Ziehst du auch manchmal Dinge durch, obwohl es objektiv betrachtet besser wäre, damit aufzuhören? Vielleicht steckt der Denkfehler der "verlorenen Kosten" dahinter. Wie man ihn erkennt – und was dagegen hilft.
Es fühlt sich gut an, etwas zu Ende zu bringen. Doch manchmal sitzt man einem Denkfehler auf, der dazu führt, dass man mit etwas weitermacht, obwohl es besser wäre, aufzuhören. Man läuft dann Gefahr, in die Falle der "versunkenen Kosten" (engl. Sunk Cost Fallacy) zu treten, wenn man schon einige Ressourcen in ein Projekt investiert hat - und das als Grund nimmt, daran festzuhalten. Je mehr Arbeit, Emotionen oder Geld man schon in etwas reingesteckt hat, desto mehr fühlt es sich danach an, das alles sei umsonst gewesen, wenn man (vorzeitig) aussteigt.
Seinen Ursprung hat der Begriff in der Wirtschaftswissenschaft. "Versunkene Kosten" nennt man dort Ausgaben, die unwiederbringlich "verloren" sind, etwa für Büroausstattungen und dergleichen. Die Falle besteht nun darin, solche verlorenen Kosten bei künftigen Entscheidungen zu berücksichtigen, obwohl sie eigentlich als irrelevant gelten sollten. Denn die Investition ist ja schon getätigt und kann durch nichts rückgängig gemacht werden.
Lieber durchziehen als Verlust machen
Auch im alltäglichen Leben kann uns der Denkfehler der verlorenen Kosten daran hindern, sinnvolle Entscheidungen zu treffen. Ein Beispiel dafür ist: Man hat viel Geld für eine Theaterkarte bezahlt, doch das Stück gefällt einem überhaupt nicht. Verlässt man den Saal vorzeitig, so fühlt es sich an, als hätte man die Kosten für das Ticket verloren, deshalb bleibt man bis zum Schluss und erträgt die fragwürdige Vorstellung.
Warum handeln wir so? Weil wir einen Verlust stärker fühlen als einen Gewinn, so erklärt der Neurowissenschaftler Henning Beck bei Deutschlandfunk Nova. Das investierte, "verlorene" Geld schmerzt uns also mehr, als die Aussicht auf einen vermutlich schöneren Abend uns fröhlich macht.
Emotionen, Zeit, Herzblut
Das als "verloren" empfundene Investment muss nicht immer Geld sein, obwohl das vermutlich am häufigsten vorkommt. Schaut man sich zum Beispiel einen Film an, der einen total anödet, kann es sein, dass man ihn trotzdem einfach darum zu Ende schaut, weil man schon so viel Lebenszeit in diesen Film investiert hat, die nicht umsonst gewesen sein soll. Das gleiche Phänomen gibt es bei schlechten Büchern. Oder bei DIY-Projekten, bei der Arbeit, im Sport...
Dabei ist es absolut verständlich, dass man Projekte gerne zu einem guten Ende bringen möchte und es ist auch per se keine schlechte Eigenschaft, an etwas dranzubleiben, auch wenn es mal schwieriger wird – ganz im Gegenteil. Doch es kann problematisch sein, nur deshalb an etwas festzuhalten, weil man schon so viel reingesteckt hat, obwohl es andere gute Gründe gibt, es loszulassen.
Was ist hier und heute richtig für mich?
Besonders gilt das für Beziehungen. Nur, weil man viel Zeit, Energie und Emotionen in einen Menschen investiert hat, heißt das nicht, dass man in der Beziehung bleiben sollte, wenn sie sich einfach nicht mehr gut anfühlt. Laut Neurowissenschaftler Beck umgeht man die Denkweise der verlorenen Kosten, wenn man sich fragt, welche Entscheidung im Hier und Jetzt die richtige ist – unabhängig davon, was davor war. Statt zurückzublicken sollte man lieber nach vorne schauen. Sonst kommt man aus schlechten Entscheidungen gar nicht mehr heraus.
Mehr Themen: