Er könnte Millionen Frauen jährlich das Leben retten: ein Impfstoff gegen Brustkrebs. In den USA testen Forscher:innen gerade eine neuartige Impfung an Krebspatientinnen. Wie vielversprechend ist das Ganze?
Impfstoff gegen Brustkrebs: Bei dieser aggressiven Krebsform soll er anschlagen
Dreifach negativer Brustkrebs ist eine besonders aggressive Krebsform, die rund 15 bis 20 Prozent aller Brustkrebserkrankungen ausmacht. Sie ist vererbbar und betrifft häufig junge Frauen, die durch eine erblich bedingte Genmutation ein höheres Risiko tragen, an Brustkrebs zu erkranken. Anders als andere Mammakarzinome lässt sich der dreifach negative Brustkrebs nicht mit einer Hormonbehandlung therapieren. Das hat den Grund, dass sich auf der Oberfläche der Krebszellen keine Rezeptoren für die drei Hormone Östrogen, Progesteron und HER2 finden lassen. So kommt auch der Name "dreifach negativer Brustkrebs" zustande.
Auch wenn dreifach negativer Brustkrebs eine eher seltenere Brustkrebsform ist, lässt er sich besonders schwer behandeln und ist häufig auch mit Rückfällen verbunden – dadurch steht er auch in Zusammenhang mit einer unverhältnismäßig hohen Todesfallrate. Aber – es könnte Hoffnung geben: In den USA haben Forscher:innen der Cleveland Clinic eine Studie gestartet, in der ein Impfstoff gegen genau diese Krebserkrankung an Patient:innen getestet wird.
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Studie testet neuen Impfstoff gegen Brustkrebs an Patientinnen
Es handelt sich dabei um die weltweit erste Studie dieser Art. Es hat zwei Jahrzehnte Laborarbeit und Tierversuche gebraucht, bis nun eine echte Studie am Menschen folgen konnte. Die Probandinnen: 18 bis 24 Genese, die von dreifach negativem Brustkrebs im Frühstadium betroffen waren und die ein hohes Risiko aufweisen, erneut an Brustkrebs zu erkranken. Diesen Versuchsteilnehmerinnen wird die Impfung in drei Dosen im Abstand von jeweils zwei Wochen verabreicht. Dabei wollen die Forscher:innen vor allem die richtige Dosis für den Impfstoff finden.
Brustkrebs-Impfstoff soll vor allem präventiv eingesetzt werden
Perspektivisch soll der Impfstoff gegen Brustkrebs aber vor allem bei Frauen eingesetzt werden, die (noch) nicht erkrankt sind: "Langfristig hoffen wir, dass dieser Impfstoff präventiv gesunden Frauen verabreicht werden kann, um sie vor der Entwicklung von dreifach negativem Brustkrebs zu bewahren, der Form von Brustkrebs, für die wir die am wenigsten wirksamen Behandlungen haben", erklärt Dr. G. Thomas Budd, der die Studie leitet. Davon könnten am meisten Frauen profitieren, die genetisch besonders anfällig für dreifach negativen Brustkrebs sind. Dazu zählen zum Beispiel Frauen, bei denen eine BRCA1-Genmutationen diagnostiziert wurde (bekanntes Beispiel: Angelina Jolie der Fall, die sich 2013 aus Vorsorge die Brüste hat abnehmen lassen). Aber auch bei afroamerikanischen Frauen wird der dreifach negative Brustkrebs besonders häufig festgestellt.
Impfstoff gegen Brustkrebs: So funktioniert er
Der neu entwickelte Impfstoff gegen Brustkrebs aus den USA soll bewirken, dass das Immunsystem gegen ein bestimmtes Eiweiß, das α-Lactalbumin, kämpft. Dieses kommt auch in gesundem Brustgewebe vor, allerdings nur während der Schwangerschaft und der Stillzeit, weil es zur natürlichen Milchproduktion beiträgt. Danach wird α-Lactalbumin in den meisten Fällen wieder vom Körper abgebaut. Allerdings konnte nachgewiesen werden, dass das Eiweiß auch in etwa 70 % der Fälle auf den Krebszellen bei dreifach negativem Brustkrebs auftritt. Bekämpft das Immunsystem mithilfe des Impfstoffs nun also genau diese Zellen, auf denen α-Lactalbumin liegt, dann könnte der Brustkrebs gar nicht erst entstehen. Das besondere an dem Impfstoff ist also, dass gezielt bestimmte Zellen angesprochen werden und – wie es häufig bei anderen Krebstherapien der Fall ist – nicht auch noch das umliegende gesunde Gewebe beschädigt wird.
Impfstoff schlug in Tierversuchen gegen Brustkrebs an
Was Hoffnung macht: In Versuchen mit Mäusen konnte diese Methode bereits Erfolg zeigen – die Bildung von Tumoren konnte effektiv verhindert werden und auch das Wachstum bestehender Brusttumore wurde durch den Impfstoff bei den Tieren verlangsamt.
Eventuell auch als Therapie bei anderen Krebserkrankungen denkbar
Ein wenig Geduld braucht es aber noch: Die Ergebnisse der Studie sollen im September 2022 veröffentlicht werden. Die Hoffnungen sind groß. "Ich würde behaupten, dass das alles verändern könnte", sagte der Studienleiter Dr. G. Thomas Budd. Die Forscher:innen sind sogar optimistisch, dass der Impfstoff (sofern er denn wirken sollte) auch bei anderen Krebserkrankungen zum Einsatz kommen könnte: "Unser transnationales Forschungsprogramm konzentriert sich auf die Entwicklung von Impfstoffen, die Krankheiten vorbeugen, mit denen wir im Alter konfrontiert werden, wie Brust-, Eierstock- und Gebärmutterschleimhautkrebs", erklärt Dr. Vincent Tuohy, der auch an der Studie beteiligt war. Insgesamt gehen die Wissenschaftler:innen davon aus, dass es noch einige Jahre dauern könnte, bis es tatsächlich soweit ist. Aber sie sind guter Dinge: "Irgendwo müssen wir ja anfangen – und wir freuen uns sehr, den ersten Schritt zu tun."
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