Der Partner oder die Partnerin legt dir die Welt zu Füßen: klingt nach wahrer Liebe, oder? Ist es aber nicht immer unbedingt. Es kann auch ein Anzeichen für das toxische Ritter-Syndrom sein.
Es wirkt eigentlich wie die perfekte Beziehung: Der Partner oder die Partnerin kocht für uns nach einem schlechten Tag, überrascht uns ständig mit Blumen, massiert uns, wenn wir über Verspannungen klagen und liest uns einfach jeden Wunsch von den Augen ab. Doch Achtung: Hinter dieser vermeintlich selbstlosen Fassade kann sich in Wahrheit auch ein egoistisches Verhaltensmuster verbergen. Dann spricht man nämlich vom "Ritter-Syndrom" (englisch: "White Knight Syndrome") – und das kann ganz schön toxisch sein.
Ritter-Syndrom: Toxisch für Beziehungen
Natürlich muss nicht jede nette Geste in einer Beziehung gleich ein Hinweis auf das Ritter-Syndrom sein. In den meisten Fällen kommen die kleinen Alltags-Gefallen ja wirklich von Herzen – weil man der Partnerin oder dem Partner etwas Gutes tun möchte. Und das ist der wesentliche Unterschied zwischen netten Alltagsgesten und toxischen Heldentaten: Die oder der "Ritter:in" vollbringt diese nicht, um die andere Person glücklich zu machen, sondern um sich danach selbst besser zu fühlen. Die Motivation dahinter ist also eine ganz schön egoistische. Die rettenden Personen gehen richtig darin auf, wenn es dir schlecht geht, weil sie sich dann als Held:in inszenieren können. Deswegen suchen sich Ritter:innen häufig auch Menschen als Partner:innen, die sich in einer schwierigen Situation befinden oder Probleme haben.
Meist wird im Zusammenhang mit dem Ritter-Syndrom von Männern gesprochen, die ihre (hilflose) Partnerin retten wollen. Dabei können auch Frauen als Ritterinnen in einer Beziehung auftreten.
Lies auch:
- Helfersyndrom – warum die Sucht zu helfen uns schaden kann
- Beziehung zu Narzissten: Ist sie möglich?
- Peter-Pan-Syndrom: Wenn Männer nicht erwachsen werden wollen
Anzeichen für das Ritter-Syndrom beim Partner oder der Partnerin
Tatsächlich ist es gar nicht immer so leicht, das Ritter-Syndrom zu erkennen. Denn nach außen wirkt ja alles perfekt. Trotzdem gibt es bestimmte Anzeichen, die dich hellhörig machen sollten. Diese erinnern ziemlich an die Merkmale einer toxischen Beziehung – eben weil vordergründig alles toll scheint, sich die Sache aber trotzdem nicht ganz richtig anfühlt.
- Manipulation: Ritter:innen wollen Anerkennung und Bestätigung für ihre rettenden Taten. Und deswegen machen sie dich auch gerne darauf aufmerksam, was sie schon alles für dich getan haben.
- Du fühlst dich schlecht: Du hast das Gefühl, undankbar zu sein und der anderen Person nicht das zurückgeben zu können, was sie für dich tut. Obwohl der/die Ritter:in dir augenscheinlich etwas Gutes tun will, fühlst du dich bedrängt und unwohl.
- Geringes Selbstwertgefühl: Ritter:innen glauben, dass sie nicht gut genug sind und nicht so angenommen werden können wie sie sind. Deswegen inszenieren sie sich gerne als die rettende Person, um die Anerkennung zu bekommen, die sie brauchen.
- Narzissmus kann auch ein Anzeichen für das Ritter-Syndrom sein. Der Partner oder die Partnerin will selbst in einem guten Licht dastehen, weshalb er oder sie fürsorglich handelt.
- Kontrolle: Ritter:innen konzentrieren sich auf das, was der Partner oder die Partnerin tun oder nicht tun sollte. Eigentlich wollen sie damit aber nur den Kontrollverlust über ihr eigenes Leben kompensieren, damit sie sich nicht ihren eigenen Problemen widmen müssen.
Was löst das Ritter-Syndrom aus?
Die Verhaltensweisen von Ritter:innen gehen oft auf Erfahrungen in der Kindheit zurück. Verluste von wichtigen Bezugspersonen, Vernachlässigung, Missbrauch (emotional oder physisch) können diese unehrliche Fürsorge und das Verlangen nach Anerkennung auslösen. Wer sich schon im frühen Alter um andere kümmern musste (zum Beispiel um einen Elternteil mit Alkoholproblemen), kann ebenfalls später solche Verhaltensweisen entwickeln.
Was tun beim Ritter-Syndrom?
Wer das Gefühl hat, dass sich der eigene Partner oder die Partnerin wie ein:e Ritter:in verhält, sollte mit anderen Personen darüber sprechen. Häufig ist es nicht leicht, sich das toxische Verhalten des anderen einzugestehen, da ja eigentlich alles perfekt scheint und man durch die eigene emotionale Abhängigkeit vom Partner oder der Partnerin vielleicht auch ein bisschen geblendet wird. Gespräche mit Freund:innen können helfen, die Beziehung aus einer anderen Perspektive zu betrachten. Da beim Ritter-Syndrom häufig auch nicht überwundene Traumata aus der Kindheit eine Rolle spielen, kann es sicherlich auch helfen, sich professionellen Rat zu suchen.
Weiterlesen: