Den richtigen Job finden: Was bei der Bewerbung oft falsch läuft und wie die Jobsuche erfolgreich wird, verrät Karriereberaterin Annemette ter Horst im Interview.
EMOTION: Frau ter Horst, 20 Bewerbungen, 20 Absagen: Das erleben viele bei der Jobsuche. Was läuft falsch?
Annemette ter Horst: Das passiert, wenn in Jobbörsen nach freien Stellen gesucht wird und die Bewerber nur schauen, welche fachlichen Qualifikationen gefragt sind. Wenn sie dann meinen, diese – oder möglichst viele davon – zu erfüllen, schicken sie ihre Unterlagen hin.
Ist das denn nicht richtig?
Es kann funktionieren, wenn sich nur sehr wenige für die Stelle interessieren. Aber bei 50, 100 oder mehr Bewerbern, die alle ebenfalls fachlich qualifiziert sind? Jobsuchende bedenken oft nicht: Diejenigen, die die Anzeige formulieren, können selbst nicht im Vorfeld genau definieren, wen sie am liebsten hätten. Denn auf jede Stelle passen viele verschiedene Mitarbeiter. Um die potenzielle Idealbesetzung nicht von vornherein auszuschließen, geben sie eine Bandbreite an Anforderungen vor.
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Was kann ich denn tun, außer zu schauen, ob ich die Anforderungen erfülle?
Tatsächlich sind die meisten Jobsuchenden nur darauf bedacht, einem Arbeitgeber zu gefallen. Schlimmstenfalls biegen sie ihre Bewerbung so hin, dass das Profil zu den Anforderungen passt - und wundern sich, wenn sie damit nicht überzeugen. Ich rate meinen Klienten: Suchen Sie sich den Arbeitgeber, der zu Ihnen passt!
Also Initiativbewerbung statt Stellenbörse?
Das aktive Suchen funktioniert bei beiden Varianten. Bei einer Stellenanzeige geht es nicht nur um die Frage: Kann ich, was da drinsteht? Es geht vor allem darum: Brauchen die, was ich kann? Das Rennen um den Job gewinnt der, der ein bestehendes Problem voraussichtlich am besten lösen kann. Bevor ich also 20 Bewerbungen verschicke, sollte ich ganz klar definieren, welche Probleme ich mit meiner Qualifikation und Berufserfahrung lösen kann – und will. Und auch: Was bin ich für ein Arbeitstyp, was will ich zum Unternehmen beitragen? Will ich eher Strukturen aufbauen oder mich im vorgegebenen Rahmen bewegen? Brauche ich neue Impulse oder eher Routine? Egal, wieviel Zeit Sie in diese Vorarbeit investieren, es lohnt sich!
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Wie geht es dann weiter?
Aus einer Stellenanzeige geht selten klar hervor, welche konkreten Herausforderungen der neue Mitarbeiter meistern soll. Das finden Sie im Gespräch heraus – ähnlich wie bei einer Initiativbewerbung. Rufen Sie also den Ansprechpartner für die offene Stelle an, machen Sie Werbung für sich: „Ich habe zuletzt Problem xy gelöst – ist dieses Thema auch bei Ihnen relevant?“ Lautet die Antwort nein, können Sie sich die Bewerbung sparen! Oder positiv formuliert: Wenn Sie Spezialistin für die Einführung eines bestimmten IT-Systems sind, finden Sie heraus, welches Unternehmen in diesem Bereich gerade umsattelt.
Gar nicht so einfach…
Richtig – dazu müssen Sie bei für Sie interessanten Firmen recherchieren. Nicht nur auf der Website; nützliche Infos können zum Beispiel auch interne Publikationen liefern – und natürlich die Mitarbeiter selbst. Bestimmt kennen Sie jemanden, der jemanden kennt, der in der Firma arbeitet, über die Sie etwas rausfinden wollen. Je mehr Sie über das Unternehmen wissen, desto besser. Schließlich soll ja nicht nur das Fachliche passen, sondern auch die Unternehmenskultur.
Erkenne ich die nicht erst, wenn ich schon eingestellt bin - also zu spät?
Leider stellt sich oft erst nach Monaten heraus, dass Werte oder Umgangsformen nicht zueinander passen. In manchen Fällen könnte das aber verhindert werden, wenn der Bewerber im Vorfeld genauer hingeschaut hätte. Ich rate Klienten tatsächlich, sich zum Feierabend mal am Ausgang oder im Eingangsbereich aufzuhalten. Wie kommen die Mitarbeiter raus? Fröhlich? Mit Kollegen plaudernd? Oder eher einzeln, hastig und schlecht gelaunt? Falls Sie zum Gespräch eingeladen werden: Achten Sie auch darauf, wie Vorgesetzte mit ihren Assistenten umgehen, in welchem Ton sie sprechen. Und gehen Sie nicht wortlos am Empfang vorbei – auch ein Smalltalk mit dem Pförtner kann höchst aufschlussreich sein!
Job gefunden? Nächster Schritt: Gehalt verhandeln.
Annemette ter Horst ist Gründerin und Geschäftsführerin der econnects® GmbH, einem Spezialisten für Out- und Newplacement in Hamburg. Seit den Anfängen von econnects® hat die ausgebildete Karriere- und Outplacement-Beraterin Tausende von Menschen erfolgreich bei ihrer beruflichen Veränderung begleitet. www.econnects.de
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