Zyklus und Sport – warum gehört das zusammen? Darüber habe ich mit der Profi-Triathletin und IRONMAN 70.3 Dubai 2022 Gewinnerin Laura Philipp gesprochen. Ein kleiner Exkurs in die Welt des weiblichen Zyklus und wie wir ihn als Superpower für unser Training nutzen können…
Was ist zyklusbasiertes Training?
Wenn du dein Training nach deinem Menstruationszyklus ausrichtest, trainierst du in jeder Zyklusphase etwas anders. Das kann deine körperliche Leistungsfähigkeit steigern und du kannst dich ausgeglichener und glücklicher fühlen. Da du im Einklang mit deinem Körper trainierst, kannst du die zyklusbedingten hormonellen Schwankungen ausgleichen und bist gleichmäßiger Leistungsfähig. Aber nicht nur dein Training kannst du an deinen Zyklus anpassen, sondern auch deine Erholungszeiten, deine Ernährung und noch vieles mehr! Disclaimer: Diese Phasen finden nur statt, wenn du einen natürlichen Zyklus hast, also nicht mit hormonellen Mitteln verhütest.
Wie funktioniert zyklusbasiertes Training?
Der Zyklus lässt sich grob in 4 Phasen unterteilen. Menstruation, Follikelphase, Ovulation und Lutealphase. Was genau diese Phasen voneinander unterscheidet, schauen wir uns jetzt genauer an…
Menstruation:
Der Zyklus beginnt immer mit dem ersten Tag der Periode. Alle für den weiblichen Zyklus relevanten Hormone befinden sich zu dieser Zeit auf einem Tiefstand und daher sind wir in diesem Aspekt den Männern in dieser Phase am ähnlichsten. Jeder Mensch ist anders, manche brauchen während der Menstruation viel Ruhe und nutzen es zur Regeneration und Reflexion, andere sind unglaublich energiegeladen und wieder andere geradezu aggressiv, was sie gut in sportliche Höchstleistung umwandeln können. Leichte sportliche Betätigung wie zum Beispiel lockeres Ausdauertraining während der Periode ist auf jeden Fall empfehlenswert und kann im Zweifel auch Krämpfe lindern.
Follikelphase:
Der Menstruation folgt die Follikelphase, in welcher unter anderem das Hormon Östrogen ansteigt, was zu einer anabolen, also aufbauenden Situation im Körper führt. Diese Zeit ist optimal für den Muskelaufbau und durch Stabilität, Wachstum und Ausgeglichenheit gekennzeichnet. Du hast viel Energie, eine erhöhte Schmerztoleranz und eine gute Regenerationsfähigkeit. Ideale Voraussetzungen also für intensive und anspruchsvolle Einheiten sowie High Intensity Intervall Training. Lege beim Krafttraining ein paar Kilos drauf, baue im Ausdauertraining Intervalleinheiten ein oder nutze die Zeit, um deine Koordination zu stärken und neue Fähigkeiten und Techniken zu erlernen. Zudem hat dein Körper in dieser Phase eine bessere Thermoregulation, dein Blutzuckerspiegel ist stabiler und dein Fettstoffwechsel kann besser arbeiten. Wenn du nüchtern trainieren möchtest, dann am besten in der Follikelphase.
Ovulation:
Während deines Eisprungs erreicht das Hormon Östrogen seine höchste Konzentration und du kannst dich noch einmal richtig fordern. Zu diesem Zeitpunkt sind längere Ausdauereinheiten, Tempoläufe oder längeres Bergauflaufen zu empfehlen. Beim Kraftsport solltest du allerdings nicht mit zu schweren Gewichten trainieren.
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Lutealphase:
Auf den Eisprung folgt die Lutealphase, auch Gelbkörperphase genannt. Die Östrogenkonzentration im Körper fällt ab, gleichzeitig steigt die Konzentration des Hormons Progesteron an. Der Körper befindet sich nun in einem katabolen, also abbauenden Stoffwechsel. Für das Krafttraining bedeutet das: Mit weniger Gewicht trainieren, dafür lieber mehr Wiederholungen ausführen. Auch beim Ausdauertraining solltest du einen Gang herunterschalten, lockere Läufe sind ideal. Da sich durch das Progesteron die Bänder lockern und die schützende Wirkung des Estradiols wegfällt, besteht ein erhöhtes Verletzungsrisiko. Daher sollte in dieser Phase besonders auf die richtige Haltung und Technik geachtet werden. Diese Zeit ist auch bestens geeignet, um sich auf die körperliche Flexibilität zu konzentrieren und mehr Yoga und Pilates in den Alltag zu integrieren. Und für alle von euch, die mit dem Prämenstruellen-Syndrom (PMS) zu kämpfen haben: Sport ist der ultimative PMS Killer! Es lindert die gängigen PMS-Symptome und sorgt auch noch für gute Laune.
