Unsere Autorin ist Anfang 20 – und findet in älteren Frauen viel mehr Inspiration als in ihren Altersgenossinnen. Weil ein Blick auf die Lebenserfahrung offenbart, wie sie selbst in Zukunft sein könnte. Und weil das lästige Vergleichen endlich ausbleibt.
Inspiration ist ein wundervolles Konzept – sich etwas von anderen abschauen, die Learnings ins eigene Leben integrieren und das ohne den Anspruch, haargenau wie diese Personen sein zu wollen. So weit, so gut. Zumindest in der Theorie. In der Praxis liegen Inspiration und Vergleichen nah beieinander, der Grat zwischen ihnen ist schmal.
Aufgefallen ist mir das erst, als ich mich gefragt habe, von wem ich mich eigentlich gerne inspirieren lasse. Denn meist sind die Frauen, zu denen ich besonders aufschaue, diejenigen, die mir ein paar Jahrzehnte voraus haben. Das liegt nicht daran, dass ich den Erfolg Gleichaltriger weniger beeindruckend finde, sondern daran, dass zumindest bei mir viel leichter Druck entsteht, wenn ich mir etwas bei anderen Anfang- oder Mittzwanzigern abschaue. Weil in meinem Hinterkopf trotzdem meist die Frage "Warum habe ich das noch nicht erreicht – obwohl wir doch gleich alt sind?" rumschwirrt – trotz bester Absichten. Obwohl ich mich nicht vergleichen, sondern eben inspirieren lassen möchte.
Für Jüngere ist es spannend, sich auf das Leben älterer Frauen einzulassen
Bei Frauen, die um einiges älter sind als ich, fällt dieser Druck, mich zu messen, plötzlich weg. Denn selbst wenn ich wollte, könnte ich mich gar nicht mit ihnen vergleichen. Ich weiß, dass sie mir einiges an Lebenserfahrung, Zeit und meist auch an finanziellen Mitteln voraus haben. Deshalb ist es viel einfacher für mich, mich von ihnen inspirieren zu lassen. Und offenbar geht es auch anderen so. Als Anfang des Jahres "And Just Like That...", die Fortsetzung des Kult-Klassikers "Sex And The City" über die Bildschirme flimmerte, war sie laut dem Chief Content Officer von HBO Max die erfolgreichste Eigenproduktion der Streamingplattform. Und nicht nur nur eingefleischte "Sex And The City"-Fans, die schon um die Jahrtausendwende keine Folge verpasst haben, haben "And Just Like That" verfolgt; die Fortsetzung, in der die Charaktere mittlerweile Mitte 50 sind, war auch bei Jüngeren beliebt. Das mag unter anderem auch daran liegen, dass es für viele junge Frauen spannend ist, sich auf die Lebensrealität älterer Frauen einzulassen. Das hat die Filmindustrie selbst mittlerweile auch verstanden. Immer mehr Serien und Filme fokussieren sich auf Frauen mittleren oder fortgeschrittenen Alters, während der Cast früher möglichst jung sein sollte.
Ein paar Beispiele: Filme und Serien mit Frauen über 40 in den Hauptrollen
- "Meine Stunden mit Leo"
- "Grace and Frankie"
- "Little Fires Everywhere"
- "Immer für dich da"
- "And Just Like That..."
Inspiration von älteren Frauen ist auch immer ein Blick in die Zukunft
Ein weiterer Grund, warum Frauen jenseits der 40 mich so inspirieren, ist die Tatsache, dass sie mir einen möglichen Blick in meine eigene Zukunft offenbaren. Sie sorgen dafür, dass ich mich mit der Frage auseinandersetze, wie ich selbst einmal sein möchte, was ich irgendwann einmal erreicht haben will. Das geht natürlich über Filme und TV-Serien hinaus. Am spannendsten fand ich immer schon die Frauen in meinem Umfeld – die Frauen in meiner Familie, die mir großartige Vorbilder in Sachen Unabhängigkeit und Selbstbestimmtheit waren und sind, aber auch Bekannte und Kolleginnen, von denen ich wertvolle Karriereratschläge erhalten habe oder die ich schlichtweg bewundere. Der Blick auf all diese Frauen zeigt mir immer wieder, dass das Älterwerden so einige gute Dinge für mich bereithält – und ein optimistischer Blick in die Zukunft schadet ja nie.
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