltevermögen bewältigt werden können.