Statt auf Facebook scrollt unsere Autorin abends auf der Couch gerne durch LinkedIn – und ist zunehmend genervt, dass es dort immer weniger um den Job, sondern häufiger um Alltagsanekdoten geht oder ihr pseudoschlaue Weisheiten in den Feed gespült werden. Ein Plädoyer für mehr Work und weniger Life auf der Plattform.
Eines möchte ich gleich am Anfang dieses Textes festhalten: Ich bin kein Miesepeter, der auf LinkedIn nur Geschäftsberichte oder die Ankündigung von Job-Erfolgen sehen möchte. Es ist gut, dass auf Plattformen wie dieser Erkenntnisse aus Berufs- und Privatleben miteinander vermischt werden. Schließlich greifen diese beiden Themen immer mehr ineinander und gerade in puncto Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder Work-Life-Balance ist es unfassbar wichtig, sich dazu auszutauschen. Weil wir dann im Idealfall mehr darüber sprechen, wie wir das als Gesellschaft und als Individuen so hinkriegen, dass es für alle besser läuft.
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Bitte keine Alltags-Anekdoten und Kalendersprüche
Trotzdem: Was mir in letzter Zeit immer häufiger in den Feed gespült wird, erinnert schon mehr an Instagram 2.0 als an ein Job-Netzwerk.
Vor kurzem war da zum Beispiel der Post eines Unternehmensgründers auf meiner Timeline, der die Mathe-Hausaufgaben seiner Tochter teilte und monierte, dass deren Lehrerin ihr zwei Punkte abgezogen hatte, weil sie nicht wie vorgeschrieben ein Lineal verwendet hatte. Der Post-Ersteller fragte sich daraufhin, welchen Skill sie ihren Schüler:innen damit beibringen wolle – außer den, später mal als "dressierte Affen in Großkonzernen" zu brillieren.
Diese Versuche, jede noch so banale Alltagssituation krampfhaft in eine Corporate-Weisheit zu verwandeln, begegnen mir auf LinkedIn mittlerweile immer öfter. Meine Überzeugung, dass das Berufliche auch privat und das Private auch beruflich ist, in allen Ehren – aber können wir Alltags-Anekdoten und pseudotiefgründige Sprüche nicht lieber auf Instagram, Facebook & Co. lassen?
Make LinkedIn LinkedIn again
Denn LinkedIn ist nach wie vor eine Jobplattform. Und obwohl private Schnappschüsse und Anekdoten jede:n ambitionierte:n Gründer:in ein bisschen nahbarer und sympathischer machen, rauben wir dem Karrierenetzwerk, wenn wir es damit übertreiben, letztlich die Ernsthaftigkeit.
Es wäre tatsächlich sehr schade, würde LinkedIn irgendwann wegen all der Posts über Grundschulhausaufgaben und Selfies vom Strand (#workation) in der Banalität versinken. Besonders, weil die Plattform eine der letzten im Social-Media-Kosmos ist, bei der man tatsächlich noch großteils schlauen Input bekommt, anstatt sich algorithmusbedingt stundenlang in einer Flut aus 15-sekündigen Quatsch-Videos zu verlieren.
Der Hausaufgaben-Post sorgte übrigens doch noch für eine wichtige Erkenntnis, wenn auch nicht so, wie der Ersteller es sich vermutlich vorgestellt hat: Die Tochter hatte doch ein paar Fehler bei der Aufgabe gemacht, wie einige Nutzer:innen in den Kommentaren feststellten.
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