Selten haben so viele Menschen mit dem Gedanken gespielt, ihren Job zu kündigen, wie aktuell. Aber wie macht man das mit möglichst viel Würde? Wie ehrlich darf man etwa im Exit-Gespräch sein und überlässt man es dem Flurfunk, die Botschaft zu verbreiten? So gelingt ein stilvoller Abschied laut Expert:innen.
Wenn man einen neuen Job antritt und den alten kündigen möchte, ist häufig Fingerspitzengefühl gefragt. Man will schließlich meist nicht alle Brücken hinter sich abbrechen, aber doch einen deutlichen Schlussstrich ziehen. Besonders, wenn negative Emotionen im Spiel sind oder der Kündigung unschöne Erlebnisse vorausgegangen sind, ist das oft schwieriger, als man meinen würde. So gelingt ein stilvoller Abgang laut Karriere-Expert:innen.
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Vor der Kündigung: Erst mit Chef:innen sprechen
Vor der offiziellen Kündigung sollte man, da sind Expert:innen sich einig, erst den direkten Vorgesetzten oder die direkte Vorgesetzte in einem persönlichen Gespräch über die eigenen Pläne informieren. "Darin können die Beweggründe dargelegt werden. Allerdings würde ich jedem davon abraten, schlecht über den Arbeitgeber zu sprechen und nachzutreten", rät Karriereberaterin Ute Bölke.
Diplomatisch zu bleiben und gegebenenfalls den eigenen Frust und Ärger runterzuschlucken, lohnt sich an dieser Stelle meist – auch auf die Gefahr hin, dass man sich etwas heuchlerisch vorkommt. Im Endeffekt profitiert man laut Expert:innen selbst nämlich am meisten davon. Schließlich verbringt man in der Regel noch einige Wochen oder gar Monate im Unternehmen und wartet eventuell sogar noch auf ein gutes Arbeitszeugnis.
Die Kündigung selbst: So bleibt man positiv in Erinnerung
Sind die Vorgesetzten informiert, steht der eigentlichen Kündigung nichts mehr im Weg. Am besten ist es, ein Kündigungsschreiben zu formulieren und es anschließend persönlich in der Personalabteilung abzugeben. Wichtig dabei ist es, die Kündigungsfristen zu beachten – und das Schreiben im besten Fall nicht am letzten Tag der Frist abzugeben. Wer möchte, kann sich auch im Kündigungsschreiben selbst noch einmal für die Zusammenarbeit bedanken.
Gary Burnison, Chef einer Headhunter-Agentur, empfiehlt das ausdrücklich. "Wer im Grunde nur schreibt 'Ich kündige, der nächste Freitag wird mein letzter Arbeitstag sein' könnte auch gleich sagen 'Ich bin faul und umprofessionell", sagt er. Das perfekte Kündigungsschreiben ist für ihn von mehreren Faktoren abhängig:
- Die wichtigsten Details sind kurz und prägnant zusammengefasst (dass man seinen Job kündigen möchte, welche Position man aktuell noch im Unternehmen innehat und wann der letzte Tag sein wird – besonders in großen Konzernen sind diese Infos im Kündigungsschreiben essentiell)
- Ein positiver Grundton (höfliche bis dankbare Worte hinterlassen bei Personaler:innen meist einen besseren Eindruck als extreme Nüchternheit)
- Ein Überblick über die restliche Zeit im Unternehmen (etwa welche Projekte man noch zu Ende bringen wird oder wie man vorhat, die Übergabe zu gestalten)
Der wichtigste formale Part bei jedem Kündigungsschreiben: Die eigene Unterschrift unbedingt unter das Schreiben setzen, ansonsten ist es ungültig.
Und wie geht's nach der Kündigung weiter?
Das Wichtigste hat man jetzt hinter sich. Oder? Nicht ganz. Denn auch nachdem die Kündigung offiziell eingereicht ist, gibt es noch einiges zu beachten. Zum Beispiel, wie und wann man seine Kolleg:innen über seinen Weggang informiert. Hier kommt es ganz auf den Hausbrauch an: In manchen Unternehmen werden Kündigungen von Vorgesetzten innerhalb von Besprechungen oder in E-Mails an das gesamte Team angekündigt, andere überlassen es ihren Angestellten selbst, ihre Kündigung bei den Kolleg:innen bekanntzugeben. In jedem Fall gilt: das Kollegium sollte die letzte Gruppe sein, die von der Kündigung erfährt. Bevor man also mit Vorgesetzten gesprochen oder gar die Kündigung eingereicht hat, sollte man Stillschweigen über seine Pläne bewahren, raten Job-Expert:innen.
Wenn man selbst die Aufgabe hat, seinem Team von der Kündigung zu erzählen, rät die Karrierecoachin Carolin Lüdemann dazu, es auf alle Fälle mündlich und nicht etwa per Mail oder gar via Flurfunk zu machen. Ob man das nun in Einzelgesprächen, in einem Meeting oder beim gemeinsamen Mittagessen macht, bleibt jedem selbst überlassen und hängt letztlich auch davon ab, wie gut man sich mit seinem Team versteht, sagt sie.
Das Exit-Interview: Die Gelegenheit, um vollkommen ehrlich zu sein?
In manchen Unternehmen stehen nach einer Kündigung außerdem sogenannte Exit-Gespräche, in denen man noch einmal mit den Vorgesetzten oder der Personalabteilung über die eigene Zeit im Unternehmen spricht, an. Oft werden Arbeitnehmer:innen ermutigt, in diesen Unterhaltungen vollkommen ehrlich zu sein. Ist das jetzt die vielleicht langersehnte Gelegenheit, Dampf abzulassen und die eigene Unzufriedenheit kundzutun?
Die Karriere-Expertin Alison Green sagt: Lieber nicht. Ihrer Ansicht nach lohnt es sich in den allermeisten Fällen nicht, die Karten nun auf den Tisch zu legen und vollkommen ehrlich zu sein. Es sei im Grunde nobel, wenn man vorhat, die wahren Beweggründe, warum man das Unternehmen verlassen wird, darzulegen – schließlich könnte man den Arbeitsalltag der Kolleg:innen so nachhaltig besser machen, wenn strukturelle Probleme ehrlich angesprochen werden. In den meisten Fällen geht das laut Green aber nicht auf. Die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen aufgrund eines Exit-Gespräches tatsächlich strukturelle Veränderungen vornehmen, hält sie für gering. Denn Firmen, die tatsächlich Wert auf das Wohlbefinden ihrer Mitarbeitenden legen, würden nicht erst bei einer Kündigung nach Feedback und Verbesserungsvorschlägen fragen. Hat man dennoch das starke Bedürfnis, sich mitzuteilen, sei es besser, sich auf ein konkretes Problem zu beziehen und den Großteil des Gespräches damit zu verbringen, positive Seiten zu besprechen.
Grundsätzlich, so sagt sie, ist es besser, sich vor Augen zu führen, dass man dieses Unternehmen so oder so verlassen wird und den alten Job gedanklich hinter sich zu lassen, um sich auf seine neuen Herausforderungen konzentrieren zu können.
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