Oft schwankt der Blutzuckerspiegel in dieser Phase, was Lust auf süße Naschereien zur Folge hat. Da der Kalorienbedarf in dieser Phase um ca. 200Kcal erhöht ist, darfst du dir ruhig ab und an etwas Süßes gönnen. Am besten komplexe Kohlenhydrate, wie beispielsweise Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte oder Süßkartoffeln. Da das Plasmavolumen des Blutes in der Lutealphase vermindert ist, achte auch darauf genügend zu trinken.
Laura Philipp ist Profi-Triathletin und hat sich intensiv mit zyklusbasiertem Training auseinander gesetzt. Auf ihrem Youtube Kanal erfährst du alles rund um zyklusbasiertes Training, leicht erklärt und mit vielen Praxistips.
EMOTION: Aus welchem Grund hast du mit zyklusbasiertem Training begonnen?
Laura Philipp: „Ich habe festgestellt, dass ich an manchen Tagen im Training nicht meine volle Leistung abrufen kann oder es Trainingseinheiten gibt, die meinen Zyklus verändern. Aus diesem Grund habe ich angefangen mich mit zyklusbasiertem Training zu beschäftigen und meinen Zyklus genauer zu beobachten. Ich wollte herausfinden, an welchen Tagen meine Leistung abnimmt und ob das immer an den gleichen Tagen im Zyklus passiert. Ich habe gemerkt, dass ich im Einklang mit meinem Zyklus trainieren muss, damit mein Zyklus regelmäßig ist und ich weniger PMS Beschwerden habe. So kann ich sportlich einfach mehr rausholen.“
EMOTION: In welchen Bereichen hast du eine signifikante Verbesserung festgestellt, seit du im Einklang mit deinem Zyklus trainierst?
Laura Philipp: "Grundsätzlich in allen Bereichen. Ich habe eine Verbesserung beim harten Training, meiner Ausdauer, sowie meiner generellen Performance festgestellt. Es geht mir mental besser, ich bin ausgeglichener und glücklicher. Auch habe ich weniger PMS Probleme und Stimmungsschwankungen als sonst in der Woche vor meiner Periode. Seitdem ich über einen längeren Zeitraum mein Training an den Zyklus anpasse, bin ich insgesamt viel gleichmäßiger leistungsfähig. Ich habe das ganze so optimiert, dass der Leistungsunterschied zwischen der ersten und der zweiten Zyklushälfte nicht mehr groß ist und ich in beiden meine Leistung abrufen kann. Manchmal ist das Training in der zweiten Zyklushälfte ein bisschen zäher, aber ich weiß jetzt woran es liegt und kann es besser einordnen und akzeptieren."
EMOTION: Welchen Tipp hast du für Frauen, die mit zyklusbasiertem Training starten möchten?
Laura Philipp: „Mein erster Tipp: Beobachte deinen Zyklus! Das heißt:
- Jeden morgen vor dem Aufstehen die Basaltemperatur messen
- In einer App oder Kalender aufschreiben wie es dir geht, ob du bestimmte Symptome hast und wie sich das Training anfühlt.
So kannst du herausfinden, wann dein Eisprung stattfindet um deinen Zyklus in die verschiedenen Phasen zu unterteilen. Nach einigen Monaten wirst du ein Gefühl dafür bekommen, was dir gut tut und was nicht. Das ist super individuell. Ich versuche die sehr intensiven Trainingseinheiten vermehrt in der ersten Zyklushälfte zu platzieren und mich in der zweiten Hälfte auf meine Grundlagenausdauer und längere lockere Einheiten zu fokussieren. Das Schöne ist, dass ich beides trainieren muss und wenn ich im Einklang mit meines Zyklus trainiere, dann setzte ich alle 2 Wochen einen anderen Schwerpunkt. Das bringt Abwechslung ins Training und ich bin viel glücklicher.“
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