Ihr seid in letzter Zeit nicht ganz ihr selbst? Kann am Corona-Brain liegen: Mangelnde Strukturen und weniger soziale Kontakte während der Pandemie sind auch für unser Gehirn eine echte Herausforderung.
Dass wir angesichts der ewigen Lockdown-Wochen mütend (müde + wütend) sind, ist klar: Uns fehlen Perspektiven, feste Strukturen und soziale Kontakte. Das Homeoffice zieht sich schon seit Monaten wie ein zähes Kaugummi durch unser Leben und wir fühlen uns ein bisschen wie bei "Und täglich grüßt das Murmeltier", wenn der Wecker morgens klingelt. Corona schlägt auf die Psyche und auch unser Gehirn bekommt die Belastungen der Pandemie knallhart zu spüren. Klar denken fällt uns schwerer, wir sind abgelenkt, unkonzentriert und fühlen uns wie benebelt. In der Wissenschaft dieses Phänomen auch als "brain fog" bezeichnet.
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"Am besten lässt es sich so beschreiben, dass man sich sich nicht wirklich wie man selbst fühlt", erklärt Mike Dow, Psychotherapeut und Bestsellerautor ("The Brain Fog Fix"), das Gehirnnebel-Phänomen. "Es kann sich bei verschiedenen Menschen unterschiedlich bemerkbar machen. Es können einem zum Beispiel Wörter nicht mehr einfallen". Auch eine trübe Stimmung, wenig Energie oder Vergesslichkeit gehörten zu den Symptomen von "brain fog".
Corona-Brain: Wie unser Gehirn unter der Pandemie leidet
Es sind verschiedene Faktoren unseres aktuellen Lebensstils, die Veränderungen in bestimmten Gehirnarealen verursachen und dafür sorgen, dass wir an einem "Corona Brain" leiden. Wissenschaftler:innen benennen vor allem folgende Umstände:
Isolation: Durch wegfallende Kontakte und Gespräche wird unser "soziales Gehirn" seltener aktiviert. Bei Treffen mit Freund:innen und Familie werden wir normalerweise mit dem Glückshormon Dopamin belohnt. Diese positive Bestätigung bleibt nun aus. Folglich fehlt es uns im Alltag an Motivation und wir nehmen den mangelnden sozialen Austausch als psychische Belastung wahr. Fehlende soziale Kontakte können sogar dazu führen, dass unser Gehirn schrumpft.
Fehlende Strukturen: Auch unser "Arbeitsgedächtnis" wird durch den Pandemie-Alltag beeinflusst. Dieses vermerkt, welche Handlungen man wann und aus welchem Grund tut – dadurch können wir unseren Fokus auf neue Dinge legen. Veränderte Routinen und permanente neue Stimulationen (zum Beispiel durch Nachrichtenüberfluss) während der Pandemie überfordern uns geistig: Wir werden unkonzentriert und lassen uns schneller ablenken.
Fehlende Inspiration: Aktuell mangelt es uns an Erlebnissen, die uns wirklich inspirieren – zum Beispiel Reisen oder Feiern. Dadurch sind wir auch weniger kreativ und kommen ins Grübeln.
Negative Eindrücke: Seit über einem Jahr werden wir überflutet mit Nachrichten. Durch die vielen Eindrücke wird ein Teil in unserem Gehirn stimuliert, der für unsere Gedächtnisleistung zuständig ist. Die dauerhafte Reizüberflutung sorgt dafür, dass wir vergesslicher werden.
Chronischer Stress: Existenzängste, Homeoffice und Homeschooling – der Lockdown kann bei vielen von uns Dauerstress hervorrufen. Gleichzeitig sind wir machtlos und können an unserer Situation kaum etwas ändern. Negative Gefühle wie Wut oder Angst nehmen dadurch zu.
Tipps gegen das Corona-Brain
Für unser Gehirn ist der Lockdown also eine echte Ausnahmesituation. Es gibt einige Dinge, die wir tun können, um es unserem Denkorgan in der jetzigen Zeit etwas leichter zu machen. Direkte Gespräche mit anderen Menschen beispielsweise helfen gegen soziale Isolation. Wenn wir immer nur mit Familien und Freund:innen per Messenger kommunizieren, dann schafft das keine echte Interaktion, wie es zum Beispiel ein Telefonat tut.
Rituale können uns dabei helfen, Struktur im Alltag zu schaffen. Folgen wir einem bestimmten Tagesrhythmus und beschränken unseren Nachrichtenkonsum zum Beispiel nur auf eine bestimmte Uhrzeit, dann ist unser Gehirn nicht mehr ganz so überfordert. Tägliche Meditation kann dazu beitragen, negative Gefühle wie Ängste loszulassen und Klarheit im Kopf zu schaffen.
Auch kann es sinnvoll sein, wenn wir unsere Zeit am Bildschirm bewusst reduzieren. Soziale Medien befeuern die ständige Reizüberflutung nur noch zusätzlich. Wie wär's stattdessen mit einer Runde Sport, um sich mal so richtig auszupowern und ein paar Glückshormone freizusetzen?
Die gute Nachricht: Laut Wissenschaftler:innen ist das "Corona Brain" nur vorübergehend. Wenn die Pandemie beendet ist und wir wieder in unser normales Leben zurückkehren, dann findet auch unser Gehirn wieder zurück in seinen Normalzustand.
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